Der Frauenhaendler
Frage, die ich ihr stelle, überrascht sie vielleicht.
»Hast du einen Führerschein?«
»Ja.«
Ich stecke die Hand in die Tasche und reiche ihr den Autoschlüssel. Was für ein Gesicht ich in diesem Moment mache, weiß ich nicht, aber mit dem bisschen Stimme, das mir bleibt, erkläre ich, was ich von ihr will.
»Bring mich bitte nach Hause. Ich möchte nicht auf der Straße ohnmächtig werden.«
Kapitel 7
Das Letzte, was ich sehe, ist ein Rücklicht.
Plötzlich verschwindet das Licht, und mir stockt der Atem. Ein Sack aus grobem Stoff wird mir über den Kopf gezogen, dann Gezerre, Schläge, eine raue Hand, die mich in einen Wagen schiebt. Von hier an nur noch Geräusche. Das Geklapper bei Erschütterungen, Vibrationen, der Motor in der Dunkelheit. Der üble Atem der Männer. Dann hält der Wagen, und alles geht rückwärts. Diesmal muss ich aussteigen, wieder gibt es Gezerre, Schläge, eine raue Hand
dieselbe?
die mich herauszieht, und wieder wird die Luft knapp, weil jetzt zwei Hände
dieselben?
mir den Hals zuschnüren und mich in die Knie zwingen. Die Stimme kommt wie aus dem Nichts und …
Schlagartig wache ich auf.
Ich liege nackt im Bett und spüre, dass der Schweiß die Laken durchtränkt hat. Vielleicht ist es nicht nur Schweiß, aber ich achte gar nicht darauf. Mein Kopf versucht, Ordnung in meine Gedanken zu bringen. Leider kehrt mit der Ordnung auch die Erinnerung zurück. Die Tulpe, die Fahrt in die Peripherie, die drei vom Schalldämpfer verschluckten Pistolenschüsse, der Blutfleck auf dem Hemd, die aufgerissenen Augen in der Dunkelheit. Und dann Carlas Augen, scheu, als sie mich anschaut, rebellisch, als sie mit mir spricht, aufmerksam, als sie fährt und meine Anweisungen befolgt, um nach Hause zu gelangen. Kaum vorzustellen, was für Augen sie gemacht hat, als meine Kleider fielen.
Kaum hatte ich die Wohnung betreten, in dem langsamen Tempo, das ich gerade so durchhalten konnte, bin ich ins Schlafzimmer gegangen, habe mich angezogen aufs Bett fallen lassen und bin sofort eingeschlafen. Sie muss es gewesen sein, die mich ausgezogen hat. Ihre Überraschung kann ich mir gut vorstellen. Vielleicht ist sie zurückgewichen, als sie mir die Unterhose abgestreift hat. Eine Geste des Entsetzens, das Gefühl eines Dolchstoßes in der Magengegend, etwas, das sich der Geist als neue Erfahrung einverleibt.
Ich stehe auf, ziehe das Laken ab und wickele mich darin ein wie in eine Toga, bereit für die dreiundzwanzig Messerstiche. So gehe ich ins Bad, schließe die Tür ab, setze mich auf die Schüssel und lasse alles heraus, was herauswill. Wenn ich bedenke, dass ich einen Meter unter der Erde liegen sollte, eine Kugel im Kopf, wird auch pissen und scheißen zu einer Hymne ans Leben.
Ich stelle mich unter die Dusche, wo ich mich gründlich einseife, um jede Spur des vergangenen Abends zu beseitigen. Wer die Tulpe erschossen hat, weiß ich nicht, und ich mache mir auch gar nicht erst die Mühe zu spekulieren. Den Namen müsste man auf einer allzu langen Liste von Leuten suchen, die etwas gegen diesen jähzornigen Verrückten haben könnten. Was ich beim besten Willen nicht verstehe, ist, warum der Typ nicht auch auf mich geschossen hat.
Ich ziehe den Bademantel an. Als ich die Duschkabine verlasse, sehe ich neben dem Wäschekorb meine dreckige Wäsche liegen. Die werde ich entsorgen müssen. Vielleicht würde es reichen, sie zu waschen, aber es ist besser, kein Risiko einzugehen. Ich möchte nicht mit Sachen herumlaufen, an denen Spuren der Erde haften, in der eine Leiche mit drei Löchern im Leib gefunden wurde.
Ich verlasse das Bad mit feuchten Haaren, gehe den Flur entlang und trete ins Wohnzimmer. Zu meiner Rechten sehe ich Carla auf dem Sofa liegen. Sie schläft in ihren Kleidern, die Beine angezogen, einen Arm unter eines der kleinen Kissen geschoben. Ihre Jacke hat sie sich wie eine Decke übergelegt. Die Schuhe stehen auf dem Boden. Ihr Atem ist sanft, trotz der unbequemen Haltung. Das Gesicht ist wunderschön, die Haut hell, obwohl die Augen nicht da sind, um sie zum Strahlen zu bringen.
Ich lasse den Blick durch das Zimmer schweifen.
Auf der Kommode neben dem Fernseher liegen die Dinge, die ich in der Tasche hatte. Die Zigaretten, das Feuerzeug, das Portemonnaie, die Geldklammer, der Piepser. Sie liegen dort genau so, wie ich sie hinlege, bevor ich mich ausziehe, fast in derselben Reihenfolge. Die Wanduhr sagt, dass es zwölf ist. Das blinkende rote Lämpchen am Telefon
Weitere Kostenlose Bücher