Der Fotograf
Versteck finden müssen. Er haderte mit sich wegen der Wahl der Lichtung. Mir gefieldas verdammte Licht und der Hintergrund. Ich habe wie ein Fotograf und nicht wie ein Mörder gedacht. Die ganze Arbeit war also umsonst, umsonst, verdammt, verdammt, verdammt!
Er versuchte, seine Wut zu besänftigen, indem er sich sagte, dass mit dem Auftauchen des Rangers nicht zu rechnen gewesen war. Doch das waren faule Ausreden, und die waren erbärmlich. Ich bekomme doch sonst, was ich will, sagte er sich. Und zwar immer.
Er trommelte mit den Fingern auf dem Lenkrad, warf sich heftig auf seinem Sitz hin und her, so dass er selbst bei langsamem Tempo kaum noch Kontrolle über das Fahrzeug hatte. Er hätte schreien können, tat es aber nicht. Dann fiel ihm Anne Hampton im Motelzimmer ein. Lass sie schmoren, sagte er sich wütend. Lass sie Angst ausstehen. Lass sie leiden.
Lass sie sterben.
Er holte tief Luft und hielt sie einen Moment an.
Er war erstaunt, dass diese Überlegungen ihm ein etwas unbehagliches Gefühl bereiteten.
In einer verlassenen Straße in einer Lagerhausgegend fuhr er rechts heran. Er legte den Kopf zurück und war plötzlich müde.
Es war verdammt noch mal nicht ihre Schuld. Es war deine.
Sie hat getan, worum du sie gebeten hast.
Er machte die Augen zu.
Verdammt. Der Plan war fehlerhaft.
Er seufzte. Nun ja, womit lediglich bewiesen wäre:
Nobody is perfect
.
Seine Wut verflog mit einem Schlag, und er kurbelte die Scheibe herunter, so dass sich die abgestandene Luft im Wagen mit der dunklen, kühlen der Nacht vermischte.
Er lachte laut auf. Das Lachen verwandelte sich in ein kindisches Kichern.
Nobody is perfect
, dachte er. Stimmt.
Aber du bist verdammt nah dran.
Er dachte an die beiden nackt posierenden Frauen. Du musstest sie gar nicht töten, wurde ihm klar. Die sterben vermutlich früher oder später an Langeweile und Dummheit sowie einem öden Leben, das wenig verspricht und noch weniger hält. Das Aberwitzigste, wurde ihm in diesem Moment bewusst, war die Tatsache, dass sie soeben die einzigartigsten, aufregendsten und gefährlichsten Minuten hinter sich hatten, die sie je erleben würden, egal wie alt sie würden. Einen erhabenen Nachmittag lang waren sie mit wahrer Genialität in Berührung gekommen und hatten es geschafft, ihn zu überleben. Und die blöden Kühe wussten es nicht einmal.
Wieder musste er lachen. Die Erschöpfung machte sich in ihm breit, und er räumte ein, dass er unbedingt schlafen musste. Nun ja, dachte er, wir sind durchaus noch im Zeitplan. Eine nette kleine Fahrt nach New Hampshire am nächsten Morgen. Er überlegte, ob er sie, bevor es Abend wurde, noch auf den Mount Monadnock oder an den Lake Winnipesaukee oder sonst ein hübsches Fleckchen mitnehmen sollte. An irgendeinen ruhigen, entspannenden Ort. Er dachte an eine Stadt, die er in Vermont kannte. Ziemlich abgelegen, aber schön – und zugleich nicht weit von ihrer Verabredung in New Hampshire. Dann noch der geschäftliche Teil, bevor sie zum Cape aufbrachen.
Plötzlich dröhnte ihm schwere, hämmernde, anschwellende syn thetische Musik im Kopf, und er sah den grinsenden Schauspieler in weißem Overall, schwarzer Melone auf dem Kopf und Pappnase im Gesicht sowie Springerstiefeln an den Füßen vor Augen. Ein bisschen von der alten radikalen Gewalt, sagte er sich. Eine richtige Horrorshow.
Und dann die Freiheit.
Wieder dachte er an Anne Hampton. Wahrscheinlich ist Boswell halb wahnsinnig vor Angst. Er zuckte die Achseln. So schlimm war das schließlich nicht; es war klug, sie aus der Fassung zu bringen.
Dennoch hatte er einen Anflug von schlechtem Gewissen.
Gib ihr eine Verschnaufpause, dachte er. Sie ist nach wie vor unverzichtbar.
Der Gedanke hatte etwas Zielgerichtetes; er ging einen Moment in sich, bekam wieder Boden unter den Füßen und war bereit, sofort ins Motel zurückzukehren. Er machte sich die ersten Gedanken darüber, wie er sich bei ihr entschuldigen sollte. Als er gerade den Gang einlegen wollte, um loszufahren, entdeckte er den Lieferwagen, der zweihundert Meter vor ihm parkte.
Er wusste augenblicklich, was es war. Warenhaus. Außerhalb der Gegenden mit regelmäßiger Polizeipatrouille. Nach Mitternacht. Ein Lieferwagen. Eine einfache Gleichung: Einbruch. Ihm kam eine Idee, und er schmunzelte.
Nein, hielt er sich in Gedanken zurück.
Und dann: Wieso nicht?
Er hätte losprusten können, doch er mahnte sich zur Vorsicht.
Ohne das Licht einzuschalten, ließ er das Auto so leise wie
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