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Der Frauenhaendler

Der Frauenhaendler

Titel: Der Frauenhaendler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giogio Faletti
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halten wird. Das überzeugt mich endgültig davon, dass Salvatore Menno ein Psychopath ist. Mir kommt Laura in den Sinn und wie sie Giorgio Fieschi angeschaut hat. Dann das Gesicht von Lucio, der für immer in seiner Dunkelheit gefangen ist, das Kryptogramm, das ich ihm bei meinem Aufbruch hinterlassen habe und von dem ich nie erfahren werde, ob er es gelöst hat.
    In der Zwischenzeit haben wir auf der Via Lorenteggio die Kreuzung Via Primaticcio hinter uns gebracht. Ich fahre auf die zweispurige Vigevanese. Am Straßenrand die Leuchtschilder der Nachttankstellen, die billigen Nutten, die Lagerhallen, die Autos, die auf der Nebenspur parken. Am Schalter einer Apotheke mit Nachtdienst steht ein Junge und wartet. Sicher wird er sich Stoff besorgen. Das Schicksal eines Drogensüchtigen ist im Moment meine geringste Sorge, sollte sie überhaupt je eine meiner Sorgen gewesen sein. Immerhin hat der Typ das Privileg, sich aussuchen zu können, wie er sich umbringt.
    »Fahr bis hinter Trezzano, dann sag ich dir, wie es weitergeht.«
    Der Wagen rollt. Die Pistole ist ständig auf meinen Bauch gerichtet. Ich schaue auf die Straße, die Tulpe schaut mich an und lächelt. Wir kommen am Quartiere Tessera vorbei. Es ist ein Aufbruch ohne Wiederkehr, und ich stelle überrascht fest, dass ich keine Wehmut verspüre. Nur ein Frage drängt sich mir auf: Das war’s? Sonst nichts? Sind das die herrlichen Dinge, die man uns versprochen hat? Ist dies die Schönheit der Welt, dies das Leben, das es wert sein soll, gelebt zu werden? Mir fällt es schwer, auch nur irgendeinen Sinn darin zu sehen, wenn ich jetzt an dem anonymen Ort vorbeikomme, an dem ich lebe, um an einen anderen, unbekannten Ort zu fahren und mir eine Kugel in den Kopf schießen zu lassen.
    Trezzano fliegt im Nu vorbei, wie alle Augenblicke kurz vor dem Tod. Wir sind wieder draußen, und von den Lichtern der Laternen bleibt nichts weiter als eine flüchtige Erinnerung. Hier draußen gibt es keine Zugeständnisse. Die offene Straße kennt nur das Licht der Scheinwerfer.
    »Bieg hier rechts ab.«
    Der Pistolenlauf deutet auf eine Nebenstraße. Ich bremse ab und lenke den Wagen auf den Asphaltstreifen im Grünen, der irgendwann in einen Feldweg übergeht. Ein ganzes Stück fahren wir an einer Grube vorbei, bis wir schließlich zur Linken eine mit Bäumen und Büschen umstandene Ausbuchtung erreichen.
    »Fahr ran und steig aus.«
    Ich halte an und öffne die Tür. Der Boden unter meinen Füßen ist hart und uneben. In der Luft liegt Feuchtigkeit und der Geruch von Gras. Es wäre eine perfekte Nacht, um alleine zu sein, und ich hätte auch Lust dazu. Aber es ist keine Zeit. Nie ist Zeit. Die Tulpe ist schon an meiner Seite und steht im rötlichen Schein der Rücklichter. Die Pistole ist nicht einen Millimeter vom Ziel abgewichen. Auch seine Absichten nicht, vermutlich. Er tritt ein paar Schritte zurück und zeigt aufs Auto.
    »Mach den Kofferraum auf.«
    Ich führe seinen Befehl aus. Zwischen lauter anderem Zeug liegt eine Schaufel darin. Für den Bruchteil einer Sekunde frage ich mich, ob ich es wagen soll. In diesen Dingen hat dieses Stück Scheiße allerdings mehr Übung als ich. Ich stand in meinem Leben immer auf der falschen Seite einer Pistole oder eines Messers.
    Dabei lernt man nichts, außer Angst zu haben.
    Seine Stimme erstickt jede Idee, bevor sie Gestalt annehmen kann.
    »Nimm sie und geh ein Stück weg.«
    Ich mache zwei Schritte rückwärts. Ich muss einen trostlosen Anblick bieten, mit dieser Schippe in der Hand. Jetzt tritt er selbst an den offenen Kofferraum und kramt darin herum. Irgendwann taucht seine Hand mit einer angeschalteten Taschenlampe wieder auf.
    »Mach die Scheinwerfer aus.«
    Wenig später stehen wir im Dunkeln. Nur noch das leuchtende Band trennt uns von der Finsternis. Ich sehe, wie der Strahl sich bewegt und zwischen den Pflanzen einen Weg enthüllt.
    »Da lang.«
    Ich setze mich in Bewegung. Wo wir sind, weiß ich nicht, aber mein Folterknecht erweckt den Eindruck, als würde er sich gut auskennen. Vermutlich liegen um uns herum, einen Meter unter der Erde, diverse Protagonisten ähnlicher Reisen, wie ich sie soeben hinter mir habe. Ich kämpfe mich vorwärts und spüre, wie mir die Büsche die Arme zerkratzen. Nur die Taschenlampe, die meinen Schatten ins Gestrüpp wirft, weist mir den Weg.
    Irgendwann erreichen wir eine Stelle, die im Kopf der Tulpe ein einziges Wort wachrufen dürfte: hier. Es ist ein kleiner Grasflecken von genau der

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