Der Fremde aus dem Meer
Kiste in Anwesenheit von Zeugen zu öffnen. Sie müssen die ersten Siegel aufbrechen.«
Penelope nickte. Mit seinem Körper verstellte Ramsey dem Gendarmen die Sicht und schloss die Türen fester als notwendig.
Penny Starrte auf die Kiste, die in schwere, vernähte Ölhaut gewickelt war. Eine Verpackung, die charakteristisch war für ihre Zeit und die verhindern sollte, dass sie sich über die Jahre hinweg auflöste, dachte sie und blickte sich dann in der Diele um. Alle sahen sie erwartungsvoll an, besonders Tony. Langsam atmete sie ein, beugte sich vor und brach die beiden großen Wachssiegel auf. Die Männer in den gestärkten grauen Overalls zerschnitten sofort die Ölhaut, legten Brecheisen an und ließen das Holz splitternd krachen. Die schwarzen Wachssiegel an den Rändern, von denen jedes mit den verschnörkelten Buchstaben L. L. verziert war, brachen entzwei. Reglos stand Penny da. Als die letzte Leiste entfernt wurde, stellten sich ihre Nackenhaare auf, und ihre Haut zog sich zusammen.
»Mein Gott.« Sie ließ sich gegen die Wand fallen und starrte auf die altertümliche Kiste.
Deutlich war ihr Name auf einer breiten goldenen Platte an der Vorderseite eingraviert. Darunter hing ein einfaches Vorhängeschloss. Bei dem Anblick wurde ihr übel.
»Herrlich«, murmelte Tony und kam näher. Er rieb sich das bärtige Kinn, während er das alte Stück mit dem Auge des Fachmanns betrachtete.
Ramsey beugte sich vor und besah sich prüfend die Seemannskiste, die vertraute Struktur, die festen, glatten Bänder aus Leder. Die Messingriegel, die noch immer wie neu glänzten, wiesen keine Spuren von Feuchtigkeit auf. Sein Blick wanderte zu Penelope, die gerade den Empfang quittierte. Anthony sagte etwas, und sie nickte. Sogar aus der Entfernung konnte Ram erkennen, wie ihre Hand zitterte.
»In das zweite Zimmer auf der linken Seite«, wies sie die Lieferanten mit leiser werdender Stimme an. Anthony fungierte als Zeuge und setzte seinen Namen unter den ihren.
»Nein, Mädchen.« Ram winkte die Männer zurück. Er stellte die Kiste auf die Seite, wobei der Inhalt sich hörbar im Inneren bewegte. »Es wird mir ein Vergnügen sein.« Mit dem Rücken zur Kiste ging er in die Hocke und griff mit der Hand über die Schulter nach der ledernen Trageschlaufe.
»Ramsey, das ist ihre Aufgabe«, sagte sie. Er sollte sich nicht verletzen. Doch er hörte nicht auf sie und griff mit seiner freien Hand unter die handgearbeitete Eichenkiste. Mit einem Ächzen hievte er sie auf seinen Rücken. Pennys Augenbrauen schossen in die Höhe, als er sich aufrichtete.
Er sah sie an. »Ich lasse keine Fremden mehr nach oben«, sagte er. Dann ging er so flott wie kein anderer durch die Empfangshalle.
»Du lässt was nicht...?« Gezwungen lächelte sie die Männer von der Spedition an und murmelte. »Entschuldigen Sie mich bitte.« Dann folgte sie diesem Chauvinisten in den engen Jeans die Treppe hinauf. Er maßte sich ja wieder allerhand an!
»Du gestattest niemandem, nach oben zu gehen?«
»Ja.« Er wandte sich in Richtung ihrer Zimmer.
»Hast du vergessen, dass dies hier mein Haus ist?«
»Das wäre schwierig, Mädchen.« Ram stellte die Seemannskiste in ihrem Schlafzimmer ab und sah ihr direkt ins Gesicht.
»Dann hör auf, dich so aufzuführen. Und da wir gerade dabei sind, ich habe es bestimmt nicht nötig, dass du jedes Mal deine Muskeln spielen lässt, wenn du glaubst, dass ich beleidigt würde.« Er zog eine Augenbraue hoch und strich sich über den Oberarm.
»Mit Typen wie Mathers bin ich jahrelang fertig geworden. Ich brauche deinen Schutz nicht«, sagte Penny.
»Sicherlich, Mylady«, spöttelte er. »Das hast du ja bewiesen.« Er berührte ihren blau angeschwollenen Kiefer. »Du bist mit deinen Angreifern ganz glänzend fertig geworden.«
Sie schob seine Hand weg. »Sie haben mich erwischt, als ich es nicht erwartet habe.«
»Vielleicht.« Ihr blutbeflecktes Kleid erinnerte ihn daran, wie unfähig er sich fühlte, sie in diesem Jahrhundert zu beschützen. »Aber was ist beim nächsten Mal?«
»Es wird kein nächstes Mal geben.«
»Sie haben nicht gefunden, was sie gesucht haben, Weib«, sagte er in verächtlichem Ton. Die Arme in die Hüften gestemmt, kam er bedrohlich nahe. »Glaub nur nicht, dass dich meine Anwesenheit in deinem Haus vor einem neuen Angriff schützt.«
»Nun, die Polizei beschäftigt sich jetzt mit der Angelegenheit. Du müsstest nicht das Gefühl haben...«
»Beim Willen Tritons! Du bist ein
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