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Der Frauenhaendler

Der Frauenhaendler

Titel: Der Frauenhaendler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giogio Faletti
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diesem Scheißgefängnis säße.«
    Die Frustration über den Zustand der Machtlosigkeit zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Und auch die Scham über seine Fehler spürte er angesichts der Krankheit seines Kindes schmerzhafter als durch das bloße Eingesperrtsein.
    »Carmine, es gibt etwas, das du für deine Familie tun kannst.«
    Jetzt ging sein Temperament mit ihm durch. Verständlich bei einem Mann in seiner Situation.
    »Was zum Teufel soll ich schon tun, wo ich hier drin eingesperrt bin?«
    Ich sprach leise, um ihn dazu zu bringen, ebenfalls leiser zu sprechen.
    »Dein Sohn ist krank. Er muss behandelt werden. Die Behandlung kostet ziemlich viel Geld.«
    Ich kam mir niederträchtig vor, als ich so in der Wunde herumbohrte. In Anbetracht dessen, was ich sagen wollte, hielt ich es aber für nötig, die Situation noch einmal auf den Punkt zu bringen.
    »Ich werde deiner Frau ein Inhabersparbuch über zweihundertfünfzig Millionen zukommen lassen. Mit dieser Summe kann sie Rosarios Behandlung bezahlen und ihm außerdem eine Zukunft sichern. Sie kann ihn von bestimmten Orten fernhalten, mit ihm in einer gesunden Umgebung leben und ihn studieren lassen.«
    Ich lehnte mich zurück, von ihm weg. Soweit das in dieser Umgebung möglich war, überließ ich ihn sich selbst und der Vorstellung, es bestehe doch noch Hoffnung für seinen Sohn. Seine Antwort war die eines Mannes, der noch nie in seinem Leben etwas geschenkt bekommen hat.
    »Was soll ich tun?«
    Ich sprach jetzt noch leiser.
    »Kennst du Tano Casale?«
    Er antwortete nicht einmal. Jeder kannte Tano Casale. Schweigend wartete er, was kommen würde. Ich sagte es ihm.
    »Er wird bald verhaftet werden. Es handelt sich um eine Lappalie, aber die Polizei wird sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, die Festnahme in Untersuchungshaft umzuwandeln. Dann wird er hierher gebracht.«
    In seinem Blick lag Neugierde, obwohl er vielleicht schon begriffen hatte.
    »Und?«
    Ich sah ihm in die Augen. Selten in meinem Leben war ich so ruhig. Und so glücklich bei dem Gedanken an etwas.
    »Ich möchte, dass du ihn beseitigst.«
    Die Stimme der Hostess, die meinen Flug ankündigt, legt sich über die von Carmine, der den Wärter rief, um sich in seine Zelle zurückbringen zu lassen. Ich stehe auf, stelle mich mit den anderen in die Schlange am Gate und betrachte die Gesichter um mich herum. Hier gibt es niemanden, den ich kenne. Als die Reihe an mir ist, reiche ich der uniformierten Dame die Bordkarte und erhalte dafür das erwartete Lächeln und den Wunsch einer guten Reise.
    Bevor ich die Wartehalle verlasse und mich zum Bus begebe, der mich zum Flugzeug bringen wird, drehe ich mich um und betrachte den Ort und die Menschen, die ich zurücklasse. Ich breche alleine auf, was manchmal bedrückend, manchmal aber auch befreiend sein kann.
    Bravo ist nicht einmal gekommen, um sich von mir zu verabschieden.
     

 
Mai 1988
     
     

 
Epilog
     
    Pilar bewegt sich, streckt im Schlaf ein Bein aus und berührt mich.
    Ich wache auf und öffne die Augen. Das Morgenlicht fällt durch die Zwischenräume der Fensterläden. In diesem Zimmer ist es nie wirklich dunkel. Im Dämmerlicht drehe ich ihr den Kopf zu und sehe sie schlafen, den Kopf auf dem Kissen. Das Laken ist zur Seite gerutscht, und ihr Körper ist vollständig nackt. Sie hat kurze, glatte Haare, kleine Brüste, wohlgeformte Pobacken, lange Beine.
    Sie ist groß, zart und stark.
    Mitten in der Nacht hat sie den Typen, mit dem sie geschlafen hatte, im anderen Zimmer alleine gelassen. Eine Weile war ich bei ihnen geblieben, hatte in einem Sessel am Bettende gesessen und diese jungen, braungebrannten Körper beobachtet, die sich ineinander verschlangen und sich Lust verschafften. Sie verfügten über die Kraft eines Alters, das für mich mittlerweile weit entfernt ist. Jedes Mal, wenn das geschieht, kann ich nicht anders, als mich zu erinnern, und jedes Mal wenn ich mich erinnere, kann ich nicht anders, als es wieder geschehen zu lassen.
    An einem bestimmten Punkt bin ich aufgestanden und in mein Zimmer zurückgekehrt. Ich lag auf dem Rücken im Bett, bis ich das bump bump nackter Füße auf dem Fußboden hörte, das langsam lauter wurde. Kurz darauf spürte ich, wie sich die Decke bewegte und Pilar neben mir ins Bett kroch.
    Sie kam näher und schlüpfte in meine Arme, wie Sand durch den Hals einer Sanduhr. Ihr Atem war heiß an meiner Wange.
    »Schläfst du?«
    »Nein.«
    Ich fühlte, wie sich eine Hand hob, um mir das Gesicht

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