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Der Frauenheld

Der Frauenheld

Titel: Der Frauenheld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
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der man ihn vorläufig zu warten gebeten hatte, war er neben Josephine auf die schmale Straße hinausgetreten, auf die durch die hohen Maschendrahtfenster der Gendarmerie gelbes Licht fiel. Die Straße wurde von einer Anzahl junger Polizisten in kugelsicheren Westen bewacht, die kurze Maschinenpistolen in Schulterhalftern trugen und Austin und Josephine gelassen beobachteten, als sie am Straßenrand stehenblieben, um sich voneinander zu verabschieden.
    »Ich habe in jeder Hinsicht die Schuld an dieser Sache«, sagte Austin. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie leid es mir tut. Es gibt keine Worte, die das vernünftig ausdrücken könnten, denke ich.«
    »Du hast die Schuld«, sagte Josephine und sah ihm konzentriert ins Gesicht. Nach einem Moment sagte sie: »Es ist kein Spiel. Weißt du? Vielleicht ist es für dich ein Spiel.«
    »Nein, das ist es wirklich nicht«, sagte Austin niedergeschlagen, während er vor den Augen all der jungen Polizisten in der kühlen Abendluft dastand. »Ich denke, ich hatte eine Menge Pläne.«
    »Pläne wofür?« sagte Josephine. Sie trug den schwarzen Crêpe-Rock, den sie an dem Tag angehabt hatte, als er sie kennenlernte, vor einer Woche. Sie sah wieder anziehend aus. »Nicht für mich! Du hast keine Pläne für mich. Ich will dich nicht. Ich will überhaupt keinen Mann mehr.« Sie schüttelte den Kopf, verschränkte entschlossen die Arme und sah weg, ihre dunklen Augen glänzten in der Nacht. Sie war sehr, sehr wütend. Möglicherweise, dachte er, war sie wütend auf sich selbst. »Du bist ein Narr«, sagte sie, und sie spuckte aus Versehen, als sie das sagte. »Ich hasse dich. Du verstehst überhaupt nichts. Du weißt nicht, wer du bist.« Sie sah ihn bitter an. »Wer bist du?« sagte sie. »Wer glaubst du zu sein? Du bist nichts.«
    »Ich verstehe«, sagte Austin. »Es tut mir leid. Dies alles tut mir leid. Ich sorge dafür, daß du mich nie wiedersehen mußt.«
    Josephine lächelte ihn an, ein grausames, souveränes Lächeln. »Das ist mir egal«, sagte sie und zuckte auf die Art mit den Schultern, wie Austin es nicht leiden konnte, die Art, wie Französinnen es taten, wenn sie eine Sache als wahr ausgeben wollten, die sich vielleicht ganz anders verhielt. »Es ist mir egal, was mit dir wird. Du bist tot. Ich sehe dich nicht.« Sie drehte sich um und ging den Bürgersteig entlang, an der gendarmerie und an den jungen Polizisten vorbei, die sie gleichgültig musterten. Sie blickten sich nach Austin um, der allein im Licht dastand, wo er seinem Gefühl nach bleiben sollte, bis sie aus dem Blickfeld verschwunden war. Einer der Polizisten sagte etwas zu seinem Kollegen neben ihm, und der Mann pfiff einen einzelnen langen Ton in die Nacht. Dann drehten sie sich um und blickten in die andere Richtung.
    In den folgenden Tagen hatte Austin Angst, eine beinahe erdrückende Angst, die ihm in seiner kleinen schlüpfrigen Wohnung an der rue Bonaparte den Schlaf raubte, die Angst nämlich, daß Barbara bald sterben würde, eine Angst, der am nächsten Tag das Gefühl folgte, daß sie bereits gestorben war, und dann, daß etwas Wichtiges in seinem Leben, das er nicht anders als durch ihr Sterben erkennen konnte, verlorengegangen war, vernichtet, und zwar durch sein eigenes Verschulden, aber auch durch das Schicksal. Was war dieses Etwas, fragte er sich, als er mitten in der Nacht wach lag? Es war nicht Barbara selbst. Sie lebte und war auf Erden, und er konnte wieder mit ihr zusammenkommen, wenn er es versuchen wollte und auch sie dazu bereit war. Aber er hatte etwas verloren, und was immer es war, sie repräsentierte es, und er hatte das Gefühl, wenn er es genauer bezeichnen könnte, dann konnte er vielleicht damit beginnen, die Dinge wieder in den Griff zu bekommen, klarer zu sehen, konnte sogar wieder mit ihr sprechen. In einem gewissen Sinne, sich selbst repatriieren.
    Aber nicht zu wissen, was dieses Etwas war, bedeutete sogar, daß er die Kontrolle über sich verloren hatte, sagte vielleicht etwas noch Schlimmeres über ihn aus. Und in jenen folgenden Tagen betrachtete er sein Leben einzig unter dem Gesichtspunkt dessen, was mit ihm nicht stimmte, im Lichte seines Problems, seines Versagens – vor allem als Ehemann; seines Unglücks, seines Ruins, den er ungeschehen machen wollte. Er erkannte nun noch klarer, daß er sich immer an Barbara orientiert hatte, alles, was er je getan oder angenommen oder gedacht hatte, war auf Barbara bezogen, und daß alles, was er jetzt zu tun hoffte, auf

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