Der Frauenhaendler
Fremdkörper. Es herrscht Verkehr, und es herrscht Leben, das ich gestern Abend, als ich diese Straße neben dem Mann mit der Pistole in der Hand in die entgegengesetzte Richtung fuhr, verlieren zu müssen glaubte. Ich war davon überzeugt, dass es meine letzte Reise sein würde.
Drei Schüsse haben gereicht, um alles zu verändern.
pfft … pfft … pfft …
Der Klang der Belanglosigkeit, drei Flügelschläge, die dennoch das Universum auf den Kopf gestellt haben. Hier bin ich, lebe, atme, fahre Auto und sitze neben einem Mädchen, das mit nichts weiter bewaffnet ist als mit seiner Entschlossenheit. Ein anderer hat das Ende genommen, das mir vorbehalten war, möge er in der Hölle schmoren. Bliebe nur, den Grund zu erfahren. Das ist das Kryptogramm, das ich eigentlich lösen möchte. Leider habe ich weder eine Umschreibung noch die Anzahl der Buchstaben, wenn man nicht mors tua vita mea als Universallösung auffassen möchte.
»Wohin fahren wir?«
»Wir machen einen Ausflug ins Reich der Feen. Und besorgen uns einen Zauber, der nicht um Mitternacht seine Kraft verliert.«
Ich lächele sie an, verschwörerisch und geheimnisvoll. Das denke ich zumindest. Carla gegenüber verliere ich viele meiner Gewissheiten. Sie will gerade etwas antworten, als sich an meinem Gürtel der Piepser zu Wort meldet.
Etwa hundert Meter weiter bremse ich ab und halte neben einer Telefonzelle. Carla sagt nichts und schaut weiter in der Gegend herum. Vielleicht fragt sie sich, was für ein Zauber die Welt um sie herum verwandeln könnte.
»Ich muss ein Telefonat erledigen.«
Nachdem ich eine Erklärung abgegeben hatte, um die ich nicht gebeten worden war, steige ich aus. In der Telefonzelle stecke ich die Münze in den Schlitz, der sie sich mit seinem metallenen Schlund einverleibt. Ich wähle die vertrauenswürdige Nummer. Man sagt mir, dass Laura mich zu erreichen versucht hat.
Ausgerechnet sie. Hure in fabula .
Ich stecke eine weitere Telefonmünze in den Schlitz. Sie scheint mir in Zeitlupe herabzufallen, gemessen an der Wut, die ich innerlich verspüre. Die Nummer hacke ich in den Apparat. Laura meldet sich fast sofort.
»Hallo.«
»Hier ist Bravo. Und?«
»Und was?«
Die Unangemessenheit der Antwort treibt mich zur Weißglut, und so wähle ich deutliche Worte.
»Sag mal, du Idiotin, hast du den Verstand verloren? Solltest du nicht heute Morgen um neun im Gallia sein? Warum warst du nicht da? Wie ein Volltrottel stehe ich jetzt da vor diesem Typen, der eine Goldmine für mich hätte sein können.«
Sie macht eine Pause und weiß nicht, was sie sagen soll. Dann beschließt sie, dass sie es mir, was immer es ist, nur persönlich mitteilen will.
»Bravo, wir müssen uns sehen.«
Ihr ruhiger Tonfall kann mich nicht besänftigen. Nicht nach dem, was geschehen ist.
»Das denke ich auch, dass wir uns sehen müssen. Jetzt sofort. Und es wäre besser, wenn du eine verdammt gute Erklärung parat hast.«
»Wo?«
»Ich komme zu dir nach Hause.«
Eine Pause. Dann eine Stimme mit einer Spur Angst darin.
»Bravo, woanders wäre mir lieber.«
Ich würde diese Idiotin auf der Stelle zum Teufel schicken, aber das geht nicht. Noch nicht, zumindest. Neben Cindy und Barbara ist Laura eines der Mädchen, für die Bonifaci neun Millionen hinlegen wird.
Nachdem ich tief durchgeatmet habe, fahre ich fort.
»Ich bin auf dem Weg zu Alex, dem Friseur am Hauptbahnhof. Kennst du den?«
»Der von Jean Louis David?«
»Ja.«
»Natürlich kenne ich den.«
»Das ist nicht weit von dir. Daneben ist eine Bar. Ich warte drinnen auf dich. In zwanzig Minuten.«
»Okay. Ich komme.«
Ich kehre zum Wagen zurück, steige ein und knalle die Tür ein bisschen lauter zu als normal. Carla schaut mich an und erkennt an meiner Miene, dass etwas meine Laune getrübt hat.
»Stimmt was nicht?«
»Nichts, was sich nicht mit einem kräftigen Arschtritt beheben ließe.«
Ich fahre los und fädele mich wieder in den Verkehr ein. Carla beschließt, dass ich mich am besten abregen kann, wenn sie einfach schweigt. Das spricht für sie und lässt sie in meiner Achtung steigen.
Die Sache mit Laura macht mich stinksauer. In meinem Verhältnis zu den Mädchen hat es nie Zwang oder Gezanke gegeben, ausschließlich Klarheit. Sie arbeiten für mich aus eigenem Antrieb und in aller Freiheit, aber diese Freiheit darf nicht dazu führen, dass sie mich verarschen. In diesem Fall habe ich gegeben und nichts bekommen. Das Spiel ist nicht mehr fair. Vielleicht hatte die
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