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Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Titel: Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Güte«, sagte Bert, »und du hast nie etwas erzählt. Aber ich finde, du solltest dich nicht verrückt machen. Ich meine, was hättest du schon tun sollen? Du hast dich absolut korrekt verhalten. Du hast die Angelegenheit deiner Chefin gemeldet, und die hat daraufhin den Fall übernommen. Du warst draußen. Von dem Moment an ging es dich nichts mehr an, und du hattest auch keine Einflussmöglichkeiten mehr. Niemand kann dir etwas vorwerfen.«
    »Mag sein, dass ich mich korrekt verhalten habe. Aber darum geht es doch nicht. Bert, da war ein verzweifeltes Kind, das Hilfe brauchte. Und das mich um diese Hilfe gebeten hatte. Das ist keine Situation, in der es ausreicht, korrekt zu sein. Ich hätte alle Hebel in Bewegung setzen müssen, diesem
Klüngel das Handwerk zu legen. Die Presse hätte sich mit Begeisterung auf so etwas gestürzt. Ich hätte einen riesigen Skandal entfachen können. An dessen Ende hätte man Marius von den Lenowskys weggeholt. Ganz sicher.«
    Bert sah seine Frau an. »Aber so bist du nicht. Du bist nicht der Mensch, der eine solche Lawine lostritt. Das ist … das ist einfach eine Nummer zu groß für dich.«
    Er hatte Recht, das wusste sie. Aber sie wusste auch, dass sie dies nicht freisprach von Schuld.
    Beide schwiegen sie eine Weile. Tranken ihr Bier, sahen zu, wie sich die Dämmerung über den Garten senkte.
    Unsere Idylle, dachte Clara, unsere völlig verlogene Idylle.
    »Ich finde, eigentlich müsste deine Chefin von damals das Ziel dieses Irren sein«, brach Bert das Schweigen. »Sie hat die Angelegenheit vertuscht. Sie hat dich unter Druck gesetzt. Weshalb bedroht er nicht sie ?«
    Sie fragte sich, weshalb er beharrlich glaubte, sie könnte diese Fragen beantworten.
    »Offenbar fühlte er sich eben von mir im Stich gelassen. Zu mir hatte er ein gewisses Vertrauen gefasst. Es ist für ein misshandeltes Kind ein gewaltiges Risiko, sich gegenüber einem Außenstehenden zu öffnen. Denn wird ihm nicht geholfen, hat es allein die Folgen zu tragen. Was weiß ich, was Lenowsky mit Marius angestellt hat, als er erfuhr, dass ihn der Junge ›verraten‹ hat? Ich wundere mich nicht, dass Marius mich hasst.«
    »Aber deine Kollegin Agneta …«
    »Kronborg meint, die hatte eine Stellvertreterfunktion und ist vielleicht am wenigsten von uns allen gefährdet. Marius’ Hass richtet sich wahrscheinlich auf die verstorbene Stella, die ihn damals seinen Eltern weggenommen hat. Da Stella aber nicht mehr greifbar ist, bekommt Agneta eben ihr Fett weg.«

    »Und diese Dritte ….«
    »Sabrina Baldini. Sie war damals bei Kinderruf . Eine private Initiative, die sich um misshandelte oder missbrauchte Kinder kümmerte. Ich kannte die Geschäftsführerin recht gut. Rebecca Brandt. Eine sehr kompetente Person. Wir vom Jugendamt arbeiteten gern mit ihrer Organisation zusammen. «
    »Und dahin hatte sich dieser Marius auch gewandt?«
    »Sabrina betreute das so genannte Sorgentelefon von Kinderruf . Kinder konnten dort, auch anonym, um Hilfe und Rat bitten. Da die Nummer immer wieder in Schulen oder Jugendclubs ausgelegt wurde, ist anzunehmen, dass sie Marius dort irgendwo in die Hände gefallen ist. Es war einige Zeit nach seinem Gespräch mit mir. Sein zweiter Versuch. Er rief dort an. Nannte seinen Namen und bat um Hilfe. Er berichtete schreckliche Dinge. Immer wieder sprach er von seinem Hunger. Aber auch davon, dass sie ihn zwangen, Hundefutter zu essen, wenn er nach Nahrung jammerte. Phasenweise wurde er nachts im Bett festgebunden, weil er an seinen Fingernägeln kaute. Ganze Wochenenden verbrachte er im dunklen Heizungskeller eingesperrt, weil er sich ein Stück Brot genommen hatte. Für die kleinsten Vergehen wurde er mit Essensentzug, Wasserentzug oder stundenlangem Stehen nackt im kalten Wasser der Badewanne bestraft. Lenowsky schlug ihn auch, aber insgesamt neigte er eher zu subtilen Quälereien und Demütigungen. Es durften ja keine Spuren zu sehen sein. Der angeschlagene Fuß damals war eher eine Ausnahme. Da hatte sich Lenowsky zu sehr gehen lassen. Aber wenn ein Kind einmal humpelt … das fällt natürlich niemandem auf.«
    »Und? Was tat Sabrina?«
    »Die wandte sich ans Jugendamt. Also wieder an uns.«
    Bert pfiff leise durch die Zähne. »Das hat Kronborg dir erzählt? «

    »Ja, aber ich erinnere mich auch selbst noch daran. Das ging bei uns natürlich herum. Aber es war nicht mehr mein Fall. Die Geschichte landete dann gleich bei der Chefin.«
    »Und …?«
    »Kronborg hat mit Sabrina Baldini

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