Der Fremde aus dem Meer
im tiefen Sand versanken. Ramsey. Er war an dem Strand und beobachtete sie. Sein bernsteindunkler Blick glitt so heiß über ihren Körper, als seien es seine Hände. Langsam, unendlich sinnlich. Alles an diesem Mann verströmte Sex. Geschmeidig kam er auf die Füße und ging auf sie zu. Sein Gang war lässig und anmutig. Er trug diese hautengen Strandhosen und sah aus wie bei ihrer ersten Begegnung: verletzlich, geheimnisvoll ... Er streckte seine Arme nach ihr aus und umschlang sie. Dann küsste er sie. Langsam, altmodisch, wobei er mit seinem Mund über ihre Lippen rollte und daran zupfte. Es war herrlich, dass ein Mann noch so viel Verlangen in einen Kuss legen konnte. Dann kam seine Zunge ins Spiel. Er liebte ihren Mund, fuhr hinein und hinaus, auf so köstliche Weise, dass Penny in den Sand hinabglitt und ihn mit sich hinunterzog, wobei sein Kuss immer feuriger und wilder wurde.
Sie runzelte die Stirn, als das Traumbild verblasste und die Musik anschwoll. Sie versuchte, ihn wieder in ihren Traum zurückzuziehen, doch es misslang ihr. Während sie sich auf der
Couch wand, dachte sie an die weichen Betten im Stockwerk über ihr und an den Mann, der in der Diele schlief. Ein fantastischer Traum. Sie zog ihren Hausmantel fester um sich und ließ die wunderbar angenehmen Melodien sanft die Schleier des Schlafs verwehen. War es Radio oder CD? Sie öffnete die Augen, rollte auf den Rücken und war einen Augenblick nicht sicher, wo sie sich befand. Es war das Solarium, erkannte sie, nachdem sich ihre Augen an das fahle Licht angepasst hatten und sie die kuppelförmige Decke bemerkt hatte.
Sie erhob sich auf die Ellbogen und runzelte die Stirn. Die Musik war unglaublich hell und klar. Sie blinzelte, als sie einen falschen Ton vernahm. Dann wurde die Stelle noch einmal gespielt. Sie ergriff die Lehne der Couch und spähte vorsichtig über den gepolterten Rand.
Sie hielt den Atem an.
Ramsey.
So wie er am Klavier saß, konnte sie ihn nur bis zu den Schultern sehen. Das dämmerige Licht des Kristallleuchters übergoss ihn mit warmen Goldtönen und schimmerte auf dem offenen Haar. Ein großes Glas Brandy stand in seiner Reichweite, und die Flüssigkeit vibrierte bei jedem Ton. Er sah aus wie ein wahnsinniger Komponist. Mit geschlossenen Augen und in den Nacken zurückgeworfenem Kopf spielte er ein glanzvolles, wenngleich etwas düsteres und geheimnisvolles Stück. Sein Talent war außerordentlich, und sie hätte sich nicht in ihren wildesten Träumen einfallen lassen, dass er Musik liebte, geschweige denn Klavier spielen konnte wie ein Konzertpianist. Ihr Herz öffnete sich ein wenig, und sie ließ seine klaren Töne eindringen und bewegte sich langsam von der Couch weg.
Noch hatte sie nicht seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen, und sie genoss den Augenblick, ihn so versunken zu sehen. Langsam neigte er seinen Kopf nach vorne, wobei ihm sein seidiges, dunkles Haar ins Gesicht fiel. Er hielt die Augen noch geschlos-sen, als das Stück immer machtvoller ertönte, ja beinahe gewalttätig klang und dann übergangslos sanfter wurde. Sein Vergnügen war beinahe mit Händen greifbar, und sie teilte es mit ihm. In ihrem Körper brauste es, als habe sie Glühwein getrunken. Es sprach einiges dafür, einen Mann zu beobachten, wenn er nicht wusste, dass man anwesend war.
Dann öffnete er die Augen und erblickte sie.
»Hör nicht auf«, sagte sie, ehe er es gekonnt hätte. »Bitte.«
Ramsey lächelte leicht. Schlagartig belebte sich sein ganzer Körper bei ihrem Anblick. Sein kleiner Schlaukopf sah liebreizend aus, ganz schlaftrunken und ungeheuer verführerisch. Sein Blick glitt über ihr gerötetes Gesicht, dann tiefer hinab, verweilte auf ihren Brüsten und dem köstlichen Spalt, den der dunkelgrüne Seidenmantel freigab, ging noch tiefer hinab zu ihren nackten Zehen, bevor er zu ihren Augen zurückkehrte.
»Ich wusste nicht, dass ich Publikum hatte.«
Penny schluckte. Wie er sie ansah, hatte schon etwas sündhaft Verruchtes. »Ich bin auf der Couch eingeschlafen.« Sie machte eine Handbewegung hinter sich. »Ich wusste nicht, dass du spielen kannst.«
»Du weißt eine ganze Menge von mir nicht, Penelope.« Seine Stimme klang teuflisch, als ob er sie durchschaute, und suggerierte damit, dass es in dem, was sie verbarg, eine ungeheure Lust zu entdecken gab.
»Wer lehrte ... Ich meine, wo hast du spielen gelernt?« Sie rückte näher heran und legte ihre Handfläche auf die schimmernde schwarze Oberfläche des Flügels,
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