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Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Titel: Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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lassen.«
    »Sie haben das Gespräch also dann abgebrochen?«
    »Ja. Nachdem auf meine mehrmalige Bitte, sich doch mit Namen zu melden, nichts passierte, habe ich aufgelegt. Ich fand dann aber keine Ruhe und habe bei meiner Mutter angerufen. Bei ihr war natürlich alles in Ordnung, nur hatte sie sich dann so über meinen Anruf aufgeregt, dass sie Herzrasen bekam und meinte, sie könne nun für den Rest der Nacht nicht mehr schlafen. Irgendwie hatte ich wieder einmal alles
falsch gemacht.« Sie gewahrte Mitleid in den Augen des Kommissars und hatte einmal mehr den beunruhigenden Eindruck, dass er vieles über sie wusste und recht tief in ihr Inneres zu schauen vermochte. »Ich kam mir hysterisch und überspannt vor. Ich versuchte, den Anruf zu verdrängen und mir einzureden, dass es wirklich so ein Perverser gewesen sei, der seine Befriedigung in derartigen Anrufen fand. Nur …«
    »Nur Sie glaubten es nicht wirklich.«
    »Nein. Es war nicht … nicht diese Art von Stöhnen. Ich kann es nicht genau beschreiben, aber es klang wirklich so, als sei jemand in größter Not. Als sei jemand schwer verletzt oder krank oder …« Sie schüttelte den Kopf. »Und so war es ja auch. Es war Frau Lenowsky.«
    »Sie lag im Sterben«, sagte Kronborg, »denn der oder die Täter hatten mehrfach mit einem Küchenmesser auf sie eingestochen. Wie durch ein Wunder waren keine lebenswichtigen Organe verletzt. Der Arzt meint, dass sie, nachdem ihr die Verletzungen zugefügt wurden, noch etwa achtundvierzig Stunden gelebt hat. Aber ihr Blutverlust war enorm, möglicherweise war sie auch über Stunden bewusstlos. Wir wissen nicht, wann der oder die Täter das Haus endgültig verlassen haben. Irgendwann danach hat sie sich wohl auf den Weg zum Telefon gemacht – den Spuren nach mehr oder weniger auf allen vieren kriechend oder auf dem Bauch robbend. Sie muss völlig am Ende ihrer Kräfte gewesen sein und war wohl nicht mehr in der Lage, eine Nummer zu wählen. Also hat sie die Wahlwiederholung gedrückt – und damit traf sie Ihre Nummer. Aber …« Er zuckte bedauernd mit den Schultern.
    Karen bezog sein Bedauern natürlich sofort auf sich. »Aber ich war nicht in der Lage zu begreifen, was los war!«
    Er lächelte ihr zu. »Hören Sie auf, sich Vorwürfe zu machen. Das, was dort drüben passiert ist, liegt außerhalb unseres
normalen Vorstellungsvermögens. Es ist ganz natürlich, dass Sie diesen Anruf nicht einordnen konnten. Nein, was ich meinte, ist: Es ist tragisch, dass Greta Lenowsky zwar ihr Telefon noch erreichte, aber dann zu schwach war, auch nur ihren Namen zu sagen. Sie konnte nicht den kleinsten Hinweis mehr auf ihre Identität geben, und damit war der Anruf sinnlos geworden. Ich befürchte jedoch, dass sie zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich auch durch einen Arzt nicht mehr zu retten gewesen wäre.«
    Zum ersten Mal, seitdem Kronborg eingetroffen war, ergriff Wolf das Wort: »Gibt es denn irgendeinen Hinweis auf den Täter?«
    Kronborg schüttelte bedauernd den Kopf. »Bislang nicht. Es scheint sich das Problem herauszustellen, dass die Lenowskys wohl überhaupt keine Verwandten hatten. Zumindest ist in der Nachbarschaft nichts dergleichen bekannt, und wir sind in unseren Nachforschungen noch nicht so weit gediehen, dass wir unsererseits jemanden hätten ermitteln können. Es ist ja auch niemandem aufgefallen, dass diese Leute über eine Woche nicht mehr gehört oder gesehen wurden. Enge Verwandte oder Freunde hätten sich doch gewundert und sich möglicherweise an die Polizei gewandt.«
    »Wir kümmern uns nicht um die Angelegenheiten anderer Menschen«, sagte Wolf sofort, »wir können Ihnen daher in dieser Frage auch nicht weiterhelfen.«
    »Nun, Ihrer Frau sind die Angelegenheiten anderer Menschen zum Glück nicht ganz gleichgültig«, meinte Kronborg, »sonst wüssten wir vielleicht noch monatelang nichts von diesem Verbrechen. Denn ob dieser Gärtner allein eingestiegen wäre …«
    »Diesen Gärtner würde ich mal genauer unter die Lupe nehmen«, sagte Wolf aggressiv. Es war klar, dass er in Pit Becker den Mann sah, der Karen zu ihrem unmöglichen Vorgehen
verleitet und ihnen beiden nun eine zweifelhafte Publicity eingebrockt hatte. »Seltsam, sich derart für ein Ehepaar zu interessieren, das er doch kaum kennt, oder?«
    »Dann müsste man auch mich genauer unter die Lupe nehmen «, meinte Karen.
    Wolf sah sie wütend an. »Das ist ja wohl etwas ganz anderes! «, fuhr er auf.
    Kronborg hob beschwichtigend die Hände.

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