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Der Frauenhaendler

Der Frauenhaendler

Titel: Der Frauenhaendler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giogio Faletti
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bedeutet mir, dass Nachrichten auf dem Anrufbeantworter sind.
    Später.
    Als ich den Blick wieder Carla zuwende, ist sie wach und beobachtet mich. Auf dem Teppichboden habe ich keinerlei Geräusche gemacht. Meine bloße Anwesenheit hat also die Macht, sie zu wecken. Sie bleibt zusammengekauert liegen, abwartend, defensiv. Dann spricht sie, ohne ihre Position zu verändern.
    »Entschuldigung.«
    »Wofür?«
    »Dass ich dich ausgezogen habe. Ich wusste …«
    Ich unterbreche sie, weil ich die Angelegenheit schnell abhaken möchte.
    »Kein Problem. Möchtest du einen Kaffee?«
    Sie mustert mich aufmerksam, dann setzt sie sich auf. Die Bewegung entbehrt nicht einer gewissen Anmut.
    »Willst du mir davon erzählen?«
    Ich schüttele leicht den Kopf, während ich wider Willen spüre, dass sich meine Kiefermuskeln verkrampfen.
    »Nein.«
    Ich gehe an ihr vorbei in Richtung Küche. Ihre Stimme folgt mir.
    »Das Ding da hat ein paar Geräusche von sich gegeben.«
    Ich nehme die Information entgegen, ohne sie zu kommentieren. Bei dem fraglichen Ding handelt es sich vermutlich um den Piepser. Der kann ebenfalls warten. Im Moment habe ich keine Lust, den Kontakt zur Welt wiederherzustellen. Ich lebe noch, und ich bin zu Hause, zusammen mit einer der wenigen Personen, die um meinen Zustand wissen. Sonderbarerweise geht es mir gut damit, ein Gefühl, das man wohl als Geschenk des Zufalls bezeichnen muss, da sich der Himmel meinetwegen vermutlich nicht mehr viele Umstände macht.
    Als ich mit der Espressokanne herumhantiere, dringt ihre Stimme zu mir in die Küche.
    »Ich weiß nicht mal, wie du heißt.«
    »Bravo.«
    »Merkwürdiger Name.«
    »Es ist auch gar keiner. Aber alle nennen mich so.«
    »Du wirst aber doch wohl auch einen richtigen Namen haben.«
    »Namen sind Schall und Rauch. Das hat schon Shakespeare gesagt. Du kannst mich Bravo nennen, wie alle anderen auch.«
    Verstanden? Bravo …
    Ich zucke mit den Schultern, als könnte sie mich sehen.
    »Ich kann mich nicht mal mehr erinnern, wie ich zu dem Spitznamen gekommen bin. So etwas entsteht einfach irgendwie.«
    Als ich mich zum Herd umdrehe, um die Kanne aufzusetzen, merke ich, dass sie in der Tür steht und mich beobachtet. Auch ihre Schritte haben kein Geräusch gemacht. Ich allerdings habe, anders als sie zuvor, ihre Anwesenheit nicht gespürt.
    »Kann ich dir helfen?«
    »Nein. Setz dich lieber. Hier ist kaum Platz für eine Person.«
    Ich beobachte sie, als sie zu einem der vier Stühle geht, die an dem kleinen, runden Tisch am Fenster stehen, und denke an ihren Ausbruch vom Morgen, als wir uns vor dem Ascot getroffen haben. Ich frage mich, wie viel Entschiedenheit und wie viel Emotion in ihren Worten gelegen hat. Ersteres treibt zum Handeln, Letzteres zur Flucht. Ich muss herausfinden, wie viel Prozent von dem einen und wie viel von dem anderen ihrer Entscheidung zugrunde liegen, und dafür gibt es nur einen Weg. Ich lehne mich an den Türpfosten und frage nach.
    »Bist du entschieden, das durchzuziehen, um das du mich heute Morgen gebeten hast?«
    »Ja.«
    »Es ist keine Straße ohne Wiederkehr. Aber im Falle eines Falles bleiben immer unangenehme Erinnerungen zurück.«
    Instinktiv schüttelt sie den Kopf.
    »Das ist Zukunftsmusik. Alles ist besser als die Gegenwart.«
    Das dampfende Gurgeln der Espressokanne auf dem Herd fordert meine Aufmerksamkeit. Ich drehe mich um, schalte das Gas ab, nehme zwei Espressotassen und den Zucker und stelle alles vor sie hin. Dann gehe ich wieder in die Küche, bin aber sofort zurück, um den Kaffee einzuschenken. Sie schaut mir zu. Es ist ein eindringlicher Blick, der wer weiß wohin führen würde, wenn ich ihn ließe.
    »Und du, warum machst du das?«
    »Aus demselben Grund, aus dem du beschlossen hast, mit mir zusammenzuarbeiten. Geld.«
    Sie trinkt einen Schluck Kaffee, ohne Zucker hineinzutun. Dann stellt sie die Tasse wieder hin, wischt sie aber vorher unten mit der Hand ab, um sich zu vergewissern, dass keine Wassertropfen daran hängen.
    »Ich glaube nicht, dass es so einfach ist. In meinem Fall vielleicht schon. Ich will das, was mir zur Verfügung steht, nutzen, um mich aus meinem Scheißleben zu befreien.«
    Sie macht eine Pause und stellt offenbar Überlegungen zu meinem Fall an. Als sie fortfährt, hat es den Anschein, als würde sie laut denken.
    »Du wirkst nicht wie jemand vom Rande der Gesellschaft. Solche wie dich kenne ich. Du hast keinen Akzent. Deine Umgangsformen haben etwas Feines oder sogar Elegantes,

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