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Der Fotograf

Der Fotograf

Titel: Der Fotograf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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zurück.
    Doch dann schüttelte er kaum merklich den Kopf und gestand sich ein, dass es hoffnungslos war. In diesem Moment, dachte er, bin ich nichts weiter als der kleine Bruder.
    Er schaute zu Douglas Jeffers auf und dachte: Für ihn werde ich nie etwas anderes sein.
    Er richtete den Blick auf seinen Bruder, der erregt zu sein schien und offenbar bei jedem Schritt durchs Zimmer die Situation abschätzte.
    »Ist es nicht komisch«, sagte Douglas Jeffers in einem Ton, der nicht den leisesten Anflug von Humor erkennen ließ, »wie man in eine derart komplexe emotionale Situation geraten kann und sich trotzdem wenig, wenn überhaupt etwas zu sagen hat? Was willst du machen? Willst du mir erzählen, ich dürfte nicht so sein, wie ich bin?«
    Die Bemerkung zog ein kurzes, trockenes Lachen nach sich.
    »Also«, fuhr der ältere Bruder fort, »dann sprich mit mir überwas Bedeutsames, Wichtiges. Berichte mir von dieser Polizistin.«
    »Was willst du denn wissen?«
    Sein Bruder blieb stehen und richtete die Waffe auf ihn.
    »Glaubst du, ich würde auch nur einen Moment zögern? Meinst du, nur weil du mein Bruder bist, würde ich bei dir eine Ausnahme machen? Du bist hergekommen! Du hast es gewusst! Folglich hast du auch das Risiko gekannt …«
    Er schwieg.
    »Also komm mir bloß nicht dumm.«
    Martin Jeffers nickte.
    »Sie ist aus Miami. Sie glaubt, dass du ihre Nichte ermordet hast …« Er brachte es nicht über sich zu sagen, woran er nicht im Geringsten mehr zweifelte: Du
hast
ihre Nichte ermordet! Du hast sie alle ermordet! »Sie ist in deine Wohnung eingebrochen und hat die Fotos gefunden.«
    »Wo ist sie jetzt?«
    »Ich hab sie in New Jersey zurückgelassen.«
    »Und wieso?«
    »Weil sie dich umbringen will.«
    Douglas Jeffers lachte.
    »Na ja, aus ihrer Sicht klingt das plausibel.«
    »Doug, bitte, können wir nicht …«
    »Können wir was? Marty, du warst schon immer ein Traumtänzer. Erinnerst du dich nicht? All die Bücher, die ich dir vorgelesen habe, als wir klein waren. Immer Fantasy-Geschichten, Abenteuerromane, voller Helden, die für die gute Sache mit unüberwindlichen Hindernissen zu kämpfen hatten. Du konntest nie genug kriegen von Soldaten, die einen verzweifelten Kampf ausfochten, von Rittern, die es mit Drachen aufnahmen. Du hast immer die Bücher geliebt, in denen das Gute siegte …
    Und soll ich dir was sagen? Das tut es nie. Niemals. Denn selbst wenn es einmal siegen sollte, dann macht es sich die Hände schmutzig, um das Böse mit seinen eigenen Waffen zu schlagen. Und das, mein lieber Bruder, ist eine viel schlimmere Niederlage.«
    »Das stimmt nicht.«
    Douglas Jeffers zuckte die Achseln. »Glaub, was du willst, Marty. Ist auch egal.« Er schwieg einen Moment, bevor er hinzufügte: »Erzähl mir mehr von ihr. Ist sie eine gute Polizistin? Wie heißt sie?«
    »Mercedes Barren. Ich denke schon, dass sie gut ist. Sie hat mich gefunden …«
    »Und du glaubst, sie findet mich auch?«, fauchte Douglas Jeffers.
    Martin Jeffers nickte.
    Sein Bruder lachte heiser und wütend.
    »Keine Chance, nicht die geringste. Es sei denn, du hättest ihr verraten, wo sie hinkommen soll. Hast du doch nicht, oder, Bruderherz?«
    Martin Jeffers schüttelte den Kopf.
    Douglas Jeffers machte eine finstere Miene. »Ich glaub dir nicht, verflucht.« Er überlegte. »Wahrscheinlich ist dir nur nicht klar, dass du es ihr verraten hast, aber du hast es trotzdem. Ich kenne dich, Marty. Ich kenne dich so gut wie mich selbst. Das ist nun mal so, wenn man der Ältere ist: Der Ältere ist dazu verdammt, mehr zu verstehen, der Jüngere ist nur zu gleichen Teilen Ehrfurcht und Eifersucht verdammt. Deshalb sage ich dir auf den Kopf zu, dass du vielleicht denkst, du hättest sie abgehängt, aber in Wirklichkeit hast du es wahrscheinlich nicht. Du hast irgendetwas gesagt, weißt wahrscheinlich selbst nicht mal, was. Aber du hast es gesagt, und jetzt ist sie auf dem Weg hierher. Besonders, wenn sie clevergenug war, es bis zu dir zu schaffen. Aber wie weit ist sie schon gekommen? Da, Bruderherz, das ist die eigentliche Frage. Steht sie schon vor der Tür?«
    Unwillkürlich huschte Martin Jeffers’ Blick zu der Glasschiebetür. Sein Bruder lachte wieder bedrohlich.
    »Oder ist sie noch ein bisschen entfernt? Vielleicht ein paar Stunden.«
    Er lächelte, aber ohne die Spur von Freude.
    »Weißt du«, fuhr Douglas Jeffers fort, »nach dem heutigen Abend verschwinde ich. Ich fand, dass Finger Point perfekt dazu geeignet ist,

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