Der Frauenkrieg
der Freundschaft, die zwischen Ihrer Majestät der Königin und dem Hause Condé herrscht; es finden sich Beweise vom Gegenteil in den Kerkern von Vincennes. Doch zur Sache, mein Herr, was wollt Ihr?«
»Ich will nichts, Madame,« sagte Canolles, sich hoch aufrichtend. »Ihre Majestät die Königin will, daß ich in dieses Schloß dringe, daß ich, so unwürdig ich auch dieser Ehre bin, Eurer Hoheit Gesellschaft leiste und, soviel in meinen Kräften steht, dazu beitrage, die gute Eintracht zwischen den Prinzen des königlichen Geblüts wiederherzustellen, die sich ohne Grund in einer so schmerzlichen Zeit entzweit haben.«
»Ohne Grund!« rief die Prinzessin, »Ihr behauptet, unser Bruch habe keinen Grund?«
»Vergebt, Madame,« versetzte Canolles, »ich behaupte nichts, ich bin nicht Richter, ich bin nur Dolmetscher.«
»Und mittlerweile, bis sich diese Eintracht wiederherstellt, läßt mich die Königin bespähen unter dem Vorwand ...«
»Also bin ich ein Späher!« sagte Canolles mit bitterem Tone, »das Wort ist heraus! Ich danke Eurer Hoheit für ihre Freimütigkeit. Wohl, Madame, wollt mich behandeln, wie man solche Elende behandelt; vergeßt, daß ich der Gesandte einer Königin bin, daß diese Königin für alle meine Handlungen verantwortlich ist, daß ich nur ein ihrem Hauche gehorchendes Atom bin. Laßt mich durch Eure Lakaien fortjagen, laßt mich durch Eure Edelleute töten, stellt mir Leute gegenüber, denen ich mit dem Stock oder mit dem Degen antworten kann; wollt aber nicht so grausam einen Offizier beleidigen, der zugleich seine Pflicht als Soldat und als Untertan erfüllt.«
Diese dem Herzen entspringenden Worte, schmerzlich wie ein Seufzer, scharf wie ein Vorwurf, mußten ihre Wirkung hervorbringen und brachten sie auch hervor. Als die Prinzessin sie gehört hatte, erhob sie sich, stützte sich auf den Ellenbogen und sagte mit leuchtendem Auge, zitternder Hand und angstvoller Gebärde zu dem Boten: »Es ist bei Gott entfernt nicht meine Absicht, einen so tapferen Edelmann, wie Ihr seid, zu beleidigen. Nein, Herr von Canolles, ich hege keinen Verdacht gegen Eure Rechtschaffenheit; rügt meine Worte, sie sind verletzend, ich gebe es zu, doch ich wollte Euch nicht verletzen; nein, nein, Ihr seid ein edler Kavalier, Herr Baron, und ich lasse Euch volle Gerechtigkeit widerfahren.«
Und da die Prinzessin ohne Zweifel fortgezogen durch die edelmütige Bewegung ihres Herzens, sich bei diesen Worten aus dem Schatten des Betthimmels, den die dicken Vorhänge bildeten, vorgebeugt hatte, da man ihre weiße Stirn unter der Haube, ihre in Flechten herabhängenden blonden Haare, ihre glühend roten Lippen, ihre feuchten, sanften Augen hatte sehen können, so bebte Canolles; denn es zog ihm vor seinen Augen wie eine Vision vorüber, und er glaubte abermals einen Wohlgeruch einzuatmen, der ihn schon in der Erinnerung berauschte. Es kam ihm vor, als öffnete sich eines jener goldenen Tore, durch die die Träume einziehen, um ihm den beflügelten Schwarm lachender Gedanken und lauterer Liebesfreuden zuzuführen. Sein Blick fiel sicherer und klarer auf das Bett der Prinzessin, und in dem kurzen Raum einer Sekunde, während des raschen Schimmers eines Blitzes, der die ganze Vergangenheit beleuchtete, erkannte er in der vor ihm liegenden Prinzessin den Vicomte von Cambes.
Seine Aufregung war seit einigen Augenblicken so groß, daß die falsche Prinzessin sie auf Rechnung des ärgerlichen Vorwurfes setzen konnte, der ihm so wehe getan hatte. Und da ihre Bewegung, wie gesagt, nur einen Moment gedauert hatte, da sie bemüht gewesen war, sogleich wieder in den Halbschatten zurückzukehren, ihre Augen abermals zu verschleiern, ihre weiße und zarte Hand rasch zu verbergen, so versuchte sie, nicht ohne eine gewisse innere Erschütterung, aber wenigstens ohne äußere Unruhe, das Gespräch wieder anzuknüpfen, wo sie es verlassen hatte.
»Ihr sagtet also, mein Herr?« sagte sie.
Doch Canolles war geblendet, bezaubert; die Visionen zogen vor seinen Augen hin und her; seine Gedanken wirbelten, er verlor das Gedächtnis, den Verstand; er war im Begriff, zu fragen. Ein einziger Instinkt, den Gott in das Herz der Liebenden gelegt hat, den die Frauen Schüchternheit nennen und der nur Geiz ist, riet Canolles, noch Verstellung zu üben, zu warten, seinen Traum nicht zu verlieren, nicht durch ein unkluges, zu schnell entfahrenes Wort das Glück seines ganzen Lebens zu gefährden.
Großer Gott! was sollte aus ihm werden,
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