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Der Fotograf

Der Fotograf

Titel: Der Fotograf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Beispiel, dachte er.
    Und war der Verzweiflung nahe.
    Er saß allein in seinem dunklen Büro. Draußen hatte sich der Abend über das Klinikgelände gesenkt und lange Schatten über die prächtigen Rasenflächen gebreitet. Er hörte ein gelegentliches Brüllen, einen vereinzelten Schrei, die normalen Schlafgeräusche in der Heilanstalt. Bei Nacht erwachen unsere Ängste, dachte er, so wie der Tag sie beschwichtigt.
    Er ließ all die Äußerungen der Lost Boys Revue passieren.
    »Also, wisst ihr was?«, war Parker mitten in dem Streit herausgeplatzt. »Man muss das Richtige tun. Aber was ist das Richtige? Was für ein paar Cops das Richtige ist, muss es noch lange nicht für deine Familie sein: Wenn du zur Polizei gehst, dann ziehen die dir alles aus der Nase, und die sind ganz sicher nicht dein Freund und Helfer. Die sind nur darauf versessen, jemanden einzubuchten. Und, Junge, Junge, in null Komma nichts lieferst du ihnen deine Mutter, deinen Bruder, deinen Vater, deine Schwester oder sonst wen ans Messer. Scheiß drauf, sogar deinen Cousin. Blut ist dicker, weißt du …«
    Woraufhin Knight ihn unterbrochen hatte: »Also machst du dich lieber zum Komplizen, oder was? Genau das tust du nämlich. Wirst du, wenn du die Klappe hältst, nicht genauso schuldig wie derjenige, der die Verbrechen begangen hat?«
    Zustimmung und Widerspruch waren durch den Raum geschwirrt.
    Jeffers erinnerte sich, wie jemand gesagt hatte: »Wenn du es weißt und die Klappe hältst, machst du dich genauso schuldig. Für solche Leute sollte es spezielle Gefängnisse geben!«
    Gibt es auch, dachte er trübselig.
    Stille Mitwisserschaft ist fast so schlimm wie das Verbrechen selbst. Er dachte an den Holocaust und an die besonderen Herausforderungen beim Nürnberger Prozess, als es um dieLeute ging, die angesichts abgründiger Verbrechen einfach nur geschwiegen hatten. Es war leicht, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen und sie zu bestrafen. Aber was ist mit denen, die einfach nur weggesehen haben? Politiker, Anwälte, Ärzte, Geschäftsleute …
    Was war aus denen geworden?
    Jeffers dachte darüber nach, mit welcher Begeisterung die Gruppe das Thema aufgegriffen hatte. Er konnte nicht begreifen, wieso er die Frage nicht viel früher gestellt hatte. Es war beachtlich, dass praktisch jeder in der Gruppe offenbar bereits darüber nachgedacht hatte, welche Probleme er seiner eigenen Familie bereitete. Wie wurden die damit fertig? Das konnten sie allerdings nicht sagen.
    Er dachte an die erhobenen Stimmen im sonnendurchfluteten Tagesraum. Sie hatten die reguläre Zeit der Sitzung um etwa zwanzig Minuten überschritten. Am Ende hatte er die Hand gehoben.
    »Wir setzen das morgen fort. Denken Sie alle noch einmal über Ihre Reaktionen nach, und wir reden morgen weiter.«
    Die Männer waren aufgestanden und hatten wie üblich kleine Trauben gebildet, als Miller, der Mann, den Jeffers für den wahrscheinlich verstocktesten von allen hielt, sich umgedreht und gefragt hatte: »Wieso haben Sie danach gefragt? Haben Sie einen besonderen Grund?«
    Die Männer waren stehen geblieben und hatten Jeffers angesehen.
    Er hatte den Kopf geschüttelt und seine gewohnte Fassade von milde amüsierter, intellektueller Neugier aufgesetzt, und die Lost Boys waren ohne jeden weiteren Kommentar hinausgetrottet. Er dachte: Das hat mir keiner abgekauft. Keine Sekunde lang.
    Er blickte aus dem Fenster in die Dunkelheit.
    Ich werde nicht glauben, sagte er sich wütend, dass mein Bruder ein Mörder ist! Schließlich haben sie für den Mord, dessentwegen die Polizistin hinter mir her ist, einen Mann festgenommen. Was will sie also? Wieso ist sie hier?
    Ist sie gar nicht, meldete sich eine Stimme in ihm.
    Wo ist sie?
    Als Detective Barren sich bis mittags noch nicht gemeldet hatte, rief er in ihrem Hotel an. In ihrem Zimmer hatte niemand abgehoben. Er hatte ein zweites Mal am Empfang angerufen und die Bestätigung eingeholt, dass sie noch nicht abgereist war.
    Er versuchte, sich innerlich zu wappnen. Die weitere Entwicklung abzuwarten. Sie war ihm einige Erklärungen schuldig. Bin neugierig, was sie mir zu sagen hat. Dann dachte er: Sie ist nicht die Einzige, die mir eine Erklärung schuldig ist.
    Er zerknüllte ein Blatt Papier, das auf seinem Schreibtisch lag, und warf es auf den Boden. Er nahm einen Bleistift und brach ihn in der Mitte entzwei. Er sah sich nach einem Gegenstand um, auf den er mit Fäusten einschlagen konnte, fand aber nichts Passendes. Er drehte sich zur Wand

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