Der Frauenhaendler
etwas kürzer geschnitten sind, rahmen ein Gesicht ein, das nunmehr zum einzig möglichen Sitz für diese Augen geworden ist. Ihr Blick weckt das Verlangen, das Zauberwort zu kennen, mit dem man in die Welt dahinter gelangt. Ich schaue sie an und habe das Gefühl zu fliegen, nur dass mein Segelflugzeug in eine Atmosphäre mit lauter Luftlöchern katapultiert wurde. Zu viele Dinge gehen mir durch den Kopf, und alle gleichzeitig. Bis ich beschließe, meine Aufmerksamkeit auf ein einziges zu lenken: das einfachste, das sicherste und das niederträchtigste. Es ist zugleich eine Flucht und die Lösung eines Problems. Mir wird klar, dass ich die Frau gefunden habe, die Laura bei der morgigen Verabredung ersetzen wird.
Kapitel 9
Ich weiß nicht, was ich damit anfangen werde, aber den heutigen Tag werde ich sicher in bleibender Erinnerung behalten. Das denke ich auch jetzt wieder, als wir mit Tüten und Päckchen beladen Bargagli verlassen. In Carla leuchtet ein Licht, das sich der Welt mitteilt. Sie ist wunderschön und aufgeregt. Und aufregend, den Blicken der Leute nach zu urteilen. Die Blicke der Männer, mit denen sie ihr das Kleid vom Leib reißen, das ich ihr soeben gekauft habe, sind voller Versprechen für jetzt und für die Zukunft. In einem solchen Fall ist das, was man in den Augen der Männer liest, der Gradmesser für das Potential einer Frau. Das habe ich vor wenigen Stunden noch einmal gemerkt, als Laura die Bar betrat. Und jetzt ist es dasselbe mit Carla, falls weitere Bestätigung nötig sein sollte. Was mich betrifft, beobachte ich von außen, wie ich mich bewege, wie ich rede, was ich mache. Wieder bin ich unsicher und weiß nicht, was ich von dieser Frau zu erwarten habe, die jetzt an meiner Seite den Corso Vittorio Emanuele entlangläuft und einen Duft verströmt, der alles auslöscht, was sie einmal war. Und auch, was ich einmal war.
Carla wendet sich mir zu und schaut mich an, mit diesen Augen, die eine Anstiftung zum Verbrechen sind.
»Ich fühle mich wirklich wie Aschenputtel.«
»Jetzt nicht mehr. Jetzt bist du auf dem Ball des Prinzen.«
Ich habe noch nicht klargestellt, dass die Fee eigentlich ein Hurensohn ist, dass der Ball des Prinzen abgesagt wurde und sie sich stattdessen in eine Luxusvilla in Lesmo begeben wird, um ganz andere Tänze zu tanzen. Aber letztlich hat sie mich ja selbst darum gebeten, die zu sein, die sie ist, und das zu tun, was sie tun wird, auch wenn ich ein leises Unbehagen immer noch nicht abzuschütteln vermag.
An bestimmte Brüche bin ich nicht gewöhnt. Ich bin für glatte Schnitte.
Das selbstironische Pathos, das Lucio gefallen würde, entlockt mir ein Lächeln. Carla denkt, es gelte ihr. Sie lächelt zurück und trifft mich direkt ins Herz.
»Du hast einen Haufen Geld ausgegeben für alle diese Geschenke.«
Um heil und wohlbehalten wieder nach Hause zu kommen, muss ich etwas klarstellen, das uns beide auf den Boden der Tatsachen zurückholen wird.
»Für gewöhnlich mache ich keine Geschenke. Das ist ein Vorschuss auf das, was du künftig an Gratifikationen einbringen wirst.«
Carla schaut mich überrascht an, dann bricht sie in Lachen aus.
»Gratifi… was?«
»Einnahmen, soll das heißen.«
»Aber wie redest du denn, Herr Professor? Da fühle ich mich ja total dumm. Vielleicht sollte ich mal eins deiner Bücher lesen.«
Am liebsten würde ich ihr erklären, dass Bücher eigentlich ein Fluch sind. Die Optimisten sind überzeugt davon, dass man, indem man Bücher liest, seine Unwissenheit bekämpft. Die Realisten dagegen sind sicher, dass man dabei nur den ständigen Beweis für seine Unwissenheit erhält. Das Ausmaß des Nichtwissens ist das eigentliche Unterscheidungsmerkmal zwischen den Menschen. Alter, Geld, Aussehen zählen nicht. Das ist der ganze Unterschied.
Im Leben zählt, wie viele Dinge du weißt.
Der Piepser unterbricht jede lehrerhafte Anwandlung und macht mich darauf aufmerksam, dass ich ein Telefonat zu tätigen habe. Ich überlasse Carla der Betrachtung der Schaufenster, gehe zu einer Telefonzelle, werfe eine Münze ein und wähle die Nummer des Telefondienstes.
Im Gegenzug erhalte ich eine andere, ohne Namen. Als ich dort anrufe, meldet sich eine unpersönliche, gleichgültige Stimme. Im Hintergrund höre ich den unbestimmten Lärm von Geschirr und geballter Menschheit.
»Bar La Torre.«
»Hier ist Bravo. Man hat mich gebeten, diese Nummer anzurufen.«
»Warten Sie.«
Das Geräusch, wie ein Hörer irgendwo abgelegt
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