Der Fremde aus dem Meer
fröhlich, zu Scherzen aufgelegt und sehr findig. Was gar nicht so gut für sie war.« Sein Gesichtsausdruck veränderte sich. »Diese Klugheit hat sie in Schwierigkeiten gebracht.«
Ram betrachtete die Fotos ganz genau. Er wollte mehr über die Frau herausfinden, die er liebte. »Und was zeigt dieses Bild?«
Hank warf einen kurzen Blick darauf. »Mitglieder einer Studentinnenvereinigung.« Er deutete auf das Delta-PI-Zeichen. Dann auf Penelope und Tess.
Ram erinnerte sich, dass Anthony gesagt hatte, Sloane Rothmere sei in einer Studentinnenvereinigung gewesen. Ram fragte nach ihr.
»Das hier ist Sloane. Hübsch, was?«
»Wenn man Blondinen mag.«
Hank sah ihn scharf von der Seite an. »Sie lieben unsere Penelope, stimmts?
Ramseys Brauen gingen in die Höhe.
»Zum Geier, ich weiß, dass es so ist. Es gibt nicht viele Männer, die es mit ihrem eiskalten Biss aufnehmen und herausfinden wollen, wie sie wirklich ist.« Hank lachte in sich hinein. Dann wies er auf ein großes Foto. »Das ist die Abschlussfeier im College.«
Verblüfft vernahm Ram das Wort College. Zu seiner Zeit war es das Vorrecht eines Mannes, ein College zu besuchen. Er hatte gedacht, Penelope und Tess seien vielleicht auf einer Schule für Frauen gewesen, aber nicht auf einer Universität.
»Aber wenn ich das recht verstanden habe, ist Penelope doch um einiges älter.«
»Das stimmt, aber sie hatte ‘ne Menge Schulunterricht versäumt.« Sein Tonfall wurde härter. »Sloane hat sie auch das nie vergessen lassen.« Hank wandte sich ab und rieb sich mit der Hand übers Gesicht. »Für den Fall, dass Sie’s noch nicht bemerkt haben sollten: Ich mag die Rothmeres nicht. Am wenigsten Sloane. »Sie ist ‘ne verwöhnte Göre, und ihre Gemeinheit ist genauso groß wie ihr dickes Bankkonto.«
Ramsey runzelte die Stirn. »Haben Sie das miterlebt?«
»Welchen Schaden ihr Charakter anrichtete? Und ob.« Hank nickte und verschränkte die Arme. »Als Miss H. im College war, hat sie sie gequält und als Tess hinzukam, wurden die Streiche und die Boshaftigkeit immer schlimmer. Und waren immer gegen Tess gerichtet.« Sein Ton nahm eine zornige Schärfe an. »Keins der beiden Mädchen hatte Sloane etwas getan«, kam es mit absoluter Überzeugtheit. »Sie hat sie nur nicht leiden können, weil -in ihren Augen waren sie bloß weißes Lumpengesindel und gehörten nich’ in ihre Welt.« Um das zu unterstreichen, rümpfte er kurz die Nase. »Je schlimmer aber Sloane und ihre Freunde sie niederzumachen versuchten, um so zäher wurden sie. Miss H. ist härter gegen sich selbst als jeder andere.«
»Das habe ich schon gemerkt«, sagte Ram überflüssigerweise, und Hank schmunzelte.
»Tess war amerikanische Meisterin im Turnen.« Er machte eine Handbewegung zu dem Titelblatt der Gymnastic World. »Und Penn ... Miss H. war Abschiedsrednerin und hat eine Schauspielkarriere gemacht, die selbst die von Meryl Streep bei weitem in den Schatten stellt.«
Da sprach der Stolz eines Vaters, dachte Ram. Er lächelte leicht, wobei er seinen Blick durch das Zimmer schweifen ließ. Margarets Borde und Wände waren bedeckt von Fotos, die Penelope zeigten, und von Zeitungsausschnitten aller Art.
Doch es war das offene Buch auf einem niedrigen Tisch, das seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Hank schlug es zu und sah ihn warnend an. Aber Ram hatte bereits einen Blick auf seinen Inhalt erhascht.
»Margaret würde alles für Penelope tun«, sagte Hank trotzig.
»Sogar lügen?«
Reglos wie ein Fels und mit krampfhaft zusammengeballten Fäusten stand Hank da. Seine blassen, alten Augen sahen ihn an, als wollten sie sagten: »Untersteh dich, noch eine Bemerkung zu machen!«
»Geh zu deiner Frau, Hank«, murmelte Ram und ließ seinen Blick voller Mitgefühl für sich sprechen. In dieser Sache würde er keinen Druck mehr machen.
Die Schultern des alten Mannes sackten nach vorne. Er wandte sich zum Gehen und blieb unvermittelt stehen, als er Penny sah.
»Oh, Entschuldigung, Miss H.« Seine Gesichtszüge lockerten sich. »Oh, Schatz, ich wollte nicht...«
»Es ist gut, Hank.« Sanft und verzeihend lächelte Penny, ehe sie zur Treppe nickte. »Margaret hat nach dir gefragt.« Er lief los wie ein Mann, der nur halb so alt war. Ramsey beobachtete, wie Penelope mit der ihr eigenen Anmut die Stufen der Treppe herunterschritt.
»Bist du fertig mit dem Herumschnüffeln?«, fragte sie.
»Ich habe nur zugehört.«
Sie gab einen leisen Ton des Zweifels von sich.
Er ging zu ihr
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