Der Frauenhaendler
würde ich sagen. Und die Bücher in deinem Regal sind nicht die Schinken, die mein Bruder so liest.«
An der Anspannung in ihrer Stimme erkenne ich, dass es ihr schwerfällt, nicht zu erwähnen, was sie beim Ausziehen der Unterhose über mich herausgefunden hat.
»Mir scheint, dass du nicht der bist, der du vorgibst zu sein.«
»Doch. Ich bin es hundertprozentig.«
Ich trinke meinen Kaffee aus, bevor ich fortfahre.
»Die Männer, die meine Dienste in Anspruch nehmen, haben viel Angst und keine Zeit. Sie sind zu sehr damit beschäftigt, ein Unternehmen oder eine Bank oder eine Partei voranzubringen. Das vereinnahmt sie völlig. Angst haben sie davor, dass man ihnen die Silbe ins Gesicht sagen könnte, die sie am wenigsten zu akzeptieren bereit sind: nein.«
Ich gehe zur Kommode, um meine Zigaretten zu holen, und zünde mir eine an.
»Ich nehme ihnen die Angst und schenke ihnen die Zeit. Meine Mädchen sind ein sicheres Ja, willig und wohlgefällig. Lächelnde Inseln, die keinen Namen haben und sich an keinen Namen erinnern.«
Ich blase den Rauch in den Raum. Er verbindet sich mit den Worten, die aus derselben Substanz bestehen.
»Manchmal haben diese Männer eine Frau, die sie nicht mehr lieben oder von der sie nicht mehr geliebt werden. Sie haben Kinder, die sie sehen, wenn sie es schaffen. Ihre Familie ist schwach, aber gut geschützt durch einen Panzer aus Geld.«
Schließlich zaubere ich mein kleines, ungeduldiges Kaninchen aus dem Zylinder.
»Aber jeder Panzer hat einen Riss. Ich erkenne ihn, erweitere ihn zu einem Spalt und schließlich zu einer offenen Tür.«
Ich setze mich wieder hin. Sie überrascht mich mit einem Themenwechsel.
»Auf Spanisch heißt ›bravo‹ mutig.«
»Ich weiß.«
»Bist du das?«
Ich denke an eine Grube, die ich ausgehoben, aber nicht benutzt habe. An meine Gefühle in jenem Moment. Mein Lächeln gilt nicht ihr, sondern mir selbst.
»Man braucht nicht viel Mut für das, was ich mache. Es ist nichts, auf das man besonders stolz sein könnte. Was mich antreibt, ist das bescheidene Machtgefühl, das es mir verleiht.«
Wir schauen uns an und wenden den Blick dann wieder ab, synchron wie zwei Balletttänzer. Eine Weile schweigen wir. Jeder hängt seinen Gedanken nach, die das Gespräch in ihm ausgelöst hat.
Ihre Stimme holt uns schließlich in den Alltag zurück.
»Darf ich duschen?«
»Natürlich. Hier liegen übrigens noch ein paar Sachen von einer Freundin herum, falls du möchtest. Sie hat sie hiergelassen, als sie sich für eine Verabredung umgezogen hat. Ich habe die Sachen in die Reinigung gebracht, aber sie hat sie nie abgeholt. Es müsste deine Größe sein. Sie sind im Wandschrank hinten im Flur.«
Sie steht auf, und mir tut es leid, sie gehen zu sehen. Ich stelle mir ihren Körper unter ihrem billigen Kleid vor. Dann fallen mir Daytonas Worte bei der Rückfahrt von der Spielhölle in Opera wieder ein.
Großartige Sache. Ein Wahnsinnskörper. Zwei überirdisch schöne Birnen, und ein Arsch, der für sich spricht …
Sie geht zwei Schritte auf den Flur zu, dann dreht sie sich um.
»Kommst du mit? Ich nehme an, du musst prüfen, was du ins Angebot aufnimmst.«
Ich bleibe auf meinem Stuhl sitzen und schaue sie an. In mir regt sich etwas. Irgendetwas, das in mir wühlt und nach einem Ausgang sucht, den es nur finden wird, wenn es mich tötet. In meinem Fall ist Wut das einzige Ventil für Verlangen. Ich möchte ihr wehtun, aber ich kann es nicht. Alles, was ich ihr mitgeben kann, ist ein kleiner Seitenhieb, mit dem ich sie daran erinnere, dass sie aus meiner Sicht bereits eine Hure ist.
»Das ist nicht nötig. Mein Freund hat mich, was dich betrifft, schon mit den besten Referenzen versorgt.«
Sie begreift und nickt. Dann dreht sie sich um, verschwindet im Flur und lässt mich alleine. Leider verschwindet damit nicht, was sie in mir ausgelöst hat. Es bleibt in mir zurück und wühlt und raubt mir die Luft zum Atmen.
Ich stecke mir eine weitere Zigarette an.
Dann rufe ich die Zentrale von Eurocheck an. Man teilt mir mit, dass ich die 02 212121 anrufen soll, kein Name. Die Nummer kenne ich, und ich weiß, dass es keine Telefonnummer ist. Es ist eher eine Ankündigung, eine Art Nachricht. Und in meinem Kopf kann ich jede der Ziffern durch ein Dollarzeichen ersetzen.
Ich wähle eine Nummer, die ich auswendig kenne. Es gibt keinen Eintrag im Telefonbuch, kein Zettelchen, keine Notiz. Nichts, was man lesen könnte. Sie ist am besten im Gedächtnis
Weitere Kostenlose Bücher