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Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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sie sich unbedingt bei ihm einschmeicheln, und sollte Apophis ihnen das als störrischen Stolz auslegen, so war es auch einerlei. Was hatten die Fürsten von Waset dem Gott, der alles hatte, ohnedies zu bieten? Und das sage ich ihm auch so, schwor sich Kamose, als sie aus dem angenehmen Schatten des Laubengangs auf den sonnengleißenden, gepflasterten Weg und den Platz an der Bootstreppe traten, falls er fragt, warum wir ihm gar nichts schenken. Wir haben nichts mehr zu verlieren.
    Doch in seinen Schneid mischte sich auch eine Unsicherheit, die mehr und mehr zunahm, als sie vor der Straße am Fluss stehen blieben und ein großer Sonnenschirm über ihnen entfaltet wurde. Der Jubel legte sich allmählich. Eine kleine Staubwolke wurde sichtbar. Kamose warf einen verstohlenen Blick über den Fluss zur Heimstatt der Toten, wo Seqenenre in der dunklen Kälte seines Grabmals unter den schroffen, sonnengetränkten Felsen ruhte. Flattert dein Ka hier irgendwo herum, Vater, überlegte er, und ist es betrübt, dass wir uns hier zusammendrängen wie wachsame, trotzige Gazellen, die man eingeholt hat? Ahmose puffte ihn in die Rippen, und Kamose erstarrte innerlich, drehte sich um und sah der Vorhut des Königs entgegen.
    Zwei Streitwagen kamen in Sicht, die Pferde mit blauen und weißen Federbüscheln geziert, die Streitwagenfahrer mit blauweißen Kopftüchern. Kamose blinzelte in die Staubwolke, die die Pferdehufe aufwirbelten, und sah, dass die zwei Männer, die locker hinter den Wagenlenkern standen, in silbernen Armreifen und dazu in ihrem gesamten Kriegsschmuck prangten – Speere in der Hand, Bogen über der Schulter, Äxte und Messer, die an ihre leinenbekleideten Schenkel schlugen. Ob einer von ihnen wohl General Pezedchu ist, der Seqenenre so gründlich besiegt hat?, dachte Kamose. Hinter den Streitwagen marschierten zwei Reihen Fußsoldaten, die Tapferen des Königs, vielleicht zwanzig an der Zahl, mit ernsten Mienen, die Speere eine drohende Mauer. Noch weiter hinten erhaschte Kamose einen Blick auf eine Sänfte mit golddurchwirkten, geschlossenen Vorhängen. Sein Herz machte einen Satz.
    Die Streitwagen hielten an. Flink stellten sich die Soldaten zu beiden Seiten des Wegs auf. Aus zwei großen Sänften purzelte eine Schar Verwaltungsbeamte. Sie blieben kurz stehen, plauderten miteinander und schüttelten sich den grauen Staub aus den Sandalen, dann löste sich einer aus der Gruppe und näherte sich. Es war ein hoch gewachsener Mann mit gütiger Miene und einem Paar wachsamer grauer Augen. Er legte die Hände auf die Knie, verbeugte sich tief und schaffte es, die ganze Familie in seine Huldigung einzubeziehen. »Fürst Kamose?«, fragte er, nachdem sein flinker Blick über alle geschweift war. Kamose nickte. Der Mann verbeugte sich noch einmal, dieses Mal eindeutig vor ihm. »Ich bin Nehmen, der Oberhofmeister Seiner Majestät.« Seine Stimme war sanft und ehrerbietig, ohne liebedienerisch zu klingen, und Kamose bewunderte die Schulung und Beherrschung, die er dafür aufgebracht haben musste. »Ich bin dafür verantwortlich, dass die Bedürfnisse des Einzig-Einen während seines Aufenthalts hier angemessen erfüllt werden. Wenn du so freundlich sein würdest, mir deinen Haushofmeister zu zeigen, ich möchte mich gern mit ihm beraten.«
    »Gut«, sagte Kamose und winkte Uni und Achtoi vorwärts. »Achtoi, mein Haushofmeister, und Uni, der sich um die Geschäfte meiner Großmutter kümmert. Sie stehen zu deiner Verfügung.« Nehmen schenkte den beiden ein Lächeln und wandte den milden Blick erneut Kamose zu.
    »Sei bedankt, Fürst«, sagte er. Darauf drehte er sich um und bellte einen knappen Befehl, schnipste mit den Fingern, und die Gruppe, die noch bei den Sänften wartete, teilte sich zu Einzelpersonen, die unter flüchtigen Verbeugungen an der Familie vorbeihasteten und in Richtung Haus verschwanden. Nehmen, Achtoi und Uni folgten ihnen gemächlich.
    Jetzt war der Weg wieder frei. Die Sänfte des Königs näherte sich hoch oben auf den Schultern von sechs stämmigen Soldaten, vor ihr gingen Tempeldiener, die geweihtes Wasser aus dem heiligen See neben dem Sutech-Tempel versprengten, und über der fest gestampften Erde Weihrauchgefäße schwenkten, deren duftender Rauch im hellen Sonnenschein kaum zu sehen war. Vor ihnen schwebte der Hohe Priester dahin, den rasierten braunen Schädel mit einem roten Band umschlungen, das Leopardenfell mit einem goldberingten Arm an sich gedrückt. In der anderen Hand hielt er

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