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Der Fremde ohne Gesicht

Der Fremde ohne Gesicht

Titel: Der Fremde ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel McCrery
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bereits angeklagt, überführt und zu einer schrecklichen Strafe verurteilt worden war. Und genauso würde es auch kommen, sofern er schuldig gesprochen wurde, wenn man die Schwere des Verbrechens und die Empörung in der Öffentlichkeit bedachte. Er ging langsam zu dem harten Metallstuhl und setzte sich ihnen gegenüber. Meadows winkte dem Wärter, worauf dieser das Zimmer verließ. Appleyard schien überrascht und nicht wenig entsetzt zu sein, wie selbstverständlich Meadows hier die Kommandos gab.
    Einen Moment lang herrschte betretenes Schweigen, während die Personen in dem trostlosen Raum einander musterten und versuchten, gegenseitig ihre Haltung und ihre Motive einzuschätzen. Schließlich brach Meadows das Schweigen. »Möchten Sie eine Zigarette?«
    Ward nickte, worauf Meadows ihm eine neue Schachtel Marlboro Lights reichte. Er öffnete sie, nahm eine heraus und wollte sie Meadows zurückgeben, der jedoch mit einer Handbewegung abwehrte. »Behalten Sie sie.«
    Ward dankte ihm. »Haben Sie Feuer?«
    Meadows schob ihm eine Schachtel Streichhölzer hin und Ward zündete sich die Zigarette an. Wieder herrschte Schweigen. Die anderen ließen Ward ein paar Züge genießen, bevor die Befragung begann. Sam beobachtete, wie sich seine Gesichtszüge leicht entspannten. Das Rauchen schien ihn zu beruhigen.
    Wieder war es Meadows, der als Erster sprach. »Wir müssen Ihnen noch einige weitere Fragen zu dem Mord stellen.«
    Ward warf seinem Anwalt einen fragenden Blick zu. »Müsste das nicht auf Band aufgezeichnet werden?«
    Appleyard nickte. »Normalerweise schon, aber die Herrschaften sind hier, um Ihnen zu helfen. Das Ganze ist mehr oder weniger inoffiziell.«
    Ward starrte seinen Anwalt ungläubig an. »Ich hoffe, Sie spielen nicht mit meinem Leben, Mr. Appleyard?«
    Appleyard schüttelte den Kopf. »Ich bin hier, um Sie zu vertreten und die Sache im Auge zu behalten. Ich glaube, die Anwesenheit von Dr. Ryan spricht für sich, was die Absichten dieser Leute angeht, Graham.«
    Ward wandte sich an Sam. »Stimmt das, Dr. Ryan? Sie sind hier, um mir zu helfen? Oder sind Sie nur als Handlangerin der Polizei hier?«
    Sam ärgerte sich darüber, als Handlangerin der Polizei bezeichnet zu werden, doch sie verkniff sich die schlagfertige Entgegnung, die ihr auf der Zunge lag, und hielt ihm den Druck zugute, unter dem er stand. »Ich möchte Ihnen helfen, Graham, wenn Sie mich lassen.«
    Man sah ihm an, dass er nicht recht wusste, ob er ihr Glauben schenken konnte. Verdenken konnte Sam es ihm nicht; an seiner Stelle hätte sie sich auch jeden Schritt zweimal überlegt. Schließlich traf er seine Entscheidung. »Okay, ich mache mit.« Er sah Meadows an. »Aber ich spreche nur mit ihr, nicht mit Ihnen, ist das klar?«
    Meadows nickte. »Keine Einwände.«
    Ward wandte sich wieder Sam zu. »Also, was wollen Sie wissen?«
    Sam überlegte einen Moment. Sie war keine Polizistin und demnach nicht in Vernehmungstechniken geschult, und um ehrlich zu sein, war sie nicht sicher, wie sie anfangen sollte. Das würde schwieriger werden, als sie gedacht hatte.
    »Ich weiß, dass Sie Sophie Clarke nicht umgebracht haben. Ich brauche nur Ihre Hilfe, um das zu beweisen.«
    Ward zog an seiner kürzer werdenden Zigarette, bevor er antwortete. »Nun, dann wären wir immerhin zu zweit.« Er warf einen Blick zu seinem Anwalt hinüber. »Ich vermute nämlich, dass Mr. Appleyard mir auch nicht glaubt. Stimmt’s, Peter?«
    Die Anschuldigung brachte Appleyard sichtlich aus der Fassung und er versuchte sich zu verteidigen. »Ich kann Ihnen versichern, Mr. Ward –«
    »Lassen Sie nur, Peter, es war nur ein Scherz«, unterbrach ihn Ward.
    Der Anwalt atmete tief durch und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.
    »Warum halten sie mich für unschuldig, Dr. Ryan? Ich dachte, die Beweislage gegen mich sei erdrückend und das sei vor allem Wissenschaftlern wie Ihnen zu verdanken. Sie brauchen noch nicht einmal ein Geständnis von mir. Was hat Sie denn nun von meiner Unschuld überzeugt? Weibliche Intuition?«
    Sam stellte fest, dass sie Graham Ward nicht mochte. Andererseits befand er sich in einer sehr schwierigen Situation. Außerdem, was spielte es für eine Rolle, ob sie ihn mochte oder nicht? Es ging doch einzig und allein um die Wahrheit. Sie beschloss, nicht auf Wards Herausforderung einzugehen, und stellte statt dessen ihre erste Frage. »Waren Sie je bei den Pfadfindern?«
    Ward musterte sie, unsicher, ob sie es ernst meinte oder nicht.

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