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Der Fremde aus dem Meer

Titel: Der Fremde aus dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy J. Fetzer
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bin da, Liebste«, murmelte er dicht an ihrem Ohr. »Es wird dir kein Leid geschehen. Du bist sicher, das verspreche ich dir.«
    Er sprach leise, redete ihr immer wieder gut zu. Ihre jämmerlichen Klagelaute gingen ihm zu Herzen.
    »Verlass mich nicht!« Sie umklammerte seinen Arm. »Ich werde brav sein.«
    Ramseys Augenbrauen schossen in die Höhe. Sie weinte wie ein Kind, wie ein Baby.
    »Wo bist du, mein Kleines?«, redete er besänftigend auf sie ein.
    »Wo?«
    »Dunkel. Dunkel.« Furcht und Einsamkeit sprachen aus ihren geflüsterten Worten. »Tut weh ... Pa!«
    »Pst«, beruhigte er sie, und verzweifelt klammerte sie sich an ihn. »Du bist sicher, Liebling, ganz sicher. Niemand wird dir etwas tun. Es ist vorbei.«
    Doch es war nicht vorbei.
    Und er hatte Angst, dass sie ihn niemals so nahe an sich heranlassen würde, dass er ihr helfen konnte.
    Die feuchtschwüle Luft legte sich auf seine Haut. Das weiße Hemd klebte ihm auf dem Rücken. Anthony ruckte mit den Schultern, um sich von dem lästigen Rinnen des Schweißes zu befreien. Der Nonstop-Flug war anstrengend gewesen, und Anthony wusste, dass er in Schwierigkeiten steckte, als er zu wenig Militärpersonal in diesem Stadtteil sah, das ihm ein Gefühl der Sicherheit hätte vermitteln können. Angela City, auf den Philippinen. Es war zwölf Jahre her, dass er zuletzt hier gewesen war. Für Penelope.
    Hundemüde ging er eine kleine Straße entlang. Er trug die ältesten Stiefel und folgte seinem Freund Argarlo, der ein paar Meter vor ihm ging und sich für Anthonys Begriffe ein bisschen zu sorglos verhielt. Aber das hier war Argarlos Heimat. Der schlanke, dunkelhäutige Mann kannten jeden Menschen und jeden Ort. Er konnte alles auftreiben - wenn man ihn bezahlte, illegal oder auf anderem Wege. Mochten es Menschen sein oder sonst irgendetwas. Und Anthony durfte gar nicht daran denken, dass er Gefängnis riskierte und seine eigene, vielleicht sogar Pennys Karriere aufs Spiel setzte.
    Sie gingen an palmblättergedeckten Hütten, mit teerverklebten Holzwänden vorbei. Einige hatten verrostete Blechdächer. Die meisten der baufälligen Hütten hatten keine Tür und waren dicht aneinander gesetzt wie die Felder auf einem Schachbrett. Der faulige Gestank von Abwässern in den vom Regen aufgeweichten Straßen war fast unerträglich, obwohl man sich nach einer Weile an den Geruch gewöhnte. Sie gingen an einem hübschen, etwa dreizehnjährigen Mädchen vorbei, das auf der Straße hockte und sich wusch. Mit dem eingeseiften Waschlappen fuhr sie unter ihren Büstenhalter und den Schlüpfer. Mehr hatte sie nicht auf dem Leib. Anthony wandte den Blick ab und wäre beinahe mit Argarlo zusammengestoßen.
    »Willst du auch eine Frau?«, fragte Argarlo und deutete kopfnickend auf das Mädchen, während er sich eine zusammengedrückte Zigarette zwischen die Lippen schob und ein Streichholz anzündete. Das gelbe Licht ließ das feuchte tintenschwarze Haar aufglänzen, das bis zu den Schultern und an den Ohren in vier unterschiedlich großen Strähnen herunterhing. Sein hellblauer Sarong war so durchsichtig, dass Anthony die Naht seines schmutzigen Hemdes darunter erkennen konnte.
    »Nein. Aber vielen Dank für das Angebot.« Er wollte Argarlo nicht beleidigen, indem er seinen Ekel äußerte.
    Achselzuckend zog Argarlo an seiner Zigarette, lehnte sich an die Hauswand und deutete auf die mit einem Tuch verhängte Tür. Anthony schob den verblichenen Vorhang beiseite und trat ein. Der Geruch von Schweiß, Whisky und abgestandenem Bier stieg ihm unangenehm in die Nase. Niemand rührte sich, doch einige Gäste warfen ihm einen neugierigen Blick zu, bevor sie sich wieder ihren Getränken zuwandten.
    »Der Barmann«, murmelte Argarlo in Tagalog, der Landessprache, die er mit einem harten Akzent sprach.
    Anthony überquerte den Fußboden aus gestampfter Erde, lehnte sich an die Bar und bestellte zwei Bier. Es gab keinen Hocker. An der Wand hing nur eine verblichene Coca-Cola Werbung. Die Frauen, eigentlich noch Mädchen, die am Ende des Tresens neben ihren Begleitern standen, sahen eher ängstlich als erfreut aus.
    Argarlo stellte sich neben ihn. Anthony redete in einem gestelzten Tagalog, was bei seinem Begleiter ein leichtes Lächeln hervorrief.
    »Papiere.« Er musste nicht deutlicher werden. Die Nachrichten verbreiteten sich hier schnell, und Anthony zweifelte nicht daran, dass der Mann alles über ihn wusste, einschließlich seiner Schuhgröße.
    Der untersetzte Barmann musterte

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