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Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Titel: Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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wissen, dass sie sein Leben zerstört hatte, und sie sollte wissen, welch genialen Plan er geschmiedet hatte, sich dafür zu rächen. Leider war er den Wunsch, ihr zu gefallen, noch immer nicht ganz losgeworden. Sie sollte, ehe sie starb, kapieren, wie schlau und gerissen er war.
    Aber es war klar, er musste sich beeilen. Denn draußen war es hell, der Tag hatte begonnen, und er stand hier und redete und hatte gar nicht bemerkt, wie die Stunden verrannen. Das Problem war, dass sein ganzes Vorhaben darauf fußte, dass Marius am Ende für den Täter gehalten wurde, aber Marius lag da oben in Rebeccas Schlafzimmer und verreckte oder war schon tot, und wenn Inga und Rebecca allzu lange Zeit danach über den Jordan gingen, würde ein Gerichtsmediziner herausfinden, dass Marius dafür nicht mehr hatte verantwortlich sein können.
     
    Er hatte so lange auf diesen Moment gewartet. Vor ihr zu stehen, und sie war ihm ausgeliefert und musste ihm zuhören. Musste sich konfrontieren mit allem, was sie ihm angetan hatte. Da war der Schmerz, der ihm fast das Herz zerrissen hatte, als er für Felix bei der Hochzeit den Trauzeugen
spielen musste. Dann seine eigene, eilig geschlossene Ehe, mit der er sich von seinen Gefühlen hatte ablenken wollen, und deren Scheitern ihm schon im Moment des Jawortes völlig klar gewesen war. Die Alte hatte ihn dann später auch noch gründlich abgezockt, so dass er jede Menge Geld verloren hatte und sein Anwesen draußen am Starnberger See hatte verkaufen müssen.
    Seine Wochenenden mit den Brandts, die so qualvoll waren, weil er ständig dem Geknutsche und Händchenhalten der beiden Dauerverliebten zusehen musste. Und die Nächte in dem Gästezimmer, in denen er Stunde um Stunde wach lag, von der Eifersucht fast bis zum Wahnsinn gequält, weil er sich vorstellen musste, was die beiden jetzt in ihrem Schlafzimmer taten, weil er sie ständig in leidenschaftlichen Umarmungen vor sich sah.
    Scheiße, ihm trat noch jetzt der Schweiß auf die Stirn, wenn er daran dachte. Wahrscheinlich hatten die beiden nicht halb so viel gevögelt, wie er sich das ausgemalt hatte, aber das war im Grunde jetzt auch egal, schon ein einziges Mal wäre zu viel gewesen, denn Rebecca hätte seine Frau sein müssen, seine ganz allein. Natürlich hatte er manchmal gedacht, es sei besser, das Haus der beiden nicht mehr zu betreten, sich all die Schmerzen nicht mehr anzutun. Aber er hatte es nie ausgehalten. Auf Rebeccas Nähe zu verzichten war noch schlimmer gewesen, er war sich wie ein Junkie auf Entzug vorgekommen, unfähig zu arbeiten, unfähig sich zu konzentrieren, krank vor Sehnsucht und Verlangen. Er war wieder und wieder rückfällig geworden, war ihr nachgelaufen wie ein Hund, um wenigstens ein Lächeln, ein Wort, einen Blick zu bekommen. Ob sie sich vorstellen konnte, wie gedemütigt er sich gefühlt hatte?
    Ja, das konnte sie. Die Angst in ihren Augen sagte es ihm. Sie begriff, was er durchgemacht hatte, und konnte ermessen, wie groß sein Hass sein musste.

    Allein die Notwendigkeit, die Freundschaft zu Felix aufrechtzuerhalten! Keinen Menschen auf der Welt wünschte er so innig zum Teufel wie ihn, aber mit ihm zu brechen hätte ihn aus Rebeccas Umfeld katapultiert, also musste er weiter auf gute, alte, bewährte Männerfreundschaft machen. Manchmal hatte er geglaubt, kotzen zu müssen.
    Rebecca sprach nicht viel, aber als er von seinem Wunsch redete, Felix auf den Mond zu schießen, hatten sich ihre Augen plötzlich geweitet.
    »Hattest du etwas mit seinem Unfall zu tun?«
    Lässig ließ er die Pistole am gekrümmten Zeigefinger herumschwingen. Gern hätte er Felix’ Unfall auf seine Kappe genommen und ihr gezeigt, dass er in der Lage gewesen war, im Kampf um sie Gott zu spielen. Aber was Felix anging … da hatte er tatsächlich seine Hände nicht im Spiel gehabt. Felix war netterweise ganz von allein frontal mit einem durchgedrehten Geisterfahrer zusammengekracht, der in Selbstmordabsicht an jenem nebligen Oktobermorgen vor beinahe einem Jahr über die Autobahn gejagt war.
     
    Die Beerdigung. Viele hatten Felix das letzte Geleit gegeben, der Friedhof war schwarz von Menschen gewesen. Patienten, Kollegen, Freunde. Felix war beliebt gewesen, sein plötzlicher, viel zu früher Tod hatte größte Bestürzung und Trauer ausgelöst. Ganz vorn am Grab die Witwe, seine Rebecca, ganz in Schwarz natürlich, gestützt von irgendeiner Freundin, einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin aus ihrem blöden Kinderrettungsverein. Er

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