Der Frauenkrieg
meiner Gegenwart, die, wie ich wohl begreife, Eurer Hoheit verhaßt sein muß.«
»Aber, mein Herr, dann vollzieht Ihr Eure Befehle nicht.«
»Ich werde tun, was mich mein Gewissen tun heißt.«
»Herr von Canolles,« sagte die Stimme, »ich schwöre Euch, Chantilly nicht zu verlassen, ohne Euch zuvor davon in Kenntnis zu setzen.«
»Dann, Madame,« sagte Canolles, sich bis zur Erde verbeugend, »dann verzeiht mir, daß ich die unwillkürliche Ursache Eures Zornes gewesen bin. Eure Hoheit wird mich nur wiedersehen, wenn sie mich rufen läßt.«
»Ich danke Euch, Baron,« sagte die Stimme mit einem freudigen Ausdrucke, der sein Echo in dem Bettgange zu haben schien. »Geht, geht, ich danke Euch; morgen werde ich das Vergnügen haben, Euch wiederzusehen.«
Diesmal erkannte der Baron die Stimme, die Augen und das unbeschreibliche wollüstige Lächeln des reizenden Wesens, das ihm an dem Abend, wo der unbekannte Reiter ihm den Befehl des Herzogs von Epernon überbracht hatte, gleichsam durch die Hände geschlüpft war.
Canolles wußte alles, was er wissen, wollte; er verbeugte sich daher mit derselben Ehrfurcht, als glaubte er sich von einer Prinzessin zu verabschieden, und begab sich in sein Gemach.
Zwölftes Kapitel
Canolles hatte keinen festen Entschluß gefaßt. Als er in die für ihn bestimmte Wohnung zurückkehrte, begann er, nach der Gewohnheit unentschiedener Leute, rasch auf und ab zu gehen und die Lage zu überdenken. Er konnte aber zu keinem klaren Entschlusse kommen, bis ihn der Anblick seines Dieners blitzähnlich auf einen Gedanken brachte. Castorin war gekommen, seinem Herrn mitzuteilen, er werde nicht länger in seinem Dienst bleiben, sondern, von Herrn Pompée angeworben, in den der Prinzessin treten, sobald der Baron von Canolles ihn frei gebe. Dieser erklärte sich völlig einverstanden, und sagte: »Wohl, ich gebe dir die Freiheit morgen früh.«
»Und von jetzt bis morgen früh?« – »Bist du immer noch mein Lakai und mußt mir gehorchen.«
»Gern! Und was befiehlt der gnädige Herr?« – »Ich befehle dir, daß du dich auskleidest und dich in mein Bett legst.«
»Wie? was sagt der gnädige Herr? Ich begreife nicht.«
»Du brauchst nicht zu begreifen, sondern nur zu gehorchen. Kleide dich aus, ich will dir helfen,«
»Wie? der gnädige Herr will mir helfen?« – »Allerdings, da du die Rolle des Chevalier von Canolles spielen sollst, muß ich wohl die von Castorin spielen.«
Und ohne die Erlaubnis seines Lakaien abzuwarten, nahm ihm der Baron seinen Rock ab, den er anzog, seinen Hut, den er auf den Kopf setzte, schloß ihn, ehe jener von seinem Erstaunen sich erholt hatte, doppelt ein und ging rasch die Treppe hinab.
Canolles begann endlich klar in diesem ganzen Geheimnis zu sehen, obgleich ein Teil der Ereignisse für ihn noch in eine Wolke gehüllt blieb. Die Verbindung zwischen Pompée und dem Vicomte von Cambes erhellte viele Zweifel. Was von diesen bei Canolles noch übrig blieb, zerstreute sich vollends, als er, kaum in den Hof getreten, trotz der tiefen Finsternis der Nacht vier Männer einherschreiten und durch dieselbe Tür, durch die er hinausgegangen war, eben treten sah; diesen vier Männern ging derselbe Kammerdiener voran, der ihn bei den Prinzessinnen eingeführt hatte. Ein anderer Mann folgte, in seinen Mantel gehüllt.
Auf der Türschwelle blieben die Leute, die Befehle des Mannes im Mantel erwartend, still stehen.
»Ihr wißt, wo er wohnt,« sagte dieser mit gebieterischem Tone, sich an den Kammerdiener wendend; »Ihr kennt ihn, da Ihr ihn geführt habt. Überwacht ihn so, daß er nicht hinaus kann. Stellt Eure Leute auf der Treppe, im Gange, gleichviel wo Ihr wollt, auf, wenn er nur, ohne etwas zu vermuten, selbst bewacht ist, statt Ihre Hoheiten zu bewachen.«
Canolles machte sich unbemerkbar wie eine Vision in eine Ecke, wohin die Nacht ihren dichtesten Schatten warf; von hier aus sah er, ohne bemerkt zu werden, die vier Männer, die man ihm zu Wächtern gab, unter dem Gewölbe verschwinden, während der Mann im Mantel, nachdem er sich versichert hatte, daß seine Befehle ausgeführt wurden, den Weg wieder einschlug, auf dem er gekommen war.
»Das gibt noch keine Klarheit,« sagte Canolles, ihm mit den Augen folgend, »denn der Ärger kann sie veranlassen, mir gleiches mit gleichem zu vergelten; wenn nur dieser Castorin nicht ruft, schreit oder irgend eine Dummheit begeht! ... Ich habe unrecht gehabt, ihn nicht zu knebeln. Leider ist es jetzt zu
Weitere Kostenlose Bücher