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Der Fremde aus dem Meer

Titel: Der Fremde aus dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy J. Fetzer
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»Setzen Sie sich hierhin.« Schritte donnerten den Gang entlang. Ramseys Knie gaben nach. »Mister O’Keefe, können Sie mich hören?«
    Zusammengekrümmt sah Ram zur Seite, sein geschwollenes Gesicht dicht neben ihr. »O ja, Mädchen, und ein verdammt süßer ...« Er rang nach Luft. «... Ton ist das auch.« Plötzlich drehten sich seine Augen nach hinten, er sackte in sich zusammen, und Penny glitt mit ihm zu Boden, gerade in dem Moment, als der Arzt hereinstürmte.
    »Er bekommt keine Luft mehr.«
    Ein Matrose zog sie hoch, und Penny taumelte zurück an die Schiffswand. Panik überfiel sie. Der Doktor ging neben ihm auf die Knie, streifte Ramseys Jacke ab, um ihn zu untersuchen, gab Anweisungen, zog eine Spritze auf, während ein Sanitäter Sauerstoff verabreichte. »Allergische Reaktion auf Penicillin«, sagte er, während er seinem Patienten die Spritze gab. Das Schiff wummerte gerade gegen das Dock, während ein Matrose über Sprechfunk einen Hubschrauber anforderte.
    »Nehmen Sie meinen«, bot Penny in dem Chaos an. Das verzweifelte Keuchen des Mannes ließ sie unruhig werden. »Er müsste schon bereitstehen.«
    Der Arzt nickte dankend, als die Sanitäter Ramseys bewusstlosen Körper auf eine Bahre gleiten ließen und ihn anschnallten. »Bringen Sie mir ein Messer. Ich muss vielleicht einen Luftröhrenschnitt durchführen.«
    Einen Luftröhrenschnitt, dachte Penny und fasste sich an die Kehle.
    Lieber Gott!
    Er lag im Sterben. Schon wieder.
    Jemand warf ihr ein Bündel zu, und sie presste Mister O’Keefes Habseligkeiten an ihre Brust, während sie die Bahre durch die Luke manövrierten. Einen Augenblick lang stand sie wie versteinert, starrte auf das Notarztteam, das den engen Gang passierte, bis der Kapitän sie antippte. Er reichte ihr den Hut und die übergroße Handtasche und drängte sie, ihm zu folgen. Sie stopfte das Bündel in ihre Tasche, drückte sich den Hut auf den Kopf und kletterte auf Deck. Sie kam gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie sie ihn in den Hubschrauber hievten. Im selben Augenblick, als sich die Tür schloss, hob die Maschine im Schein des Flutlichts ab, Sand und Steinchen aufwirbelnd. Ohne nach links und rechts zu schauen, lief Penny an die Reling, umklammerte das Eisen und sah zu, wie die Lichter des Hubschraubers verschwanden. Dann stürmte sie die Gangway hinunter. Bitte nicht sterben!
    Blitzlichtgewitter ging prasselnd auf sie nieder, erhellte die Dunkelheit. Instinktiv drehte sie sich weg, während ihr ein Schwarm von Fotografen und Reportern Mikrofone unter die Nase hielt.
    »War das Tess Renfrew in dem Hubschrauber, Miss Hamilton?«
    »Ist sie am Leben?«
    »Es wird berichtet, sie sei von der Nassau Queen gesprungen. War es Selbstmord?«
    »In welchem Zustand wurde ihre Leiche gefunden?«
    Penny schirmte das Gesicht mit ihrer großen Handtasche ab, während der Kapitän ihr den Arm um die Schulter legte und seinen Männern aufgeregt Zeichen gab. Seeleute schoben die Reporter beiseite und bahnten einen Weg zu dem bereitstehenden Auto.
    »Geier!«, murmelte er und ließ sich auf den Sitz fallen, während Blitzlichter hinter den Scheiben aufflammten. »Zum Flughafen, bitte«, sagte er zu dem Fahrer. Als die Limousine losfuhr, sah er Penny an. »Ich nehme an, Sie wollen zum Krankenhaus?«
    »Nein. Zuerst ins Hotel.« Sie hob die Augenbrauen. »Jetzt kann ich Mister O'Keefe nicht helfen, und ich muss mich erst unauffälliger kleiden.« Sie wandte den Kopf zum Heckfenster und der auftauchenden Reportermeute. »Schon allein, um die da abzu-lenken. Das Letzte, was er gebrauchen kann, ist, in die Fänge der Presseleute zu geraten.«
    Wenn er am Leben ist, dachte sie und starrte hinaus in die Nacht, während die Erinnerung an sein verschmitztes Lächeln in ihren Kummer hineinstrahlte.
    Ramsey wäre lieber gestorben, als sich einzugestehen, dass er schreckliche Angst hatte. Er konnte sich nicht bewegen. Geist und Körper weigerten sich zusammenzuarbeiten. In seinem Blickfeld kamen Gesichter bedrohlich nahe, wichen wieder zurück. Er fühlte sich, als habe er Opium geraucht, was er früher einmal versucht, aber als schädlich verworfen hatte.
    Nadeln stachen in seinen Arm. Starke Hände versuchten, ihn mit Masken zu ersticken, zwangen ihn, faulig riechende Luft einzuatmen. Ein halbes Dutzend Männer und Frauen in grünen Kitteln stellte ihm Fragen, die er nicht beantworten konnte, teils deshalb, weil er sie nicht verstand, teils, weil es ihm nicht gelang, die Wörter zu bilden. Er

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