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Der Fremde aus dem Meer

Titel: Der Fremde aus dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy J. Fetzer
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konnte nur unter Schmerzen und langsam atmen. Dem Gespräch vermochte er nicht mehr zu folgen, nahm nur noch die Eindringlichkeit ihrer Stimmen wahr.
    Allmächtiger Gott!
    Er bereute es, das Wagnis auf sich genommen zu haben; bedauerte, die behagliche Vertrautheit seiner eigenen Zeit verlassen zu haben. Er wollte zurück. Unbedingt. Mit nacktem Hintern vor Fremden dazuhegen, war erniedrigend. Dass sie dann Dinge mit seinem Körper anstellten, die er nicht verhindern konnte, trug nur dazu bei, das widerliche Gefühl zu verstärken. Er schloss die Augen und versuchte, das entwürdigende Gefühl von Männerhänden auf seinem Geschlechtsteil auszuschalten. Ein Katheter, sagte er. Was der Daus ist das schon wieder!
    Du bist ein überheblicher Narr, O’Keefe. Du bist in einer anderen Zeit, an einem höllischen Ort. Röhren und Nadeln werden in dich gesteckt wie in ein heidnisches Opfer. Du bist ohne einen Kreuzer, Mensch, hast keine Waffen und liegst im Sterben. Und bist allein!
    Zum Teufel!
    Zum Teufel noch mal!

6
    Penny stand vor der Glasscheibe und starrte auf den Mann, der in dem Krankenhausbett lag, und auf den grauen Monitor daneben, der den stetigen Pulsschlag anzeigte. Er war ein Fremder gewesen, der in ihr Leben trat, als sie einzig und allein Tess im Kopf hatte und nach Antworten suchte. Aber zu erleben, wie aus einem bloßen Flirt möglicherweise ein toter Mann wurde, verletzte sie. Eigentlich entsprach das nicht ihrem Charakter, und das gefiel ihr ganz und gar nicht. Sie wollte sich auf niemanden so sehr einlassen, schon gar nicht auf diesen Robinson Crusoe hier.
    Sie hatte ihre Gefühle jetzt wieder unter Kontrolle und verwünschte sich selbst, dass sie ihn hatte so nahe kommen lassen. Denn allein der Gedanke an Männer und Beziehungen kam bei ihrer Karriere nicht in Frage. Insbesondere in einer Industrie, die einen fruchtbaren Boden für Skandale und hasserfüllt Dolchstöße in den Rücken abgab. Sie brauchte ihre Zurückgezogenheit dringend, und obgleich es sie Tag für Tag einiges kostete, diese aufrechtzuerhalten, war ihr Leben in Ordnung, so wie es war.
    Wiederhol das nur oft genug, dann glaubst du es vielleicht auch noch. Die innere Stimme, die sie nur allzu sehr an Tess erinnerte, ließ ihr keine Ruhe. Sie bewegte ihre Schultern, als könne sie so diesen Gedanken abschütteln.
    Gib’s doch zu, Kumpel, du bist die einsamste Frau auf dieser Welt.
    Es gibt einen Unterschied zwischen allein und einsam.
    Feigling!
    Kopfschmerzen kündigten sich an, und Penny rieb sich die
    Stirn. Sie hatte nicht geschlafen. Alpträume hatten sie wach gehalten. Ein wenig neigte sie dazu, ihm die Schuld zu geben. Eigentlich sollte ich mich bei meiner Erfahrung daran gewöhnt haben, dachte sie und wollte gehen, um die Sache zu beenden. Doch der Umstand, dass sie die Habseligkeiten dieses Mannes hatte, zwang sie dazu, ihn zu besuchen. Fünf Minuten und dann Ende, entschied sie. Keine Anteilnahme, keine Zuneigung. Kein Gefühl.
    Doch sie beobachtete ihn, und als sie sich dabei an seine Gesichtzüge erinnerte, brach etwas in ihrer Brust auf und strömte jedes Mal, wenn sie ihn ansah, durch ihre Adem. Diese Empfindung zog sie an und machte sie zugleich wachsam. Halb sitzend lag Ramsey O’Keefe ruhig da. Sein kastanienbraunes Haar hatte sich in der Mitte geteilt, verbarg sein Gesicht und floss ihm über die Schultern. Ihr Blick fiel auf das Krankenhaushemd. Unter dem engen Stoff zeichneten sich die Muskeln seines Oberkörpers und der Arme ab. Schöne Arme. Er bewegte sich keinen Millimeter und starrte vor sich hin in den Raum, Mitleid erregend in seiner Verlorenheit.
    Hör auf damit! Kümmere dich nicht darum! Tu es nicht! Das wird dir wehtun. Gib nur die Sachen ab und verschwinde!
    »Miss Hamilton?«
    Penny wandte sich um. Ein Mann stand vor ihr. Der weiße Kittel, das Stethoskop um den Hals und die Notizen auf dem Klemmbrett kennzeichneten ihn als Arzt. »Sind Sie eine Freundin von Mister O’Keefe?« Er deutete mit der Spitze seines Kugelschreibers auf das Fenster und schrieb etwas auf.
    »Nein. Ja. Naja, nicht wirklich.«
    Zweifelnd blickte der Arzt zwischen Patient und Schauspielerin hin und her. Dann fuhr er fort, sich Notizen zu machen.
    »Ich war zufällig auf dem Rettungsschiff, als er gefunden wurde.«
    »Ich verstehe.«
    Nein, das tun Sie nicht, dachte sie, wobei sie einen Blick auf sein Namensschild warf: DR. MARKUM. »Was hat das überhaupt zu bedeuten, dass ich ihn kenne?«
    Er kritzelte weiter, setzte i-Punkte

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