Der Frauenhaendler
immer ich sagen oder tun könnte, es würde nichts an der Situation ändern.
Daher schweige ich und schaue ihn an.
Er ist ruhig. Der Zorn ist überwunden und der Ruhe der Entschlossenheit gewichen. Auch das werte ich als ein äußerst schlechtes Zeichen.
»Hast du deine Zunge verschluckt?«
Die Ohrfeige kommt aus dem Nichts. Mitten in die Stille der Straße hinein knallt sie wie ein Pistolenschuss beim Kontakt mit meiner rechten Wange. Mein Ohr beginnt zu pfeifen. Vor meinem Auge tanzen wie ein Schwarm von Schmeißfliegen gelbe Pünktchen.
»Siehst du, dass ich noch den Mut besitze, persönlich zu kommen und mich mit einem Stück Scheiße wie dir zu beschäftigen? Auf geht’s.«
Er deutet mit der Pistole in Richtung Piazzale Lotto. Ich setze mich in Bewegung und sondiere dabei die Gegend. Er merkt es.
»Hier ist keiner, schönes Mädchen. Nur ich und du.«
Er hat Recht. Die Vorstellung im Ascot ist seit einer Weile vorbei, und der Parkplatz ist praktisch verlassen. Selbst die beiden Strichmädchen, die sonst neben dem Lokal stehen, sind heute Abend nicht da. Das gefällt mir nicht. Das gefällt mir überhaupt nicht.
Wir gelangen an einen großen, schon etwas älteren Citroën CX. Unter Wahrung des nötigen Sicherheitsabstands kramt die Tulpe in ihrer Jackentasche herum und legt schließlich die Autoschlüssel aufs Dach.
»Hier, du fährst. Ganz ruhig und ohne Sperenzchen.«
Ich nehme den Schlüssel, setze mich hinters Steuer, starte den Motor. Er setzt sich neben mich. Dank ihrer Erfahrung hat die Tulpe es geschafft, dass sich bei all diesen Bewegungen der Pistolenlauf nie von meinem Bauch entfernt hat.
Ich schweige und warte.
»Nimm die Nuova Vigevanese.«
Ich verlasse den Parkplatz und fahre in die verlangte Richtung. Dabei frage ich mich, ob mein Gesichtsausdruck dem von Moro auf dem Foto ähnelt, das seit einer Weile in den Zeitungen kursiert. Mir wird allerdings nie die brennende Sorge des Landes gelten, und auch ein gutes Wort wird wohl kaum jemand für mich einlegen. Andererseits denke ich auch nicht, dass ich das verdiene. Sollte nicht irgendein Wunder geschehen, werde ich im Nichts verschwinden, und niemand wird mich suchen, da sich niemand einen Dreck um mich schert.
Wir schweigen. Meine einzige Chance wäre vielleicht, dass uns ein Polizeiwagen entgegenkäme. Für meinen Entführer würde das allerdings nicht viel ändern, fürchte ich. Was ich über ihn gehört habe und was ich mit eigenen Augen gesehen habe, lässt darauf schließen, dass er nicht richtig tickt. Und wenn er beschlossen hat, das Wagnis einzugehen, sich Tanos Befehlen zu widersetzen, muss man davon ausgehen, dass er kein Halten mehr kennt.
Als hätte er meine Gedanken gelesen, bricht er das Schweigen.
»Tano hat gesagt, dass ich das Mädchen in Ruhe lassen soll. Über dich hat er nichts gesagt.«
»Ich wollte ein Geschäft mit deinem Boss machen, und das wird nun platzen. Gefallen wird ihm das nicht.«
Er lächelt. Es ist ein Lächeln, das ich lieber nicht gesehen hätte.
»Kein Geschäft wird platzen. Du schreibst Namen und Adresse dieses Typen auf einen Zettel. Den bringe ich Tano, und alles ist in bester Ordnung.«
»Warum sollte ich das tun? Du bringst mich doch sowieso um.«
»Ich sage dir, warum. Du ersparst es dir, auf äußerst schmerzhafte Weise zu sterben. Von meiner Seite aus besteht keine Eile. Ich kann dir ins Knie schießen und warten. Dann ins andere Knie, dann in die Schulter und so weiter. Oder es kann mit einem einzigen Schuss vorbei sein. Soll höllisch wehtun, wenn einem jemand in die Eier schießt.«
Ich schweige. Meine Gedanken sind jetzt ganz woanders. Ich bin nicht mehr im Auto, sondern an einem anderen Ort, mit anderen Männern als der Tulpe, Personen mit denselben Absichten und derselben Gleichgültigkeit.
Das war vor langer Zeit.
Es ist wirklich ein Jammer, Junge, dass du deinen Schwanz nicht in der Hose behalten kannst. Wenn man den Reißverschluss öffnet, passieren manchmal schlimme Unfälle …
Die Stimme der Tulpe holt mich wieder ins Auto zurück. Er denkt, dass ich etwas aushecke, um ihn auszutricksen, und führt mir die möglichen Folgen vor Augen.
»Solltest du darüber nachdenken, mir den falschen Namen und die falsche Adresse zu geben, tu das besser nicht. Ich werde mich umschauen, ob du eine Freundin, einen Freund oder einen Hund hast. Irgendein Wesen auf dieser Welt, das du magst. Das werde ich dann auch umbringen.«
Ich hege nicht die geringsten Zweifel, dass er Wort
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