Der Fotograf
macht.«
»Nun, ich kann natürlich nicht …«
»Und ob Sie das können. Ich bin nicht dreieinhalb Stunden hierhergefahren, um mir von einem rechtskräftig verurteilten Mörder sagen zu lassen: ›Nein danke, heute passt es mir gerade nicht.‹ Schnappen Sie ihn sich und bringen Sie ihn in einen Raum, in dem ich ungestört mit ihm reden kann. Falls er einfach nur dasitzen und schweigen will, nun gut, das ist eine Sache zwischen ihm und mir, und nicht Ihnen.«
»Einen Raum kann ich besorgen. Aber …«
»Aber was?«
»Nun, wir sind gerade mit unserer Einstufung durch, und er soll Ende dieser Woche überstellt werden …«
»Ja, und?«
»Nun, er kommt in die psychiatrische Anstalt in Gainesville. Wir glauben, dass er unter den gewöhnlichen Insassen nicht sicher wäre.«
»Sie glauben, dass er nicht sicher wäre!«
»Nun ja, er hat Kompensationsstörungen …«
»Und Sie meinen im Ernst, Sie müssten ihn schützen!«
»Zu diesem Schluss ist der Bewertungs- und Einstufungsausschuss gekommen.«
»Sie schicken ihn also in einen Countryklub?«
»Es ist ein Hochsicherheitstrakt.«
»Klar doch.«
»Na, jedenfalls, da soll er hin.«
»Ich fasse es nicht.«
»Detective, wenn wir ihn ins Staatsgefängnis schicken, bringt ihn jemand um. Er ist – mir fällt kein anderes Wort ein – widerwärtig und praktisch psychotisch. Die anderen Männer kommen mit seinem religiösen Gefasel nicht zurecht. Oder seinem arroganten Gehabe. Selbst ohne diese, äh, Eigentümlichkeiten haben es Vergewaltiger im Allgemeinen nicht leicht. Was soll ich sagen?«
Detective Barren ließ die Nachricht langsam wirken. Sie bekam einen trockenen Mund, und ihr drehte sich der Magen um. Sie schüttelte den Kopf.
»Sorgen Sie einfach nur für ein Vernehmungszimmer.«
Als Sadegh Rhotzbadegh das kleine Büro betrat, huschten seine Blicke wild hin und her, als wollte er sich Zuschnitt und Ausstattung des Zimmers ins Gedächtnis brennen. Als er mit seiner Einschätzung fertig war, richtete er den Blick auf Detective Barren, die geduldig an dem kleinen Tisch in der Mitte saß. Dieser Tisch sowie zwei Stühle bildeten das einzige Mobiliar.
Rhotzbadegh starrte sie an, machte plötzlich einen Schritt nach vorn, zögerte und trat wieder zurück, während ihm zuerst Wut, dann Furcht ins Gesicht geschrieben stand. Am Ende fügte er sich in die Situation. Er blieb stehen und wartete auf eine Reaktion der Polizistin. Detective Barren winkte ihn heran und deutete auf den Stuhl ihr gegenüber.
Er hat zugenommen, dachte sie, und ist nicht mehr so drahtig und kräftig. Der stärkehaltige Gefängnisfraß, vermutete sie.Rhotzbadegh setzte sich, wand sich unruhig auf seinem Stuhl und kam schließlich auf der Kante zur Ruhe. Ein wenig vorgebeugt sah er Detective Barren misstrauisch an. Sie erwiderte seinen Blick und hielt ihm stand, bis er wegsah.
»Zunächst einmal möchte ich Ihnen Ihre Rechte verlesen«, begann sie. »Sie haben das Recht zu schweigen, das Recht, einen Anwalt …«
Er unterbrach sie.
»Die sind mir bestens vertraut. Habe ich oft genug gehört. Sagen Sie mir lieber, warum Sie gekommen sind, um mit Sadegh Rhotzbadegh zu sprechen! Wieso haben Sie ihn in seiner Ruhe gestört?«
»Sie wissen, warum.«
Er lachte.
»Nein, das müssen Sie mir schon sagen.«
»Susan Lewis. Meine Nichte.«
»Ich kann mich an den Namen entsinnen, aber nur undeutlich, wie in einem Traum. Helfen Sie mir, damit ich mich besser erinnern kann.«
»September. Der Studententreff der University of Miami.«
»Ich kann Ihnen nicht folgen.« Er lachte wieder und fuhr dann fort: »Wieso sollte ich mich an diese Person erinnern?«
Er kicherte wie ein Mädchen.
»Welchen Grund hätte ich, mich an diese Person zu erinnern? Ist sie jemand Besonderes, Bemerkenswertes? Vielleicht jemand Wichtiges? Ich glaube nicht. Folglich gibt es keinen Grund, weshalb Sadegh Rhotzbadegh sich an diese Person erinnern sollte.«
Rhotzbadegh lehnte sich entspannt in seinem Stuhl zurück, verschränkte die Arme über der Brust und grinste selbstzufrieden.
Detective Barren atmete tief durch und sah ihn mit einemdurchbohrenden Blick an. Sie wartete einen Moment, dann sagte sie in leisem, modulationslosem, unfreundlichem Ton: »Weil ich Ihnen hier und jetzt eigenhändig das Gesicht herunterreiße, falls Sie sich nicht augenblicklich erinnern.«
Rhotzbadegh verspannte sich auf seinem Stuhl und wirkte eingeschüchtert.
»Das können Sie nicht machen!«
»Ich würde es an Ihrer Stelle
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