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Der Frauenhaendler

Der Frauenhaendler

Titel: Der Frauenhaendler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giogio Faletti
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kann jede Verlegenheit überwinden. Der unbehagliche Moment geht vorbei, und Carla gibt ihm die Hand. Er hält sie länger fest als nötig.
    »Schöne Haut, Carla. Wenn sie am ganzen Körper so ist, dann ist dein Freund ein wahrer Glückspilz.«
    Carla lacht. Ich sehe, dass Lucio sich über seinen kleinen Erfolg freut. Mir kann es nur recht sein. Wir sind drei Personen, die das Meer zu verschlingen droht, und der Treppenabsatz ist unser Floß. Ich denke, dass wir das jeder auf seine Weise auch wissen.
    Und jeder trotzt dem Wind mit den wenigen, zerfetzten Segeln, die ihm noch bleiben.
    Lucio wendet sich an mich, der Blick ein wenig in der Achse verschoben. Er sieht verschmitzt aus.
    »Ich habe auch eins für dich. Ein kniffliges.«
    »Schieß los.«
    »Vollkommen ungehemmte Vorstellungskraft, 8 – 11, 10. Als kleine Hilfe möchte ich dir noch mitgeben, dass man das erste Wort auch in Anführungszeichen setzen könnte.«
    Ich wiederhole es leise, um mir alles einzuprägen. Wenn mein Freund sagt, dass es knifflig ist, besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass er Recht hat. Immerhin hat er nicht ›äußerst knifflig‹ gesagt, was mich dann doch ein wenig beruhigt.
    Dann klopfe ich ihm zum Zeichen des Abschieds auf den Arm.
    »Ciao, Lucio. Ich fürchte, wir müssen gehen.«
    Er tut so, als wäre er beleidigt, und verlegt sich aufs Melodramatische.
    »Okay. Lasst mich alleine in meinem Schmerz, ohne mir auch nur ein Rätsel mitzugeben.«
    Ich steige langsam die Treppe hinunter und necke ihn.
    »Aber ich habe doch ein Rätsel für dich.«
    »Und das wäre?«
    »Warum möchtest du unbedingt Musiker sein, wo du doch keinerlei Talent hast?«
    Seine Worte erreichen mich, als ich schon auf dem nächsten Treppenabsatz bin.
    »Bravo, du bist so feinfühlig wie ein Seeigel in der Unterhose und hörst Musik wie Beethoven gegen Ende seines Lebens. Carla …«
    Die ist bereits ein paar Stufen vor mir, bleibt aber stehen, als sie ihren Namen hört. Sie hebt ihren Kopf in Richtung der Stimme, die aus dem Treppenhaus zu ihr dringt.
    »Ja?«
    »Solltest du dich heute Abend davon überzeugen wollen, dass Bravo ein Kulturbanause ist, sag ihm, er soll mit dir ins Byblos in Brera gehen. Da trete ich nämlich auf.«
    Carla begreift sofort und spielt mit.
    »Das werde ich mir um nichts in der Welt entgehen lassen. Falls nötig, werde ich ihn mit der Waffe dazu zwingen.«
    »Sehr gut. Mein Gefühl sagt mir, dass du davon mehr als eine besitzt.«
    Carla scheint der Schlagabtausch mit Lucio zu gefallen. Ihm auch. Ich erlebe es jeden Tag, daher ist es für mich nichts Besonderes mehr, sondern lediglich ein kleines alltägliches Vergnügen. Durch die Glastür treten wir nach draußen, wo Autos parken und Kinder spielen. Manche haben ungewöhnliche Namen wie Richard oder Elisabeth, gepaart mit derart italienischen Nachnamen, dass fremdländische Assoziationen im Keim erstickt werden. Menschen beiderlei Geschlechts mustern uns mit der Neugierde derer, die nichts wissen, aber liebend gerne etwas wissen würden.
    Offenbar hat Carla alles auf den ersten Blick erfasst.
    »Du wirst in dieser Gegend nicht viele Kontakte haben, nehme ich an.«
    »Das muss ich zugeben.«
    Wir biegen um die Ecke, gehen zum Tor und lassen das Getuschel im Quartiere Tessera hinter uns.
    »Bravo, was hat das zu bedeuten mit der animalischen Rast und dem Hasen? Und dieser andere Satz, dieses Krypto…«
    Sie stockt. Ich eile zu Hilfe und beende das Wort für sie.
    »Kryptogramm.«
    Während wir zum Wagen gehen, erzähle ich ihr von Lucios und meiner Gewohnheit, uns wechselseitig Rätsel aufzugeben. Ich erkläre ihr die verschiedenen Formen von Kryptogrammen und den Lösungsmechanismus für diese Art von Rätseln. Sie hört aufmerksam zu. Vielleicht versucht sie, sich meine Erklärungen einzuprägen.
    Unterdessen sind wir eingestiegen, und ich lasse den Motor an.
    »Wie lautet das Rätsel, das er dir soeben aufgegeben hat?«
    »Vollkommen ungehemmte Vorstellungskraft, 8 – 11, 10. Die Lösung ist eine Wendung mit drei Wörtern, die aus acht, elf beziehungsweise zehn Buchstaben bestehen. Zwischen den ersten beiden Wörtern befindet sich ein Gedankenstrich. Vor allem aber muss die Wendung eine doppelte Bedeutung haben.«
    Sie wirkt jetzt nachdenklich und schaut in der Gegend herum, während ich in Richtung Mailand auf die Vigevanese fahre. Das Sonnenlicht hat das Aussehen der Häuser, der Fabrikhallen und der Menschen verändert. Die erloschenen Laternen sind nun

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