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Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Titel: Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Maximilian, »kümmere ich mich später.«
    Er knallte die Tür zu und drehte den Schlüssel zweimal herum.
    Inga brauchte ein paar Sekunden, ehe sie sich bewegen konnte. Sie lebte noch immer, was sie als ein Wunder empfand, und er hatte das kostbare Handy nicht entdeckt, was
vielleicht das noch größere Wunder war. Es kostete sie einige Überwindung, an sich herab auf den verletzten Fuß zu schauen. Auf dem Weg nach oben hatte sie ihren blutdurchtränkten, notdürftigen Verband irgendwo verloren, aber offenbar hatte die Wunde wenigstens endlich zu bluten aufgehört. Daran zumindest würde sie nicht sterben.
    Sie zog das Handy unter ihrem Nachthemd hervor, schob es ein Stück weit unter die Kommode. Falls Maximilian plötzlich hereinkam, sollte er es nicht sehen. Dann wandte sie sich Marius zu.
    Er atmete noch, und es schien ihr sogar, als habe sich sein Zustand ein wenig verbessert. Puls und Herzschlag waren stabiler, sein Atem ging gleichmäßiger.
    Er kann es schaffen, dachte sie in jäher Erleichterung, wenn jetzt schnell Hilfe kommt, kann er es schaffen.
    Sie robbte zu der Kommode zurück, fischte das Handy hervor, kroch wieder zu ihrem schwer verletzten Mann. »Marius«, wisperte sie, »ich hole Hilfe.«
    Er öffnete die Augen. Seine Lider flatterten, sein Blick war im ersten Moment verschwommen, wurde dann aber klarer.
    »Inga«, sagte er voller Staunen.
    Er erkannte sie. Ihr schossen die Tränen in die Augen, voller Erleichterung und Rührung.
    »Marius«, fragte sie eindringlich, »weißt du die Notrufnummer der französischen Polizei?«
    Er schien angestrengt zu überlegen. »Ich … ich glaube nicht«, murmelte er schließlich. Er versuchte sich aufzurichten, aber sein Kopf fiel sogleich wieder auf den Boden zurück. »Was ist passiert? Wo … ist Maximilian?«
    »Er hat auf dich geschossen, Marius. Jetzt ist er unten im Haus, mit Rebecca. Marius, er wird uns alle töten. Wir müssen um Hilfe telefonieren. Ich habe sein Handy. Maximilians Handy!«

    Wieder trat der angestrengte Blick in seine Augen. »Ich … ich weiß diese Nummer einfach nicht. Ich weiß gar nichts mehr. Ich … wollte mit Rebecca von hier fortlaufen. Da kam er plötzlich. Maximilian. Ich … er schoss. Ja, er schoss auf mich, ehe ich … irgendetwas sagen … oder tun konnte …«
    »Ich weiß. Er ist verrückt. Er wird Rebecca töten, weil er glaubt, dass sie sein Leben zerstört hat, und uns, weil wir davon wissen.«
    Und wir haben nur noch so verdammt wenig Zeit, dachte sie verzweifelt.
    Sie hatte keine Ahnung, bei welcher deutschen Polizeidienststelle sie landen würde, wenn sie den Notruf aus dem Ausland anwählen würde. Würde man ihrer wirren Geschichte Glauben schenken und die Hebel in Le Brusc in Bewegung setzen?
    »Ich rufe Mama an«, sagte sie entschlossen, »die soll die Polizei verständigen.«
    Warum war ihr dieser Einfall nur nicht eher gekommen? Vorhin im Auto etwa? In Windeseile tippte sie die Nummer ihrer Eltern ein. Sie musste den Vorgang zweimal wiederholen, weil ihre Hände so heftig zitterten, und sie immer wieder auf falschen Zahlen landete. Bitte seid zu Hause, betete sie stumm.
    Ihre Mutter nahm beim ersten Klingeln ab, so als habe sie neben dem Apparat gesessen. »Ja?«, fragte sie. Ihre Stimme klang rau und verweint.
    »Mama?«
    »Inga? Inga, um Gottes willen, bist du es? Wie geht es dir? Wo bist du? Inga, hör zu, du musst …«
    Sie fiel ihrer Mutter hastig ins Wort. »Mama, ich brauche Hilfe. Du musst die Polizei verständigen. Marius und ich sind …«
    »Du musst dich vor Marius in Acht nehmen! Inga, die Polizei
in Deutschland sucht ihn. Ein Kommissar hat mit mir gesprochen. Marius hat zwei Menschen umgebracht. Er ist gefährlich. Er ist …«
    »Mama, das ist ein Irrtum, aber das ist jetzt egal. Wir haben nicht viel Zeit. Wir werden hier festgehalten und sind in Lebensgefahr. Bitte rufe diesen Kommissar an, der mit dir gesprochen hat. Er soll sofort die französische Polizei verständigen. Er wird wissen, was zu tun ist. Aber es muss jetzt alles ganz schnell gehen.«
    »Wo seid ihr?«
    Sie nannte Rebeccas Adresse. Sie konnte hören, dass ihre Mutter hastig kritzelnd die Worte notierte.
    »Inga … bitte pass auf dich auf!«
    »Mama, bitte beeil dich!«
     
    Ihr blieb nur zu warten. Wie schnell würden die Dinge in Bewegung gesetzt werden? Ihre Mutter würde in rasender Eile agieren, das war klar, und sie würde den gesamten europäischen Polizeiapparat auf die Füße scheuchen, wenn es sein musste. Zum

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