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Der Frauenkrieg

Der Frauenkrieg

Titel: Der Frauenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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gönnte sich die kleine Bosheit, ihm zu sagen, er solle dem Baron von Canolles seine Hand zum Kusse reichen. Schnell besonnen benutzte der junge Mann diese Gelegenheit, indem er sagte: »Ehe ich mich Eurer Hoheit empfehle, wage ich noch, eine hohe Gunst zu erbitten.«
    »Welche?« fragte Frau von Cambes unruhig; denn sie erkannte an dem Ton, daß sich der Baron eine Genugtuung verschaffen wollte.
    »Daß Ihr mir dieselbe Gnade bewilliget, die mir der Prinz, Euer Sohn, gewährt hat.«
    Diesmal war die Vicomtesse gefangen. Es gab keine Möglichkeit, einem Offizier des Königs die zeremonielle Gunst zu verweigern, die er auf diese Art im Angesicht aller forderte. Frau von Cambes streckte daher ihre zitternde Hand gegen Canolles aus.
    Dieser schritt auf das Bett zu, als sei es der Thron einer Königin, faßte mit der Spitze seiner Finger die Hand, die man ihm reichte, setzte ein Knie auf die Erde und drückte auf die feine, weiße, zitternde Haut einen langen Kuß, den jeder der Ehrfurcht zuschrieb, während er für die Vicomtesse allein ein glühendes Pressen der Liebe war.
    »Ihr habt mir versprochen, Ihr habt mir sogar geschworen, das Schloß nicht zu verlassen, ohne mich davon in Kenntnis zu setzen,« sagte Canolles aufstehend mit halber Stimme. »Ich rechne auf Euer Versprechen und auf Euern Schwur.«
    »Rechnet darauf, mein Herr,« sagte Frau von Cambes und fiel, einer Ohnmacht nahe, auf ihr Kopfkissen zurück.
    Canolles, den der Ausdruck der Stimme zittern ließ, suchte in den Augen der schönen Gefangenen die Bestätigung der Hoffnung, die ihm ihr Ton verlieh; aber die Augen der Vicomtesse waren hermetisch geschlossen.
    Canolles dachte, die geschlossenen Kisten enthalten die kostbarsten Schätze, und zog sich mit einem Paradies, im Herzen zurück, das ihm die kühnsten Pläne durchs Gehirn jagte und die seligsten Träume herbeizauberte.
    Nach kurzem Schlafe, wenn man das fieberhafte Delirium, das auf sein Wachen folgte, Schlaf nennen darf, sprang er aus dem Bette, kleidete sich hastig an und ging in den Garten hinab. Sein erster Besuch galt dem Flügel, den die Prinzessin bewohnte, sein erster Blick dem Fenster ihres Gemaches. War die Gefangene noch nicht eingeschlafen, war sie bereits erwacht? ... Ein Licht, zu stark, um einer Nachtlampe anzugehören, rötete die hermetisch geschlossenen Damastvorhänge. Canolles blieb still stehen bei diesem Anblick, der ohne Zweifel sogleich in seinem Geiste eine große Anzahl unsinniger Gedanken rege machte, und verbarg sich, seinen Spaziergang unterbrechend, hinter einer Bildsäule, wo er immer von neuem den ewigen Dialog verliebter Herzen begann, die den geliebten Gegenstand in allen poetischen Ausströmungen der Natur finden.
    Der Baron war seit ungefähr einer halben Stunde auf seinem Beobachtungsposten und betrachtete mit unaussprechlicher Wonne diese Vorhänge, vor denen jeder andere als er gleichgültig vorübergegangen wäre, als er ein Fenster der Galerie sich öffnen und eben dieses Fenster beinahe in demselben Augenblick das ehrliche Gesicht Pompées umrahmen sah. Alles, was auf die Vicomtesse Bezug hatte, flößte Canolles ein mächtiges Interesse ein; er wandte daher seinen Blick von den Vorhängen ab und glaubte zu bemerken, daß Pompée eine Korrespondenz durch Zeichen mit ihm einzuleiten trachtete. Bald bemerkte er auch etwas Weißes in Pompées Hand, das er als ein zusammengerolltes Papier erkannte.
    »Ein Billett!« dachte Canolles, »sie schreibt mir; was bedeutet das?«
    Er näherte sich zitternd vor Freude; Pompée ließ das Papier fallen, und Canolles fing es geschickt auf. Indem der Edelmann in seinem Herzen schnell alle Stufen vom Entzücken bis zu bangem Zweifel durchlief, erbrach er das Siegel und las:
    »Mein Herr, länger in der Lage zu verharren, in der wir uns befinden, ist rein unmöglich. Ich hoffe, Ihr werdet in dieser Hinsicht denken, wie ich. Ihr müßt darunter leiden, daß Ihr in den Augen aller Leute des Hauses für einen lästigen Aufseher geltet; andrerseits, wenn ich Euch besser empfange, als die Frau Prinzessin an meiner Stelle tun würde, muß ich befürchten, man werde erraten, daß wir eine doppelte Komödie spielen, die mir sicher den Verlust meines Rufes brächte.«
    Canolles trocknete sich die Stirn ab, seine Ahnungen hatten ihn nicht getäuscht. Mit dem Tage, dem großen Verscheucher der Phantome, verschwanden all seine goldenen Träume; er schüttelte den Kopf, stieß einen Seufzer aus und fuhr fort:
    »Stellt Euch, als

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