Der Fotograf
widerstrebend wieder angezogen hatten. Sie war verwirrt gewesen. Jeffers war lächelnd, witzelnd und in übermütiger Stimmung aus dem Wald getreten, als sei alles in bester Ordnung, doch sie wusste, dass ihm irgendetwas einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte, was sie nur umso mehr alarmierte. Er hatte den beiden wegen ihres guten Aussehens geschmeichelt und ihnen eine echte Chance auf die sagenumwobene Doppelseite versprochen.
Sie erinnerte sich, dass sie das alles wie aus der Ferne mitbekam. Sie war in böser Erwartung wie gelähmt gewesen; sie hatte ein Dutzend Mal aufgeschaut und die Waffe in seiner Hand gesehen, bevor sie erkannte, dass es nur die Kamera war.
Nachdem er noch ein paar Aufnahmen gemacht hatte, hatte er sie alle durch den Wald wieder zurück zum Wagen gedrängt. Auf der Fahrt zur Rennbahn hatte er die beiden kichernden Mädchen immer noch geneckt, während Sandi und Vicki immer wieder beteuerten: »Nicht zu fassen, was wir für Glück gehabt haben.«
Wäre es nicht zum Weinen gewesen, hätte sie gelacht.
Für sie war die Tatsache, dass der Mord ausgeblieben war, doppelt so beängstigend gewesen wie der Akt selbst. Sie wusste nicht, was vorgefallen war, welcher Zufall oder glückliche Umstand den beiden Frauen das Leben gerettet hatte. Sie wusste nur, dass er sie wieder an der Haupttribüne abgesetztund den beiden lachend hinterhergewinkt hatte, bevor er aufs Gas getreten und Richtung Highway gefahren war. Nach diesem falschen Lachen hatte sie bei Douglas Jeffers nur noch stetig anschwellenden Zorn beobachtet.
Anne Hampton schaffte es, sich trotz des brennenden Schmerzes an den Handgelenken zu entspannen und sich darüber Klarheit zu verschaffen, was geschehen war.
Wenn er zurückkam, schwor sie sich, würde sie ihn dazu bringen, sie zu befreien. Sie konzentrierte sich darauf und schärfte sich ein: Nichts anderes zählt. Nichts anderes ist wichtig. Du musst erreichen, dass er anerkennt, wer du bist. Und das wird er erst tun, wenn er mir die Fesseln abnimmt.
Sie schluckte schwer und merkte, dass ihr Magen auf und nieder ging wie ein Boot im Sturm.
Sie kämpfte gegen die Übelkeit an, die ihr die schiere Angst bereitete.
Ich bin im Moment dem Tode näher als zu irgendeinem Zeitpunkt seit den ersten Minuten.
Mach dich unverzichtbar.
Er muss dich brauchen.
Er muss.
Er muss.
Zwing ihn dazu.
Während sie auf seine Rückkehr wartete, wiederholte sie die Worte immer und immer wieder wie ein schreckliches Wiegenlied.
Douglas Jeffers fuhr ziellos durch die dunklen Straßen, einzig auf der Suche nach einem Ventil für seine Frustration. Einen Moment lang dachte er daran, in die Innenstadt zu fahren und einfach einen Pechvogel auf der Straße hinzurichten. Er überlegte, ob er eine Prostituierte finden sollte; die boten dasleichteste Ziel, sie leisteten ihrer Ermordung geradezu Vorschub. Auch der Gedanke, bei irgendeiner rund um die Uhr geöffneten Tankstelle vorzufahren und einfach den Angestellten wegzupusten, hatte etwas für sich. Das lief unter Berufsrisiko, wenn man nachts für Benzin Geld kassierte. Immer wieder war jemand anders an dem Geld interessiert und bereit, dafür zu töten. Für Douglas Jeffers hatten all diese verschiedenen Möglichkeiten ihren Reiz; das war der Stoff der allnächtlichen Polizeiberichte. Diese Fälle bekamen am nächsten Morgen höchstens ein paar Zeilen in der Zeitung. Im städtischen Leben waren sie der ganz normale Standard, geradezu Routine. Es war nur wenig von Belang, dass ein Leben endete, eine Begleiterscheinung der Nacht, die mit der ersten Morgendämmerung verblasst.
An diese Art Verbrechen würde ein Experte von seinem Format nicht mehr als ein paar Sekunden verschwenden, und der Fall wäre klar.
Er schüttelte den Kopf. Ein anderes Mal, dachte er, werde ich es tun. Vielleicht eine Spirituosenhandlung, die ein bisschen zu lange geöffnet hat. Eine Skimütze und eine große Knarre. Ein wahrhaft amerikanischer Augenblick.
Nicht jetzt. Nicht so kurz vor dem Ende.
Nicht noch alles vermasseln.
Er wünschte sich abwechselnd, er hätte den jungen Ranger getötet oder die zwei jungen Frauen, doch vor allem war er auf sich selbst wütend, weil er die Probleme nicht vorhergesehen hatte, die sich an das geplante Verbrechen knüpften. Er ging in Gedanken noch einmal die Einzelheiten durch und machte sich bittere Vorwürfe: Ich war doch immer auf jede Eventualität gefasst; ich hab bisher immer jedes Dilemma vorhergesehen. Ich hätte ein besseres
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