Der Fremde ohne Gesicht
nicht.«
»Worum zum Teufel geht es dann?«
»Adams hat das Gefühl, dass du ihn herabwürdigen willst.«
»Dazu braucht er mich nicht, das schafft er ganz alleine.«
»Er glaubt, dass dadurch im Team eine Atmosphäre entsteht, die nicht gerade hilfreich ist, wenn alle auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten sollten.«
»Und das wäre? Seine Beförderung zum Deputy Chief Constable?«
Trevor blickte überrascht auf. »Ich wusste gar nicht, dass er auf diesen Job spekuliert.«
Sam funkelte ihn an. »Jetzt weißt du es. Nur darum geht es ihm.«
»Glaubst du, er schafft es?«
»Ziemlich sicher. Nach dem Clarke-Fall allemal.«
»Nun, dann sollten wir lieber vorsichtig sein. Damit wird er eine enorm wichtige Position einnehmen.«
»Tja, wenn das so ist, solltest du wohl lieber anfangen, alles zu glauben, was er sagt.«
Er wechselte das Thema. »Wie er mir sagte, hast du ohne Anweisung eine Obduktion durchgeführt. Stimmt das?«
»Nein. Ich habe mit Anweisung eine Obduktion durchgeführt, nur dass ich dabei ein bisschen gründlicher vorgegangen bin. Und das war auch gut so. Die fragliche Leiche ist eines unnatürlichen Todes gestorben.«
»War es einer von Sharmans Fällen?«
»Ja, und?«
»Sam, das ist ein übler Bursche. Wusstest du, dass seine Freundin eine Prostituierte ist?«
Das hatte sie nicht gewusst, aber seine Argumentationsrichtung begann ihr zu widerstreben. »Was zum Teufel soll das denn heißen?«
»Adams sagt, dass er Sharman wegen Inkompetenz aus dem Clarke-Fall abgezogen hat und dass Sharman sich jetzt auf diese Weise an ihm rächen will. Wie ich höre, ist er suspendiert worden?«
»Weil er versucht hat, seinen Job so gut wie möglich zu machen. Rachsucht hin oder her, das ändert nichts an der Tatsache, dass ich eine Obduktion durchgeführt habe und sicher bin, dass das fragliche Mädchen zumindest vor ihrem Tod gewaltsam angegriffen wurde.«
Trevor setzte sich neben sie. »Kannst du mir garantieren, dass du dir in dieser Sache nicht dein Urteil durch persönliche Gefühle vernebeln lässt?«
Sam beugte sich vor und sah im direkt ins Gesicht. »Absolut!«
Er lehnte sich zurück. »Er hat mich gebeten, eine zweite Obduktion an der Leiche durchzuführen und ihm meine Erkenntnisse mitzuteilen.«
Sie sah ihn fragend an. »Du hast natürlich abgelehnt?«
»Nein. Ich habe ja gesagt.«
Sam begann zu kochen. »Wie bitte?! Stellst du etwa mein Urteil in Frage?«
Erschrocken über ihre Reaktion, zog sich Trevor hinter seinen Schreibtisch zurück. »Nein, ich werde nur eine zweite, unvoreingenommene Meinung beisteuern.«
»Tatsächlich. Obwohl er demnächst zum Deputy Chief Constable befördert wird und deshalb ja so wichtig für die Abteilung ist?«
Allmählich begann auch Trevor sich zu erhitzen. »Hör zu, Sam. Ich glaube kaum, dass ich in dieser Sache eine Wahl habe. Nimm das doch bitte nicht persönlich.«
Sam sah ihn nur schweigend an.
»Ich glaube, es wäre ratsam, zumindest eine Weile lang Adams nicht auf die Füße zu treten.«
»Was willst du damit sagen, Trevor? Suspendierst du mich?«
Er sah sie bestürzt an. »Lieber Himmel, nein! Ich werde dir nur andere Aufgaben zuteilen, bis sich die Lage etwas beruhigt hat.«
Sie stand auf und ging zur Tür. »Ich nehme mir ein paar Tage Urlaub.«
Trevor sah sie an. »Ausgerechnet jetzt? Wir stecken bis zum Hals in Arbeit.«
»Ich hatte seit über einem Jahr keinen freien Tag mehr. Weiß der Geier, wie viele Überstunden ich hier geschoben habe ohne einen Penny extra oder Freizeitausgleich. Ich habe sogar die Wochenenden durchgearbeitet. Ist dir klar, dass ich kein Privatleben mehr habe, sondern nur noch arbeite? Der einzige Mann in meinem Leben ist Fred. Also, ich verschwinde. Wir sehen uns in drei Wochen.«
Bevor er noch etwas erwidern konnte, riss Sam die Tür auf und stampfte den Korridor entlang. Er rief ihr nach: »Halt dich von Sharman fern! Er ist ein übler Bursche. Der zieht dich nur mit sich in den Abgrund.«
Sam konnte sich nicht erinnern, je wütender gewesen zu sein als in diesem Moment. So weit sie sehen konnte, war nur ein Mann an ihrer gegenwärtigen Stimmung schuld, und das war Adams. Bisher hatte sie Sharman nicht helfen wollen, aber jetzt war alles anders. Er würde alle Hilfe bekommen, die er brauchte.
4
Sharman wusste nicht, warum Sid Booth für das Treffen einen so trostlosen Ort gewählt hatte, aber er wollte sich nicht beschweren. Schließlich tat Sid ihm einen Gefallen. Er parkte seinen Wagen bei denen
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