Der Frauenhaendler
für ein Geld rausholen muss.«
»Tja«, antwortete ich lakonisch, woraufhin er schließlich deutlich wurde.
»Hast du Geschäfte mit ihm am Laufen?«
»Kann man so nicht sagen.«
»Ich habe dich aus seinem Büro kommen sehen, und da dachte ich …«
Ich unterbrach ihn und verlegte mich flugs darauf, ihn zu verspotten, um das Gespräch auf etwas anderes zu bringen.
»Daytona, denk nicht zu viel. Die Erfahrung hat hinlänglich gezeigt, dass dir das nicht liegt.«
Wenn Daytona glaubte, dass ich Zugang zu Tano Casale hatte, würde ich ihn nicht mehr los. Sein Verhalten Micky gegenüber sagte schon alles. Jetzt grollte er.
»Fick dich, du Locharsch. Wenn du damit sagen willst, dass das deine Angelegenheiten sind, bitte schön …«
Ja, ich werde mein Geheimnis für immer wahren.
Das hätte ich am liebsten gesagt, und zwar mit der Synchronstimme der Garbo. Stattdessen beschloss ich, die Sache runterzukochen und das Gespräch mit einer plausiblen Erklärung abzuschließen. Das würde mir zukünftige Einmischungen ersparen. Vor allem aber ging mir dieses Verhör auf den Wecker.
»Ich hatte nur etwas zu erledigen, als einfacher Bote sozusagen. Auftrag ausgeführt, Kontakt beendet. Keine Geschäfte am Laufen, wie du es nennst.«
Überzeugend oder nicht, das Thema war damit gegessen. Und Daytonas Interesse an mir erloschen, das eines der Gründe gewesen war, warum er angeboten hatte, mich mitzunehmen.
Dieses Mal wandte er sich direkt an mich, als er seine Frage stellte.
»Wo steht dein Wagen?«
»Am Ascot.«
Höfliche Miene.
»Macht es dir etwas aus, wenn ich dich am Taxistand absetze, hier am Ende der Straße? Ich muss noch woandershin und bin schon etwas spät.«
Seit ich ihn kenne, muss Daytona meistens noch woandershin. Vermutlich handelt es sich nicht um Orte, wo die Menschen Gutes tun. Eines Tages wird er von einem dieser Orte direkt in den Knast spazieren, und zwar ohne über Los zu gehen, wie der Godie sagen würde. Nicht ohne Zeigefinger und Mittelfinger zu spreizen und ihm an die Kehle zu legen.
Zack! Erwischt! Sie haben das Recht, die Aussage zu verweigern.
Ich beschränkte mich auf eine Handbewegung.
»Lass mich raus, wo du magst.«
»Bravo, du bist ein wahrer Freund.«
Ein Freund. Ich musste lachen. Nach einer bestimmten Uhrzeit und einer bestimmten Menge an Alkohol und Kokain ist es in Mailand leicht, Freunde zu finden. Man landet in bestimmten Lokalen, in Begleitung von bestimmten Personen, die zusammen siebenhundert Jahre Knast auf die Waagschale bringen, und tituliert sich wechselseitig mit diesem Wort, das direkt aus den Kokablättern gewonnen wird. In Wahrheit ist niemand niemandem ein Freund, nicht einmal sich selbst. Daher kann es leicht passieren, dass man am Morgen neben einer namenlosen Vogelscheuche aufwacht, irgendeiner Frau, die man in seiner Verzweiflung aufgelesen hat, wenn Einsamkeit und Rausch die Augen besser verschließen als jede Jalousie.
Ich stieg aus Daytonas Porsche und ging zum Taxistand. Noch ahnte ich nicht, dass ich in Kürze den MillenniumFalken besteigen würde. Der jetzt bereits Raumzeitkrümmung neun erreicht und das Stadion San Siro passiert haben dürfte.
Gerade als ich die Tür meines Mini öffnen will, sehe ich Giorgio Fieschi mit zwei Kollegen aus dem Ascot kommen. Sie steigen lachend in einen grünen R4 und fahren in Richtung Piazza Buonarroti davon. Ich beneide diese Menschen. Sie sind jung, und sie haben Talent. Ich hoffe, sie sind sich bewusst, dass ihnen deshalb die Welt gehört. Zugleich verschwende ich einen wohlwollenden Gedanken an Laura und ihr Pflichtbewusstsein. Ihre Gefühle für den Künstler wird sie zugunsten der Verpflichtungen des nächsten Morgens erst einmal zurückgestellt haben. Nicht zuletzt, weil siebzig Prozent von einer Million ein hübsches Sümmchen sind für eine Stunde Arbeit.
Der Rest ist meine Provision.
Ich stecke den Schlüssel ins Schlüsselloch. Eine Person nähert sich mir. Ich höre die Stimme, erkenne das Gesicht und sehe die Pistole, alles im selben Moment. Die deutlichste Sprache spricht allerdings die Miene der Tulpe, und die lässt nichts Gutes erahnen.
»Hallo, Zuhälter. So sieht man sich wieder.«
Ich weiß, warum er hier ist. Dass er hier ist, heißt, dass sein Ehrgefühl stärker ist als die Angst vor seinem Boss. Ich habe ihn genötigt, eine Demütigung zu erleiden, die er nicht hinnehmen kann. Mit Laura und Tano hat das im Moment gar nichts zu tun. Dies ist eine Sache zwischen uns beiden. Was auch
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