Der Frauenkrieg
seid, wenn Ihr nicht etwa die anbetungswürdigste Vicomtesse seid.«
»Mein Herr,« sagte die falsche Prinzessin, die durch Zusammenraffung ihrer Würde einen Eindruck auf Canolles zu machen hoffte, »ich begreife von allem, was Ihr mir sagt, nur das eine, daß Ihr Euch gegen die Achtung verfehlt, daß Ihr mich beleidigt.«
»Madame, man verfehlt sich nicht gegen die Achtung vor Gott, weil man ihn anbetet, man beleidigt die Engel nicht, weil man sich vor ihnen auf die Knie wirft.« Und bei diesen Worten bückte sich Canolles, als wollte er niederknien.
»Mein Herr,« sagte rasch die Vicomtesse, Canolles zurückhaltend, »die Prinzessin von Condé kann nicht dulden ...«
»Madame, die Prinzessin von Condé reitet in diesem Augenblick auf einem guten Pferde, zwischen ihrem Stallmeister Vialas und ihrem Rat Lenet, mit ihren Edelleuten, ihren Kapitänen und Haustruppen auf der Straße nach Bordeaux und hat nichts mit dem zu schaffen, was in dieser Minute zwischen dem Baron von Canolles und dem Vicomte oder der Vicomtesse von Cambes vorgeht.«
»Was sprecht Ihr da, mein Herr? Seid Ihr verrückt?«
»Nein Madame, ich sage nur, was ich gesehen, ich erzähle nur, was ich gehört habe.«
»Wenn Ihr gesehen, wenn Ihr gehört habt, was Ihr sagt, so muß Eure Sendung zu Ende sein.«
»Ihr glaubt, Madame? Ich soll also nach Paris zurückkehren und der Königin gestehen, daß ich, um einer Frau nicht zu mißfallen, die ich liebte, ihre Befehle verletzt, die Flucht ihrer Feindin gestattet, das Geschehene unbeachtet gelassen, die Sache meines Königs verraten habe?«
Die Vicomtesse schien bewegt und schaute den Baron mit beinahe zärtlichem Mitleid an.
»Habt Ihr nicht die allerbeste Entschuldigung,« sagte sie. »Die Unmöglichkeit? Konntet Ihr allein die starke Eskorte der Frau Prinzessin festnehmen? Hatte man Euch den Befehl gegeben, allein fünfzig Edelleute zu bekämpfen?«
»Ich war nicht allein, Madame,« sagte Canolles, den Kopf schüttelnd; »ich hatte und habe noch dort im Gehölz, fünfhundert Schritte von uns, zweihundert Soldaten, die ich mit einem einzigen Tone dieser Pfeife zu mir rufen kann; es wäre mir also leicht gewesen, die Frau Prinzessin festzunehmen. Und dann, wäre mein Geleite auch schwächer gewesen als das ihrige, während es viermal stärker ist, so hätte ich immerhin kämpfen, immerhin kämpfend fallen können; es wäre mir dies so leicht gewesen,« fügte der junge Mann mit einer tiefen Verbeugung hinzu, »als es mir süß sein würde, diese Hand zu küssen, wenn ich es wagte.«
Diese Hand, auf die der Baron glühende Blicke heftete, diese feine, fleischige, weiße Hand war in der Tat aus dem Bette gefallen und zitterte bei jedem Worte des jungen Mannes. Die Vicomtesse, selbst geblendet durch die Elektrizität der Liebe, deren Wirkungen sie in dem kleinen Wirtshause von Jaulnay empfunden hatte, dachte nicht daran, daß sie diese kleine Hand zurückziehen sollte; und der junge Offizier sank auf ein Knie und drückte seinen Mund mit wollüstiger Schüchternheit auf die Hand, die bei der Berührung seiner Lippen sich zurückzog, als ob ein glühendes Eisen sie gebrannt hätte.
»Ich danke, Herr von Canolles,« sagte die junge Frau, »ich danke aus dem Grunde meines Herzens für das, was Ihr für mich getan habt; glaubt, daß ich es nie vergessen werde. Aber verdoppelt den Wert des Dienstes, den Ihr mir leistet, dadurch, daß Ihr meine Lage in Betracht zieht und Euch entfernt. Müssen wir uns nicht verlassen, da Eure Aufgabe vollbracht ist?«
Dieses
uns
, mit einem so zarten Tone ausgesprochen, daß darin gleichsam ein Anklang von Bedauern zu liegen schien, ließ im Herzen des Barons beinahe schmerzhaft die geheimsten Fasern erbeben. Das Gefühl des Schmerzes findet sich fast immer im Grunde großer Freuden.
»Ich werde gehorchen,« sagte Canolles. »Nur bemerke ich Euch, nicht um ungehorsam zu sein, sondern um Euch vielleicht einen Gewissensbiß zu ersparen, daß ich mich durch diesen Gehorsam zu Grunde richte. Im Augenblick, wo ich meinen Fehler gestehe und nicht mehr das Ansehen habe, als ob ich mich durch Eure List betören ließe, werde ich das Opfer meiner Gefälligkeit. Man erklärt mich als Verräter, man kerkert mich ein ... erschießt mich vielleicht, und das ist ganz einfach; denn ich habe verraten.«
Claire stieß einen Schrei aus und ergriff selbst Canolles Hand, die sie mit einer reizenden Verwirrung sogleich wieder fallen ließ.
»Was wollen
wir
denn tun?« fragte sie.
Das
Weitere Kostenlose Bücher