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Der Fotograf

Der Fotograf

Titel: Der Fotograf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Aber bis dahin dauert es noch ein Weilchen.«
    Detective Barren saß schweigend da und dachte nach.
    »Merce, tut mir leid. Das Entscheidende ist erst einmal, dass der Kerl hinter Gitter kommt. Vielleicht kriegt er die Todesstrafe. Geht es nicht letztlich darum?«
    »Geben Sie nicht auf«, bat sie.
    »Was?«
    »Was ist mit seinem Wagen?«
    »Der war sauber, bis auf einen Ohrring.«
    Detective Barren wollte etwas sagen, wurde jedoch unterbrochen.
    »Nein – ich weiß, was Sie denken. Der gehörte einem der anderen Mädchen. Den Ohrring, den wir bei Susans Leiche gefunden haben, konnten wir noch nicht zuordnen. Sobald uns das möglich ist, na ja, Volltreffer.«
    »Geben Sie nicht auf.«
    »Ganz bestimmt nicht, Merce. Wir bleiben dran. Aber Sie wissen ja, wie der Laden läuft. Ich muss den Einsatz an Personal und Zeit gegenüber meinen Vorgesetzten rechtfertigen. Für die ist der Fall abgeschlossen. Wir bekommen eine Verurteilung. Die haben den Kerl schon zu den Akten gelegt. Ich schlage mich mit derselben idiotischen Bürokratie herum wie Sie.«
    »Verdammt«, rutschte es ihr heraus.
    »Ich kann’s Ihnen nicht verübeln.«
    »Ich fühle mich verarscht.«
    »So dürfen Sie das nicht sehen. Denken Sie an die Mistkerle, die Morde begehen und weiterleben, als wäre nichts gewesen. Merce, hören Sie, ich meine, Sie wissen selbst, wie selten wir einen Killer schnappen, der wie dieser Scheißkerl wahllos Frauen umbringt. Sie müssen schon froh sein, dass er für die Fälle, die wir in trockenen Tüchern haben, in den Knast wandert.«
    »Und er hat nicht gestanden?«
    »Nee. Dafür ist er viel zu helle. Wissen Sie, dass er unter anderem ein Seminar über Verfassungsrecht belegt hat?«
    »Er ist doch nicht …«
    »Keine Chance. Ich meine, natürlich werden sie’s mit der alten Masche versuchen, von wegen Unzurechnungsfähigkeit und so. Ich muss zugeben, dass der Kerl tatsächlich irgendwie’ne Macke hat, mindestens eine, wenn Sie mich fragen. Eindeutig wirr im Kopf. Aber selbst wenn Allah ihm eingeflüstert hätte, diese Mädchen zu töten, hat er unserem Jungen ganz bestimmt nicht befohlen, sie zu vergewaltigen. So läuft das nicht bei Allah, nicht einmal wenn der einen schlechten Tag hat. Und ganz sicher agiert Rhotzbadegh nicht wie ein paranoider Schizophrener.«
    Sie schwiegen einen Moment.
    Detective Barren fühlte sich unbehaglich, so als sei das Zimmer plötzlich überhitzt. Sie hörte Detective Perry in der Leitung.
    »Hören Sie, Merce, zögern Sie nicht, mich anzurufen. Sobald wir mehr erfahren, melde ich mich.«
    Sie bedankte sich und legte auf.
    Das Rechtssystem, dachte sie, war ganz und gar unfair. Sie hasste sich dafür, dass sie es in- und auswendig kannte, mit all seinen faulen Kompromissen. Die Tatsache, dass sie aus polizeilicher Sicht ganz und gar nachvollziehen konnte, was hier ablief, machte sie noch wütender. Sie hätte sich dafür ohrfeigen können, wie sehr sie das Ganze verinnerlicht hatte.
    In dieser Nacht schlief sie nicht. Sie sah sich sämtliche Late-Night-Talkshows an und las am Ende bis zum Morgengrauen Aischylos. Als sie beim ersten zarten Morgenlicht, das in ihre Wohnung drang, zu den Eingangsversen der
Odyssee
wechselte, musste sie einräumen, dass auch die alten Griechen sie nicht besänftigen konnten.
    Sie ging an diesem Morgen früh zur Arbeit, wühlte sich fieberhaft durch allen möglichen Papierkram, revidierte Berichte, Analysen und Tatortauswertungen. Sie perfektionierte ihre Ergebnisse so lange, bis sie schließlich am späten Abend, als es erneut dunkel war, nach Hause ging. Nachdem sie sich bis auf Unterwäsche und T-Shirt ausgezogen hatte, legte sieKissen und Decke auf den Boden und schlief auf dem harten Holz, um sich keinen Komfort zu gönnen.
     
    Die Zeit schien in der Schwebe zu verharren. Sie hatte das Gefühl, als wären alle ihre Emotionen auf Eis gelegt, während sie hoffte, dass Susans Tod irgendwie aufgeklärt würde. Kaum wurde die Anklage wegen dreifachen vorsätzlichen Mordes erhoben, ließ sich Detective Barren in der Staatsanwaltschaft beim Leiter der Abteilung für Tötungsdelikte blicken, um ihn durch ihre schiere Präsenz daran zu erinnern, dass der libanesische Student auch für Susans Tod verantwortlich war, selbst wenn er nicht angeklagt werden konnte. Sie verpasste keine Gerichtsverhandlung, keine Sitzung, die von den beiden jungen, mit dem Fall betrauten Staatsanwälten anberaumt wurde. Sie ging noch einmal sämtliche Indizien durch, dachte darüber

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