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Der Fotograf

Der Fotograf

Titel: Der Fotograf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Der Kontrast zu Martin Jeffers’ Domizil war beachtlich.
    Die Wohnung war nicht groß. Sie verfügte über ein einziges Schlafzimmer und ein Bad, eine kleine Küche mit Essnische sowie einen großzügigen, rechtwinklig geschnittenen Wohnbereich. Eine Gästetoilette, die ans Wohnzimmer grenzte, war zu einer Dunkelkammer umfunktioniert worden. Die Möbel waren bequem und stilvoll, aber nicht so sehr, dass man einen Designer dahinter vermutet hätte. Vielmehr spiegelte die Einrichtung einen Menschen wider, der etwas von Qualität verstand und sich hier und da ein schönes Stück gönnte. Es gab ein paar Antiquitäten, und in jedem Zimmer schmückten Souvenirs Regale und Kommoden. Detective Barren nahm einen Patronenmantel in die Hand, der, wie sie vermutete, aus einem Granatwerfer stammte. Es gab kleine kunsthandwerkliche Gegenstände wie eine Statuette aus Zentralamerika und eine Fruchtbarkeitsgöttin aus Afrika. Sie sah einen großen Haifischzahn in Plastik eingeschlossen und einen ebenfalls eingeschlossenen alten Stein, unter dem die Aufschrift angebracht war: OLDUVAI-SCHLUCHT, 1977. ZWEI MILLIONEN JAHRE ALT.
    Jeffers hatte einen Arbeitstisch – genauer gesagt, einen Zeichentisch an die Fensterreihe gerückt, die den Raum mit Licht erfüllte. Das Zubehör des Fotografen war nicht zu übersehen: Negative, Vergrößerungsapparate, Fotopapier, das säuberlich auf der Arbeitsfläche gestapelt war.
    Im Wohnzimmer nahm ein Bücherregal eine ganze Wand ein.
    Die Wände waren weiß, von zwei gerahmten Postern geschmückt: »Die Kunst der Fotografie«, eine Ausstellung im Museum of Modern Art und ein Exponat von Ansel Adams aus der Horn Gallery.
    Alles andere stammte von Douglas Jeffers.
    Zumindest nahm sie das an.
    Dutzende Fotos hingen an den Wänden, und zwar in den unterschiedlichsten Größen und in verschiedensten Stilrichtungen gerahmt. Sie warf einen Blick darauf und dachte: Die sind so wie diejenigen, die ich in den Zeitschriften gesehen habe. Sie sagen einem alles und nichts zugleich.
    Ein kleiner Abzug in der Ecke fiel ihr allerdings ins Auge. Sie ging hinüber und starrte auf das Bild. Darauf zu sehen war ein Mann in mittlerem Alter, doch mit unverkennbar jugendlicher Vitalität. Er trug eine olivfarbene Drillichhose, dazu ein blaues Arbeitshemd und war mit Kameras und Linsen behängt. Das verworrene Geäst einer Unmenge von Bäumen in seiner Umgebung war dicht mit Ranken und Kletterpflanzen bewachsen. Er saß auf einem Stapel Kisten, die mit Munitionsnummern versehen waren; der Mann schenkte dem Betrachter ein strahlendes Grinsen und formte mit der Hand eine Pistole, mit der er zum Schein in die Kamera schoss. In einer Ecke des Rahmens war ein getipptes weißes Papierschildchen mit der Aufschrift angebracht: SELBSTPORTRÄT 1984, NICARAGUA.
    »Hallo, Mr. Jeffers«, begrüßte sie ihn.
    Sie nahm das Bild von der Wand und hielt es vor sich hin.
    »Ich bin Ihr Untergang«, fügte sie hinzu.
    Sie hängte das Bild zurück und befahl sich, mit der Arbeit zu beginnen. Sie mahnte sich zu Sorgfalt und Vorsicht und zu einer systematischen Vorgehensweise. Sie drehte sich zu dem Schreibtisch um und sah, genau in der Mitte, einen großen weißen Briefumschlag. Darauf stand in großen Druckbuchstaben: FÜR MARTY.
    Ihre Hand schoss nach vorn und griff nach dem Brief.
     
    Unter den Lost Boys hatte einiges an Unstimmigkeiten geherrscht. Die Meinungen hatten gereicht von Weingartens Gejammer: »Himmel, was soll man denn machen? Ich meine, willst du ihm vielleicht sagen, hör endlich damit auf? Jeder macht nun mal, was er will. Du kannst niemanden zu etwas zwingen. Ich meine, ich hab das jedenfalls noch nie gekonnt, und mich hat auch noch keiner von was abbringen können, was ich wollte …«, bis zu Popes unmissverständlichen Worten: »Wenn ich wüsste, dass jemand in meiner Familie tut, was ich tue, dann würde ich den Mistkerl wegpusten, und zwar zack, zack. Seinem Elend ein Ende setzen«, worauf Steele einwarf: »Fühlst du dich denn so elend? Du liebe Güte, kommst mir aber gar nicht so vor …«
    Pope hatte gekontert: »Nimm dich in Acht, Schwuchtel, bevor ich dir ein Ende setze.« Was alle zum Lachen gebracht hatte, egal, wie ernst die Drohung klang. Einen Mann wie Steele zu töten, war in den Augen der gesamten Runde die reinste Zeitvergeudung.
    Martin Jeffers kam zu dem Schluss, dass diese Männer, die eigentlich hätten Experten sein müssen, nicht besser wussten, was zu tun war, als irgendjemand sonst.
    Als ich zum

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