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Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Titel: Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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sie zum letzten Mal nach Marius, und im Grunde denke ich immer, vielleicht passiert ein Wunder, und er spaziert zur Tür herein, und alles, was auf dem Schiff geschehen ist, stellt sich als böser Traum heraus … Aber ich merke, wie verrückt mich diese Situation macht …« Sie fand, dass sie unzusammenhängend redete, und schloss: »Ich glaube, es würde uns beiden gut tun, einmal hinauszukommen.«
    »Ich bin in einer völlig anderen Situation als Sie«, hatte Rebecca sofort erwidert.
    Inga hatte zum Fenster hinausgeblickt. Der Tag war kühler als seine Vorgänger, obwohl jetzt bald der August und damit der heißeste Monat des Jahres beginnen würde. Blauer Himmel und Sonne, aber ein frischer Wind von Norden. Man würde heute laufen können, ohne in der Hitze zu schmoren.
    »Bitte! Ich habe für morgen meinen Rückflug gebucht. Vorher würde ich Sie gern zum Essen einladen. Sie haben so viel für mich getan … bitte sagen Sie nicht Nein!«
    Es war Rebecca anzusehen gewesen, dass sie nicht glücklich war, aber sie hatte sich schließlich einverstanden erklärt. »Nun gut. Aber ich möchte nicht in Le Brusc oder der näheren Umgebung essen. Es wäre nicht auszuschließen, dass wir jemanden treffen, der Felix gekannt hat, und …«
    » Wäre das schlimm? «
    » Ich möchte niemanden treffen«, hatte Rebecca mit Schärfe in der Stimme erklärt, und Inga hatte begriffen, dass sie den mühsam errungenen Ausflug aufs Spiel setzte, wenn sie jetzt nachhakte.
    Sie waren ein Stück mit dem Auto in Richtung Marseille gefahren. Irgendwo hatte Rebecca die Autobahn verlassen, war durch ein paar kleinere Orte gekurvt und schließlich auf dem Parkplatz einer Calonge, einer Bucht, gelandet.

    »So. Von hier aus können wir den Klippenpfad entlanglaufen. Man hat von dort immer wieder sehr schöne Blicke über das Meer und in kleine Buchten hinein.«
    Der Pfad war steil und eng, oft konnten sie nur hintereinander gehen, und häufig waren sie so in die Anstrengung des Kletterns vertieft und mussten auf das Geröll zu ihren Füßen achten, dass sie sich nicht miteinander unterhalten konnten. Rebecca hatte kaum Augen für die Landschaft ringsum, aber Inga musste immer wieder stehen bleiben und über das leuchtend blaue Wasser blicken. In der Ferne sah es trügerisch glatt und unbewegt aus, aber die Wellen, die sich an der Steilküste brachen, waren kräftig und trugen weiße Schaumkronen. Sie fragte sich, ob dieses Meer zu ihren Füßen wirklich Marius’ Grab geworden war. Ein Gedanke, der ihr fremd schien, so als gehöre er nicht zu ihrem Leben. Marius konnte nicht tot sein; irgendwie meinte sie stets, dass sie dies spüren müsste, dass sein Tod etwas wäre, das sich ihr, ganz gleich auf welche Weise, mitteilen würde. Das Schlimme war nur, dass ihre gemeinsame Zeit so oder so zu Ende war. Sollte er wieder auftauchen, würde dennoch nichts wieder so sein, wie es gewesen war.
    »Sie denken an Marius, nicht wahr?«, unterbrach Rebecca die Stille. Sie war schon ein gutes Stück weitergelaufen, hatte dann bemerkt, dass die völlig in Gedanken versunkene Inga nicht mitkam, und war umgekehrt.
    Inga nickte. »Ich nehme Abschied.«
    »Sie wissen doch noch nicht, ob …«
    »Ich nehme trotzdem Abschied. Es ist vorbei zwischen uns. Die Zeit, die wir gemeinsam hatten, ist vorüber.«
    »Wegen der Szene auf dem Schiff?«
    Inga überlegte. »Nicht nur. Vielleicht nicht einmal in erster Linie. Ich meine, so furchtbar es war, diesem Fremden gegenüberzustehen, ihn all diese verrückten Dinge sagen zu hören,
von ihm in die Kajüte gestoßen und bewusstlos liegen gelassen zu werden, so war es doch im Nachhinein …« Sie suchte nach Worten, fand, dass es verrückt klang, was sie sagen wollte, dass es aber doch das war, was sie empfand. »Es war im Nachhinein für mich nicht einmal wirklich überraschend. Ohne dass ich je damit gerechnet hätte, dass so etwas geschieht. Ich wusste nicht, was passieren würde, aber ich habe in den letzten Tagen erkannt, dass ich im tiefsten Inneren immer ahnte, dass etwas passieren würde. Etwas in unserer Beziehung war schief, etwas passte ganz und gar nicht. Ich wollte mir das nur nicht eingestehen, weil …«
    »Weil?«, fragte Rebecca.
    Inga zuckte mit den Schultern. »Warum machen sich so viele Menschen etwas vor, wenn sie in den falschen Beziehungen stecken und im Grunde genau wissen, dass sie und der Mensch, den sie sich ausgesucht haben, nicht zusammenpassen? Aus Angst vor dem Alleinsein. Man will die

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