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Der Frauenhaendler

Der Frauenhaendler

Titel: Der Frauenhaendler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giogio Faletti
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mehr viele Gäste da. Männer und Frauen mit Managergehabe, die ihrem Zeitplan hinterherhängen und sich einen Kaffee oder einen Snack gönnen.
    Die Kellnerin lässt sich Zeit, bevor sie mich ihrer Aufmerksamkeit würdigt, die ebenso dürftig ist wie ihre Reize. Ich habe meinen Kaffee getrunken und bin schon bei der zweiten Zigarette, als Laura erscheint. Bei ihrem Eintreten herrscht ein Moment Stille, kaum wahrnehmbar, aber doch deutlich. Sie ist unprätentiös gekleidet: Jeans, Bluse, dieselbe Jacke wie gestern. Trotzdem ist sie wunderschön und lädt dazu ein, ihr mit den Augen und der Fantasie zu folgen. Ihr gelten die neidischen Blicke der wenigen anwesenden Damen, mir die neidischen Blicke der Herren. Ich könnte aufstehen und die Angelegenheit mit wenigen Worten klären. Wenn ihr sie mögt, wollt und euch leisten könnt, kein Problem. Ich verkaufe sie.
    Stattdessen bleibe ich sitzen und beobachte, wie Laura den Stuhl gegenüber zurückzieht.
    »Ciao, Bravo.«
    Ich lasse sie nicht einmal Platz nehmen, bevor ich sie anfahre.
    »Und? Und sag nicht noch mal ›Und was?‹, sonst kipp ich dir Säure ins Gesicht.«
    Sie nimmt die dunkle Brille ab. Ihre Augen tragen die Zeichen einer Nacht mit wenig Schlaf. Mir ist scheißegal, ob das so ist, weil sie geweint hat oder weil sie gefickt hat. Für mich war nur von Interesse, dass sie an diesem Morgen fickt, und das hat sie nicht getan.
    »Hast du heute Mittag keine Nachrichten gesehen?«
    »Nein. Hätte ich das tun sollen?«
    Sie senkt ein wenig die Stimme.
    »Die Tulpe wurde tot aufgefunden, in der Nähe einer Grube bei Trezzano. Drei Pistolenschüsse …«
    Sie beendet den Satz nicht und schaut mich an. Ich erkenne die Frage, die in ihren Augen lauert, und bekomme im selben Moment Lust, den Tisch umzuschmeißen, direkt auf sie drauf. Jetzt begreife ich auch, warum sie nicht wollte, dass wir uns bei ihr treffen.
    Sie hat Angst vor mir.
    »Laura, bist du verrückt geworden? Denkst du, ich sei das gewesen?«
    »Du hast gesagt, du würdest das mit ihm regeln. Und heute Morgen hat man seine Leiche gefunden. Was soll ich denn da denken?«
    »Hast du mit irgendjemandem darüber gesprochen?«
    »Nein.«
    »Aha, gut. Tu das auch nicht. Ich habe die Angelegenheit zwischen dir und Menno geregelt, indem ich eine Vereinbarung mit jemandem getroffen habe, der ihn dazu bringt, dich nicht mehr zu belästigen. Finanziell habe ich sogar noch draufgezahlt. Das ist alles. Ich wusste nicht einmal, dass er umgebracht wurde.«
    Die Lüge kommt ganz leicht daher, ein gedämpfter Klang.
    pfft … pfft … pfft …
    Laura glaubt mir und wirkt erleichtert. Ich erhöhe die Dosis.
    »Wir kennen uns nun schon ziemlich lange und haben ein paar schöne Jobs miteinander erledigt. Komm ich dir vor wie jemand, der in der Gegend herumläuft und Leute erschießt? Hast du mich je mit einer Waffe gesehen?«
    Laura scheint vollkommen beruhigt. Jetzt ist es an ihr, sich zu verteidigen.
    »Nein, sicher. Aber versetz dich doch mal in meine Lage. Als ich diesen Bericht im Fernsehen sah, habe ich …«
    Aber das ist noch nicht alles. Da gibt es noch eine andere Sache, wegen der sie sich verteidigen muss.
    »Den Bericht hast du heute Mittag gesehen. Die Verabredung im Gallia hattest du um neun. Der Tod der Tulpe kann also nichts mit deiner Entscheidung zu tun haben, dort nicht aufzukreuzen.«
    Laura senkt den Blick. Als sie die Augen wieder hebt, stauen sich darin die Tränen. Ein paar Sekunden ist sie still, als würde sie nach den geeigneten Worten suchen. Die, die sie dann findet, überraschen mich.
    »Bravo, ich bin sechsundzwanzig und eine Nutte.«
    Mit einer Handbewegung unterbindet sie jeden möglichen Versuch, etwas zu erwidern.
    »Du kannst mich nennen, wie du willst. Es gibt viele Wörter, die es weniger brutal klingen lassen. Hostess, Escort Lady, Begleitdame. Das ändert aber nichts an der Sache. Ich bin und bleibe eine Nutte. Und mit der Zeit werde ich eine alte Nutte sein. So möchte ich mein Leben nicht beschließen.«
    Ich beende diese Reise, die in Windeseile auf die Straße nach Damaskus führt.
    »Hat das irgendetwas mit diesem Kabarettisten zu tun, Giorgio Fieschi?«
    Der Name schlägt ein wie eine Bombe, die ihr Ziel zerstört. Laura zieht die Nase hoch und sucht in ihrer Tasche nach einem Taschentuch. Sie schnäuzt sich und hat auf diese Weise einen Grund, mich nicht anzuschauen.
    »Ja, hat es.«
    Nein, Laura, ich bitte dich. Spiel jetzt nicht die Rolle der verführten und erlösten Nutte.

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