Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Frauenhaendler

Der Frauenhaendler

Titel: Der Frauenhaendler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giogio Faletti
Vom Netzwerk:
richtigen Größe für den Zweck, dem er dienen soll. Ich sehe, wie sich das Licht entfernt und zu meiner Rechten stehen bleibt. Die Stimme kommt aus dem Dunkel, das unmittelbar dahinter beginnt.
    »Los, graben. Auch wenn dein schöner Anzug ein wenig dabei zerknittert. Wenn du möchtest, kann ich ihn hinterher für dich in die Reinigung bringen.«
    Ich fange an zu graben, um sein Lachen nicht hören zu müssen. Und um nachzudenken. Ich weiß, dass meine Aussichten gegen null tendieren. Trotzdem möchte ich mich diesem Volltrottel nicht geschlagen geben. Es kann doch wohl nicht sein, dass es ausgerechnet ein Stück Scheiße wie die Tulpe sein soll, das mich für immer von der Liste streicht. Der einzige Moment, in dem ich vielleicht etwas ausrichten kann, wird sein, wenn er verlangt, dass ich einen Namen und eine Adresse aufschreibe. Vielleicht wird er abgelenkt sein, vielleicht rutscht er aus, vielleicht …
    Vielleicht stimmt auch, was man mir in der Schule beigebracht hat, und die Hoffnung stirbt wirklich zuletzt. Also klammere ich mich an sie.
    Allmählich stehen meine Beine in einem tiefen Loch. Der Schweiß läuft mir die Stirn und den Rücken hinab. Meine Hände schmerzen. Ich richte mich auf und stütze mich auf die Schippe, die ich weiterhin umklammert halte.
    »Was ist? Hast du keine Ausdauer? Machst du schon schlapp, du Memme?«
    Ich bin drauf und dran, ihm zu sagen, dass er mich am Arsch lecken soll. Oder die Schaufel hochzureißen und mich auf ihn zu stürzen, denn die Wut ist nun stärker als der Überlebensinstinkt. Bis plötzlich etwas passiert.
    In direkter Folge zerreißen drei gedämpfte Geräusche die Stille.
    pfft … pfft … pfft …
    Die Taschenlampe saust schlagartig nach oben und malt ein paar Leuchtspiralen in die Luft, bevor sie schließlich auf dem Boden landet. Ich höre das Geräusch von Zweigen, die von einem fallenden Körper umgeknickt werden. Ich meine auch leise Schritte zu hören. Das dürfte aber nur ein Eindruck gewesen sein, denn sie sind sofort wieder verschwunden.
    Dann Stille.
    Nach einiger Zeit drehe ich mich einmal um mich selbst, aber es passiert nichts. Keine Stimme mehr, kein Befehl. Nur der halbierte Lichtkegel der Taschenlampe, die zu Boden gefallen ist und die unteren Äste eines Busches anstrahlt. Ich gehe hin, hebe sie auf und lasse den Strahl umherschweifen.
    Die Tulpe liegt ein Stückchen weiter auf dem Rücken, wie gekreuzigt. Seine Augen sind aufgerissen, und sein Blick ist starr nach oben gerichtet. Er scheint das Loch zu betrachten, das sich mitten auf seiner Stirn auftut. In der Brust hat er zwei weitere Löcher, von denen sich ein Blutfleck ausbreitet.
    Nun begreife ich, was geschehen ist. Instinktiv weiche ich zurück und schalte die Taschenlampe aus. Ich habe keinerlei Interesse daran, dass derjenige, der diesen Hurensohn erschossen hat, mich für einen ebensolchen hält und das Licht nutzt, um mich ebenfalls ins Visier zu nehmen. Falls das seine Absicht ist. Ich warte noch einen Moment und beschließe dann, schleunigst zu verschwinden. Nachdem ich die Taschenlampe wieder angeschaltet habe, hole ich die Schaufel und gehe den Weg zurück. Ich passe auf, um nicht vom Weg abzukommen, und finde mich bald vor dem glänzenden Kofferraum des CX wieder. Das Beste ist es vermutlich, eine gewisse Distanz zwischen mich und diesen Scheißort zu bringen, und so steige ich ein, starte den Motor, wende und fahre in Richtung Staatsstraße zurück. Auf dem Weg begegne ich niemandem. Jetzt, da das Schlimmste vorbei ist, werde ich plötzlich von Angst übermannt. Meine Hände zittern und lassen sich nicht unter Kontrolle bringen. Was tatsächlich passiert sein mag, frage ich mich nicht so sehr. Für den Moment reicht es mir, dass ich lebe. Wem auch immer das zu verdanken ist, der Mann, der mich umbringen wollte, kann jetzt an meiner Stelle in dem von mir ausgehobenen Loch verbuddelt werden.
    Nicht von mir natürlich.
    Ich gelange zur Straße, biege links ab und fahre gemächlich nach Mailand zurück. Den Wagen muss ich so schnell wie möglich loswerden. Ich möchte nicht ausgerechnet jetzt, am Steuer eines fremden Wagens, von einer dieser Polizeistreifen angehalten und kontrolliert werden, die nie da sind, wenn man sie braucht. Noch dazu im Wagen eines Mannes, den man früher oder später mit Löchern im Leib auffinden wird.
    Ich erreiche die Piazza Frattini und lasse den CX in einer Querstraße der Via d’Alviano stehen. Das ist weit genug weg vom Ascot, aber man kann

Weitere Kostenlose Bücher