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Der Frauenkrieg

Der Frauenkrieg

Titel: Der Frauenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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können; aber vergebens hielt er seinen Kopf fest an die Scheibe; es drang nur ein unverständliches Gesumme zu seinem Ohr. Er sah, wie die Prinzessin der jungen Frau eine Abschiedsgebärde machte, sie auf die Stirn küßte und ihr etwas empfahl, worüber alle Anwesenden lachten; hierauf kehrte die letztere in die Zeremonienzimmer mit einigen niedrigen Offizianten zurück, die Uniformen von höheren Offizieren anlegten. Dann begann links durch eine entgegengesetzte Türe geräuschlos das Gefolge der Prinzessin zu schreiten, die als erste mit der Haltung, nicht einer Flüchtigen, sondern einer Königin einherschritt. Hierauf kam der Stallmeister Vialas, der in seinen Armen den kleinen Herzog von Enghien, in einen Mantel eingewickelt, hielt. Lenet trug ein ziseliertes Kistchen und Papierstöße, und der Schloßhauptmann schloß den Zug, der durch zwei mit entblößten Degen einherschreitende Diener eröffnet wurde.
    Alle entfernten sich durch einen geheimen Gang; sogleich sprang Canolles von seinem Beobachtungsposten herab und lief nach dem Gewölbe, dessen Lichter mittlerweile ausgelöscht worden waren. Da sah er den ganzen Zug nach den Ställen sich bewegen; man wollte abreisen.
    In diesem Augenblick trat ihm der Gedanke an die Verpflichtungen, die ihm durch die Sendung der Königin auferlegt waren, wieder vor die Seele. Die Frau, die sich entfernen wollte, war der gepanzerte und bewaffnete Bürgerkrieg, der, wenn er sie entschlüpfen ließ, abermals Frankreich verwüstete. Er lief nach der den Park beherrschenden Terrasse und führte das silberne Pfeifchen an seine Lippen. Mit einem Schlage hätte er den kühnen Plan mit allen seinen Folgen vereitelt.
    Aber der junge Edelmann schlug dabei die Augen nach dem Gemache auf, wo unter roten Samtvorhängen sanft und schwermütig der Schimmer der Nachtlampe sichtbar war, die bei der falschen Prinzessin brannte, deren geliebten Schatten er unbestimmt zu erblicken glaubte.
    Alle Entschlüsse der Überlegung, alle Berechnungen der Selbstsucht verschwanden bei diesem sanften Lichtstrahl, wie bei dem ersten Schimmer des Tages alle Träume und alle Gespenster der Nacht verschwinden.
    »Mazarin,« sagte er voll Leidenschaft zu sich selbst, »Mazarin ist reich genug, daß er alle diese Prinzen und Prinzessinnen verlieren kann, aber ich bin nicht reich genug, daß ich den Schatz verlieren dürfte, der von nun an mir gehört, und den ich, eifersüchtig wie ein Drache, bewachen werde. Jetzt ist sie allein, in meiner Macht, von mir abhängig; zu jeder Stunde des Tags und der Nacht kann ich in ihr Gemach eintreten; sie wird nicht fliehen, ohne es mir zu sagen, denn ich habe ihr Wort erhalten. Was liegt mir daran, daß die Königin hintergangen ist und daß Mazarin wütend wird? Man hat mich beauftragt, die Prinzessin von Condé zu bewachen; ich bewache sie. Man hätte mir nur ihr Signalement geben oder einen geschickteren Spion als ich bin schicken sollen.«
    Canolles steckte sein Pfeifchen wieder in die Tasche und hörte, wie die Riegel klirrten, wie der entfernte Donner der Karossen über die Brücken des Parkes rollte und das abnehmende Geräusch eines Reiterzuges sich nach und nach verlor. Als alles, Vision und Lärm, verschwunden war, schlich er, ohne zu bedenken, daß er sein Leben gegen die Liebe einer Frau, das heißt gegen den Schatten des Glückes, eingesetzt hatte, in den zweiten öden Hof und stieg vorsichtig seine Treppe hinauf, die wie das Gewölbe in die tiefste Dunkelheit versenkt war.
    Aber wie behutsam er auch zu Werke ging, er konnte es nicht verhindern, daß er, als er in den Gang kam, an eine Person stieß, die an seiner Tür zu lauschen schien und einen dumpfen Angstschrei ausstieß.
    »Wer seid Ihr? wer seid Ihr?« fragte die Person mit ängstlichem Tone.
    »Ei, wer seid Ihr, der wie ein Spion an dieser Treppe umherschleicht?« entgegnete Canolles. »Ich bin Pompée.«
    »Der Intendant der Frau Prinzessin?« – »Ja, ja! der Intendant der Frau Prinzessin.«
    »Ah! das kommt vortrefflich!« sagte Canolles, »ich bin Castorin.«
    »Castorin, der Diener des Herrn Barons von Canolles?« – »Er selbst.«
    »Ah! mein lieber Castorin, ich wette, daß ich Euch große Angst eingejagt habe.«
    »Mir?« – »Ja, verdammt! wenn man nicht Soldat gewesen ist. Kann ich etwas für Euch tun?« fuhr Pompée, seine wichtige Miene wieder annehmend, fort.
    »Ja. Ihr könnt sogleich der Frau Prinzessin melden, daß mein Herr sie zu sprechen wünsche.«
    »Um diese Stunde?« –

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