Der Fotograf
Mantra.
Sie hob den Kopf und sah, dass Vicki und Sandi versuchten, verführerisch auszusehen. »So ist es gut«, hörte sie Jeffers loben. »Ich glaube nur, es ist ein bisschen, weiß nicht, verhalten vielleicht …«
Sie sah, wie die Mädchen Blicke tauschten, und hörte ihr gemeinsames Lachen. Sie amüsierten sich prächtig. Anne Hampton hasste den Gedanken. Sie fühlte sich schuldig. Wieder schloss sie die Augen.
»So ist es entschieden besser!«, hörte sie Jeffers rufen. »Wartet nur, bis die Redakteure davon eine geballte Ladung kriegen!«
Sie öffnete die Augen und stellte fest, dass die Mädchen sich ausgezogen hatten. Sie wirkten geschmeidig wie Tiere. Sie waren beide tief gebräunt, und Anne Hampton starrte auf die weiße Haut, die Brüste und Geschlecht unterstrich. Sie beobachtete, wie sie sich räkelten und offenbar den letzten Rest Scham verloren. Sie boten ihre Brüste der Kamera dar; sie spreizten die Beine, wenn die Linse sie immer enger umkreiste. Jeffers sprang vor ihnen herum, beugte und drehte sich und liebkoste sie mit der Kamera. Sie hörte das unentwegte Sirren des Motordrive.
Die Vorführung erinnerte sie an ein widerwärtiges Ballett.
Jeffers umkreiste die Frauen so, dass sie immer enger zusammenrücken mussten, bis sie schließlich ganz miteinander verschlungen waren und er vor sich auf dem Felsen nur noch Beine, Arme, Hintern und Brüste zu sehen bekam. Anne Hampton starrte die Körper an, die auf erschreckende Weisestark und prallvoll mit Leben schienen. Sie ertrug den Anblick nicht und senkte den Kopf.
»He, Boswell, komm her!«
Sie zögerte einen Moment, dann trottete sie an seine Seite. Sie sah, dass beide Frauen vor Erregung gerötete Gesichter hatten.
»Stell dich da hin, damit ich eine Aufnahme von euch dreien machen kann.«
Sie trat zwischen die nackten Frauen.
»Junge! Ich hab mich noch nie so frei gefühlt«, meinte Vicki oder Sandi. »Ich fühle mich schön.«
»Ich bin ganz heiß«, verriet die andere im Flüsterton. »Ich wünschte, mein Freund wär jetzt hier.«
»Ich wette«, tuschelte ihre Freundin, »Mr. Corona kann bei solchen Fototerminen mit ein paar Extraüberraschungen rechnen.«
Das Mädchen knuffte sie mit dem Ellbogen, und erst jetzt verstand Anne Hampton, dass die Bemerkung als Frage zu verstehen war.
»Er kann sich nicht beklagen«, antwortete sie. »Das Fotografieren macht ihm Spaß.«
»Gut, Boswell. Jetzt geh aus dem Bild. Vicki, du legst jetzt Sandi die Hand auf die Brust, gut, gut, und streichle sie, ja, genau so, und jetzt geh mit der Hand an ihre Schenkel, ja, gut, leg deine Hand genau da hin, perfekt! Aufregend, was?«
Anne Hampton hörte, wie beide Frauen zustimmten. Sie stand neben Jeffers, und ihr entging nicht, dass sie sich weiter gegenseitig streichelten, obwohl das Geräusch des Motordrive verstummt war. Sie sah die Schweißperlen auf ihrer Haut glitzern und wusste, dass sie erregt waren.
»Also«, sagte er, »gleich wird es noch aufregender. Ich leg nur schnell einen neuen Film ein …«
Sie beobachtete, wie er die Hand in die Fototasche steckte.
Es ist so weit, dachte sie. O Gott, es ist so weit.
Sie wollte wegrennen, wie ein aufgeschreckter Vogel aufflattern und davonfliegen.
Stattdessen stand sie wie erstarrt in der Sonne.
O Gott, es tut mir leid. Es tut mir so leid. Ich wünschte, ich wäre wie durch ein Wunder plötzlich woanders, egal wo, bloß nicht hier. O Gott, es tut mir leid, leid, leid.
Sie sah, dass Jeffers seine Kamera in die Tasche geschoben und die Pistole ergriffen hatte.
Wenn ich nur etwas machen könnte, dachte sie. Es tut mir leid, Vicki und Sandi, wer ihr auch sein mögt. Es tut mir so leid.
Sie schloss die Augen.
Sie hörte, wie die beiden Mädchen kicherten, und plötzlich krächzten draußen im Dunkel des Waldes ein paar Vögel heiser. Sie vernahm, wie Douglas Jeffers neben ihr gleichmäßig, aber schneller atmete. Sein Atem schien ihr eiskalt, und sie bildete sich hinter ihren geschlossenen Lidern ein, dass er als feuchter Lufthauch zu sehen war. Dann rückte jedes Geräusch in weite Ferne, und es herrschte vollkommene Stille. Sie rechnete jeden Moment mit den ersten verwirrten, verängstigten Reaktionen der beiden Frauen. Werden sie nach Luft schnappen? Schreien? Weinen? Die Zeit schien leer, und sie wartete auf den Moment, in dem ihnen mit Entsetzen dämmerte, was geschah. Doch dazu kam es nicht.
Stattdessen drang aus dem Wald ein deutlicher Lärm.
Das Geräusch wirkte fremd, es hatte mit
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