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Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Titel: Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Problem, mit dem sie sich so lange herumgeschlagen hatte, mit dem Umzug in das neue Zimmer schlagartig gelöst: Sie wusste jetzt, dass sie nicht mitfahren würde. Sie wunderte sich nur noch, weshalb sie so lange unsicher gewesen war.
    In diesem Augenblick klingelte das Telefon.
    Sie rannte hinunter und meldete sich mit atemloser Stimme. »Ja? Hallo?«
    »Ist etwas passiert?«, fragte eine männliche Stimme, die ihr vage bekannt vorkam, die sie jedoch nicht einzuordnen wusste.
    »Wer ist denn da?«
    »Becker. Pit Becker. Ich bin der Gärtner von den Lenowskys …«
    »Oh, ja … ich erinnere mich! Hallo! Weshalb meinen Sie, dass etwas passiert ist?« Ich rede wie ein aufgeregtes Huhn, dachte sie.
    »Sie klangen eben so komisch, als Sie sich meldeten.«
    »Tatsächlich? Nein, es ist nichts.« Außer, dass meine Ehe gerade in die Brüche geht und ich soeben aus dem gemeinsamen Schlafzimmer ausgezogen bin, fügte sie in Gedanken hinzu.
    »Ich wollte eigentlich nur wissen, ob die Lenowskys zurückgekehrt sind«, sagte Pit Becker, »oder ob Sie irgendetwas von ihnen gehört haben?«
    Sie schüttelte den Kopf, obwohl Pit das nicht sehen konnte. »Nein. Weder das eine noch das andere. Es ist alles unverändert. «
    »Ich finde, wir sollten jetzt eingreifen«, sagte Pit. »Wir können doch nicht so tun, als ginge uns das alles nichts an.«
    Es war eigenartig, fand sie. Pit, den sie als einen ausgesprochen realistischen und modernen jungen Mann kennen gelernt hatte, empfand und sagte das Gleiche, was auch ihr immer wieder durch den Kopf ging, wenn sie das verlassene Nachbarhaus betrachtete. Ließ sie jedoch darüber etwas verlauten, tat Wolf so, als sei sie überspannt, hysterisch oder im besten Fall zumindest gelangweilt und daher auf der Suche nach abstrusen Ereignissen, die ihren Alltag auffrischen könnten.
    Der nächste, überaus wichtige Schritt würde sein, ihn nicht länger zum Maßstab in allen Belangen ihres Lebens zu machen.
    »Ja, denken Sie, wir sollten die Polizei verständigen? Ich weiß nicht … bekommt man nicht Ärger, wenn man die herbestellt, und am Ende war dann alles umsonst? Ich meine, außer einem ganz dummen Gefühl haben wir nicht allzu viel, worauf wir verweisen können!« Eine innere Stimme sagte ihr, dass sie in Wahrheit nicht Angst vor der Polizei hatte, sondern vor Wolf. Seine zynischen und vernichtenden Kommentare, wenn sie eine möglicherweise sinnlose Polizeiaktion initiierte, konnte sie sich nur zu gut vorstellen.
    Pit schien einen Moment zu überlegen.
    »Nach wie vor denke ich, dass man über den Balkon einsteigen könnte«, sagte er dann. »Ich könnte jetzt gleich kommen. Eine Leiter habe ich … nichts leichter, als hinaufzuklettern und zu versuchen, ein Fenster zu öffnen.«
    »Jetzt gleich?«
    »Warum nicht? Könnten Sie dabei sein? Ich möchte schon, dass jemand bezeugt, dass es mir nicht um einen Einbruch ging.«
    Sie dachte nach. Das kam so plötzlich und war so verrückt, und doch …
    Mit dem Telefon am Ohr trat sie ans Fenster, schaute zu
dem Haus hinüber. Ein Kälteschauer floss über ihren Körper, und der hatte mit den tatsächlichen Temperaturen dieses Tages nichts zu tun.
    Sie schaute auf die Uhr. Es war kurz nach elf. »Meine Kinder kommen um ein Uhr aus der Schule«, meinte sie, »bis dahin hätte ich Zeit.«
    »Okay«, sagte Pit, »ich bin in fünfzehn Minuten bei Ihnen. «
    Schon hatte er aufgelegt. Er gab ihr keine Gelegenheit, sich alles anders zu überlegen.
    Sie ging ins Bad – in ihr neues, eigenes unter dem Dach – und bürstete sich die Haare. Sie lief ins Wohnzimmer, schenkte sich einen Schnaps ein und trank ihn in einem Zug.
    Sie wartete.
    2
    Inga hatte es sich nicht so schwer vorgestellt, Rebecca zu einem Ausflug zu überreden. Zwar hatte sie inzwischen begriffen, dass das ganze Leben ihrer Gastgeberin einer einzigen Rückzugsstrategie untergeordnet war, aber das Ausmaß, in dem sich Rebecca abschottete, war ihr noch nicht völlig aufgegangen.
    »Gehen Sie allein, Inga«, hatte Rebecca am Morgen gesagt, als Inga mit dem Vorschlag ankam, eine Wanderung am Meer zu unternehmen und anschließend irgendwo zu Mittag zu essen, »das ist nichts für mich. Aber Sie sollten Ihren Aufenthalt hier trotz allem ein bisschen genießen. Denken Sie denn, dass Ihre Füße eine Wanderung schon wieder durchhalten? «
    »Die sind fast verheilt. Ich glaube trotzdem nicht, dass ich
im Moment irgendetwas genießen kann, aber hier zu sitzen und zu warten … Ich meine, heute suchen

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