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Der Freigeist

Der Freigeist

Titel: Der Freigeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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Verziehen Sie doch.—Was sollen diese Reden? Ich verstehe Sie so wenig, als ich den Adrast verstanden habe.
    Juliane . Es ist mir lieb, dass Sie aus einer unschuldigen Kleinigkeit nichts machen wollen. Aber lassen Sie mich—(Geht ab.)
    Siebenter Auftritt
    Adrast. Theophan.
    Theophan . Ihre Geliebte, Adrast, schickte mich hierher: Ich wuerde hier noetig sein, sagte sie. Ich eile, und bekomme lauter Raetsel zu hoeren.
    Sechster Auftritt
    39
    Der Freigeist
    Adrast . Meine Geliebte?—Ei! wie fein haben Sie dieses angebracht! Gewiss, Sie konnten Ihre Vorwuerfe nicht kuerzer fassen.
    Theophan . Meine Vorwuerfe? Was habe ich Ihnen denn vorzuwerfen?'
    Adrast . Wollen Sie etwa die Bestaetigung aus meinem Munde hoeren?
    Theophan . Sagen Sie mir nur, was Sie bestaetigen wollen? Ich stehe ganz erstaunt hier.—
    Adrast . Das geht zu weit. Welche kriechende Verstellung! Doch damit sie Ihnen endlich nicht zu sauer wird, so will ich Sie mit Gewalt zwingen, sie abzulegen.—Ja, es ist alles wahr, was Ihnen Henriette hinterbracht hat.
    Sie war niedertraechtig genug, uns zu behorchen.— Ich liebe Julianen, und habe ihr meine Liebe gestanden.—
    Theophan . Sie lieben Julianen?
    Adrast (spoettisch). Und was das Schlimmste dabei ist, ohne den Theophan um Erlaubnis gebeten zu haben.
    Theophan . Stellen Sie sich deswegen zufrieden. Sie haben nur eine sehr kleine Formalitaet uebergangen.
    Adrast . Ihre Gelassenheit, Theophan, ist hier nichts Besonders. Sie glauben Ihrer Sachen gewiss zu sein.—Und ach! wenn Sie es doch weniger waeren! Wenn ich doch nur mit der geringsten Wahrscheinlichkeit hinzusetzen koennte, dass Juliane auch mich liebe. Was fuer eine Wollust sollte mir das Erschrecken sein, das sich in Ihrem Gesichte verraten wuerde! Was fuer ein Labsal fuer mich, wenn ich Sie seufzen hoerte, wenn ich Sie zittern saehe! Wie wuerde ich mich freuen, wenn Sie Ihre ganze Wut an mir auslassen, und mich voller Verzweiflung, ich weiss nicht wohin, verwuenschen muessten!
    Theophan . So koennte Sie wohl kein Glueck entzuecken, wenn es nicht durch das Unglueck eines andern gewuerzt wuerde?—Ich bedaure den Adrast! Die Liebe muss alle ihre verderbliche Macht an ihm verschwendet haben, weil er so unanstaendig reden kann.
    Adrast . Wohl! an dieser Miene, an dieser Wendung erinnere ich mich, was ich bin. Es ist wahr, ich bin Ihr Schuldner, Theophan: und gegen seine Schuldner hat man das Recht, immer ein wenig gross zu tun;—doch Geduld! ich hoffe es nicht lange mehr zu sein. Es hat sich noch ein ehrlicher Mann gefunden, der mich aus dieser Verlegenheit reissen will. Ich weiss nicht, wo er bleibt. Seinem Versprechen gemaess, haette er bereits mit dem Gelde hier sein sollen. Ich werde wohltun, wenn ich ihn hole.
    Theophan . Aber noch ein Wort, Adrast. Ich will Ihnen mein ganzes Herz entdecken.—
    Adrast . Diese Entdeckung wuerde mich nicht sehr belustigen. Ich gehe, und bald werde ich Ihnen mit einem kuehnern Gesichte unter die Augen treten koennen. (Geht ab.) Theophan (allein). Unbiegsamer Geist! Fast verzweifle ich an meinem Unternehmen. Alles ist bei ihm umsonst. Aber was wuerde er gesagt haben, wenn er mir Zeit gelassen haette, ihn fuer sein Gestaendnis, mit einem andern aehnlichen Gestaendnisse zu bezahlen?—Sie koemmt.
    Achter Auftritt
    Henriette. Lisette. Theophan.
    Henriette . Nun? Theophan, habe ich Sie nicht zu einem artigen Anblicke verholfen?
    Achter Auftritt
    40
    Der Freigeist
    Theophan . Sie sind leichtfertig, schoene Henriette. Aber was meinen Sie fuer einen Anblick? Kaum dass ich die Hauptsache mit Muehe und Not begriffen habe.
    Henriette . O schade!—Sie kamen also zu langsam? und Adrast lag nicht mehr vor meiner Schwester auf den Knien?
    Theophan . So hat er vor ihr auf den Knien gelegen?
    Lisette . Leider fuer Sie alle beide!
    Henriette . Und meine Schwester stand da,—ich kann es Ihnen nicht beschreiben,—stand da, fast, als wenn sie ihn in dieser unbequemen Stellung gerne gesehen haette. Sie dauern mich, Theophan!—
    Theophan . Soll ich Sie auch bedauren, mitleidiges Kind?
    Henriette . Mich bedauren? Sie sollen mir Glueck wuenschen.
    Lisette . Aber nein; so etwas schreit um Rache!
    Theophan . Und wie meint Lisette denn, dass man sich raechen koenne?
    Lisette . Sie wollen sich also doch raechen?
    Theophan . Vielleicht.
    Lisette . Und Sie sich auch, Mamsell?
    Henriette . Vielleicht.
    Lisette . Gut! das sind zwei Vielleicht, womit sich etwas anfangen laesst.
    Theophan . Aber es ist noch sehr ungewiss, ob Juliane den

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