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Der Fotograf

Der Fotograf

Titel: Der Fotograf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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nicht drauf ankommen lassen.«
    Er neigte sich vor, hob den Arm und zeigte Detective Barren den gespannten Bizeps. »Glauben Sie wirklich, dass Sie dafür stark genug sind …«
    Sie beugte sich ebenfalls vor.
    »Was meinen Sie?«
    Sie folgte seinem Blick, der zu ergründen versuchte, wie ernst sie es meinte. Sie kniff die Augen zu Schlitzen zusammen und starrte ihn mit eiserner Miene an. Rhotzbadegh begann plötzlich zu schluchzen und legte die Hände vors Gesicht.
    »Ich hab Alpträume«, wimmerte er.
    »Das will ich verdammt noch mal hoffen«, erwiderte Detective Barren.
    »Ich sehe Gesichter, Menschen, aber ich kann mich nicht an ihre Namen erinnern.«
    »Ich weiß, wer diese Leute sind.«
    Tränen flossen seine Wangen herab, und er wischte sie weg.
    »Gott ist nicht mehr mit mir. Jetzt nicht mehr. Ich fühle mich verlassen.«
    »Vielleicht war er nicht glücklich über das, was Sie getan haben, verdammt noch mal.«
    »Nein! Er hat es mir befohlen!«
    »Sie haben ihn missverstanden.«
    Rhotzbadegh schwieg. Er zog ein zerknülltes Taschentuch aus der Hose und schneuzte sich dreimal fest.
    »Das«, gab er in vollkommen verzweifeltem Ton zu, »ist nicht auszuschließen.«
    Er wischte sich energisch die Nase.
    »Trotzdem«, fuhr er fort, »ich werde ihm weiter nacheifern. Ich werde seine Botschaften beherzigen und den wahren Pfad finden. Dann wird er mich im Paradies an seine Brust nehmen, und ich werde in alle Ewigkeit dort wandeln.«
    »Großartig. Ich gratuliere.«
    Ihr Sarkasmus entging ihm.
    »Danke«, sagte er.
    Detective Barren griff in ihre Tasche am Boden und zog ein einfaches Schülerlineal heraus. »Strecken Sie Ihre Hand aus«, wies sie ihn an. »Spreizen Sie die Finger.«
    Rhotzbadegh gehorchte. Sie hielt das Lineal an seine Hand. Der Abstand zwischen Daumen und Zeigefinger betrug vierzehneinhalb Zentimeter. Verdammt, dachte Sie. Die Male könnten von ihm stammen.
    »Meine Hände strecken sich Gott entgegen«, beteuerte er.
    »Lassen Sie es mich wissen, wenn Sie ihn zu fassen kriegen.«
    Wieder sah sich Rhotzbadegh im Zimmer um. Dann schob er seinen Stuhl zurück und stand auf. Er lief zur Wand und drückte den Rücken fest dagegen. Dann schritt er den Raum bis zur gegenüberliegenden Wand ab und zählte dabei bis einundzwanzig. Wie bei einer Militärparade machte er kehrt und begab sich wieder auf seinen Platz.
    »Einundzwanzig Schritte«, sagte er und schüttelte ungläubig den Kopf. »Einundzwanzig volle Schritte.« Er sprang auf und machte einen Satz zu der Wand gegenüber von Detective Barren. Dann schritt er die Distanz in dieser Richtung ab und sah nicht einmal auf, als er an der Kripobeamtin vorbeikam.
    »Neunzehn!«
    Erneut kehrte er auf seinen Platz zurück.
    »Meine Zelle misst nur neun mal acht Schritt. Ich fühle mich manchmal, als hätten sie mein Herz in einen Käfig gezwängt.«
    Er legte den Kopf in die Hände und schluchzte. »Sie lassen mich nicht mit den anderen Männern in den Hof«, wimmerte er. »Sie fürchten um meine Sicherheit. Sie glauben, dass ich getötet werde. Ich kann nachts nicht schlafen. Ich kann nicht essen. Ich fürchte, mein Essen schmeckt nach Gift. Sie haben mir etwas ins Wasser getan, so dass ich benommen werde, und dann werden sie kommen und mich töten. Ich muss auf Schritt und Tritt gegen sie ankämpfen.«
    »Die Mädchen?«
    »Die sind die schlimmsten. Sie kommen in meinen Träumen und helfen diesen Männern, die mich umbringen wollen.«
    »Wer sind die Mädchen?«
    »Ich weiß nicht …«
    »Das könnte Ihnen so passen! Denken Sie nach! Verdammt, ich will Antworten.«
    Rhotzbadegh rümpfte in gespieltem Snobismus die Nase.
    »Es sind meine Träume. Ich muss Ihnen nicht davon erzählen.«
    Detective Barren starrte den kleinen Mann unerbittlich an, doch innerlich seufzte sie. Zwecklos, dachte sie. Seine Gedanken gehen in alle Richtungen, nur nicht dahin, wo ich sie haben will. Sie griff in ihre Tasche und zog ein einfaches Jahrbuchfoto ihrer Nichte heraus.
    »Erscheint die Ihnen auch im Traum?«
    Rhotzbadegh betrachtete das Bild. Er schnappte es sich vom Tisch und hielt es sich dicht ans Gesicht, dann wieder auf Armeslänge.
    »Die nicht so direkt.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Sie erscheint mir im Traum, aber sie sieht nur den anderen zu. Sie weint allein. Die anderen sind meine Peiniger.«
    In einer konspirativen Geste beugte er sich vor und erklärte leise: »Manchmal lachen sie mich aus! Aber ich lebe noch, und wer zuletzt lacht, lacht am

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