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Der Fremde aus dem Meer

Titel: Der Fremde aus dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy J. Fetzer
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hatte. Er versuchte sich vorzustellen, woran Tess wohl gedacht hatte, als sie die Seemannskiste für Penelope gepackt hatte. Dabei trat ihm lebhaft Penelopes Bild vor das geistige Auge. Sie war verwirrt und hilflos gewesen, als sie die Kiste ausgepackt und auf ihn, das einzige Ziel in ihrer Reichweite, eingeschlagen hatte.
    So ein widerspenstiges Mädchen, dachte er lächelnd. Die kurze Zeit, die sie zusammen unten an der Treppe verbracht hatten, hatte ihm einen tieferen Blick in ihre Seele ermöglicht. Das Gefühl der Verlassenheit in ihren finsteren Träumen wollte er ihr nicht absprechen, denn er war selbst Zeuge ihrer Qualen gewesen. Was immer sie in ihren Träumen heimsuchte, war der Grund dafür, dass sie eine so geringe Meinung von sich selbst hatte. Als Gift hatte sie sich einmal bezeichnet und sie sei es nicht wert war, geliebt zu werden. Er wollte denjenigen in die Mangel nehmen, der ihr das angetan hatte, dass sie sich so wertlos fühlte. Sie hatte keine wirklichen Freunde gehabt, keine Leute, die sie auch nur hin und wieder besuchten, und sie hatte sich selbst nicht die kleinste Freude gegönnt. Es war Ramsey klar, dass nur Tess’ Freundschaft sie über Wasser gehalten hatte.
    Es war schwierig zu glauben, dass diese beiden Frauen so eng befreundet waren. Denn Tess war furchtlos, kühn und trotzig und nahm am Leben mit einer Begeisterung und einem Schwung teil, den jeder spürte, wohingegen Penelope sich kühl und reserviert verhielt und sich gegen alles schützte wie eine verwunschene Prinzessin, die die Welt auf Abstand hielt.
    Sie war großzügig, was ihr Haus und ihren Reichtum anging. Aber mit ihrem Herzen verhielt es sich anders. Sie bewachte es so sorgfältig, dass Ramsey das Gefühl hatte, sie verteile es nur portionsweise.
    Und als gieriger Sohn des Triton, der er war, wollte er alles.
    Benommen legte Penny den Telefonhörer auf. »Wo ist Ramsey?«
    »Wahrscheinlich draußen.« Margaret zuckte mit den Schultern, ohne den Blick von ihrem Strickzeug zu heben. »Er wird Schindeln ersetzen oder mir eine Blumenkiste bauen oder auch ein neues Schwimmbecken ausheben. Zum Kuckuck, ich habe noch nie einen Mann getroffen, der so gern anstrengende körperliche Arbeit verrichtet hat.«
    »Er wird mir meinen Job wegnehmen«, sagte Hank, der mit einem Lunch-Teller in den Händen das Solarium betrat.
    »Keineswegs«, sagte Penny beinahe geistesabwesend. Dann stand sie auf und überließ Hank den Platz neben Margaret.
    »Was ist los, Schatz?«, fragte Margaret vom Sofa aus und sah sie stirnrunzelnd an. »Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.«
    »Der Anruf war für ihn.« Sie deutete auf das Telefon, und ihr Blick glitt suchend durch die Fensterwand nach draußen.
    Margaret und Hank tauschten unbehagliche Blicke. »Wer war es, Liebes?«
    »Tony.« Sie schluckte. »Ramsey scheint eine Verabredung zu haben.« Sie machte eine Pause und holte tief Luft. »Mit Alexander Blackwell.«
    Margaret wurde blass, und Hank ergriff ihre Hand.
    »Er kommt aus Corpus Christi. Er lebt auf einem Boot.« Sie sah das Paar an. »Hättet ihr das für möglich gehalten? Ich dachte, sie seien alle tot und jetzt...« Sie hatte ein flaues Gefühl im Magen. Ein Blackwell. Sie wollte ihn treffen.
    »Tja, es wird wohl besser sein, wenn du ihm alles erzählst«, sagte Margaret leise.
    Hank warf Margaret einen schnellen Blick zu, und sie nickte traurig.
    Penny bemerkte es nicht und ging zur Tür. »Hank, wenn sie wieder von der Couch aufstehen will...«, sie blieb auf der Schwelle stehen und wandte sich dem Paar zu, »küsse sie, bis sie es aufgibt.«
    Hank lächelte gezwungen. Dann sah er Margaret an und stupste sie leicht in die Seite. »Los, komm, versuch es schon!«, forderte er sie auf, aber nichts konnte sie davon abbringen, unverwandt auf Penelope zu starren.
    »Sie wird mich hassen, Hank.«
    »Du verhältst dich genauso wie alle Welt und unterschätzt ihr großes Herz.«
    Tränen stiegen Margaret in die Augen. »Ich weiß. Aber ich habe Angst.« Und Margaret wollte sie zurückrufen, wollte ihr beichten, aber sie war nicht stark genug und beobachtete, wie das Kind, das sie aufgezogen hatte, an der Haustür ankam.
    Penelope öffnete und traf den Wachmann dabei an, wie er ihre Post in Händen hielt. Ihr Blick glitt über sein Gesicht, und sie bemerkte den schnellen Wechsel seines Ausdrucks. Wenn sie hätte raten müssen, hätte sie gesagt, dass sie ihn gerade dabei erwischt hatte, wie er ihre Post durchsuchte. Erwartet er

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