Der fremde Pharao
gelassen abschätzend Kamoses suchten, waren groß und dunkelbraun unter einer hohen Stirn, die durch das Goldband seines weißgelben Kopftuchs zweigeteilt wurde. Sein Mund bog sich zu hängenden Mundwinkeln, und das gab ihm etwas Verdrossenes, doch die Linien ringsum deuteten nicht auf einen Unzufriedenen hin. Es waren Lachfalten. »Senke deinen Blick, Kamose Tao«, sagte Apophis ruhig. Kamose tat, was man ihm befahl.
»Tetischeri!«, rief der König, und sie trat vor und verneigte sich. »Ich habe schöne Erinnerungen an meinen letzten Besuch in deinem Haus aus dem Jahr meines Kommens, als ich mein ganzes Reich bereist habe. Ich war hier sehr gut untergebracht. Damals wollte mir scheinen, dass du mit deinen Kindern hier ein vollkommen zufriedenes und bequemes Leben führst. Aber damals waren wir alle viel jünger und vielleicht weniger dumm.« Tetischeri lächelte frostig.
»Eure Majestät ist zu gütig«, gab sie zurück. »Und da du erst einundvierzig Lenze zählst, können wir darum beten, dass du noch viele Jahre vor dir hast, in denen du noch klüger wirst.«
Er reagierte nicht auf ihren milden Tadel, sondern wandte sich an Aahotep, sprach ihr sein Beileid zum Verlust ihres Gemahls aus, so als ob der daheim bei einem Unfall gestorben wäre statt durch Mörderhand verletzt und dann durch seine Soldaten getötet. Er unterhielt sich kurz mit Ahmose, fragte Aahmes-nofretari, wie viele Kinder sie hätte, dann nahm er Tanis Kinn in die Hand und hob ihr Gesicht mit kundigen, anmutigen Fingern. Alle Farbe wich aus Tanis Wangen, doch sie zuckte nicht zurück, sondern starrte stetig geradeaus. »Schön, richtig schön«, murmelte Apophis. »Ich erinnere mich noch an dich, da warst du ein pummeliges, kleines Mädchen von fünf Jahren, liebe Tani, aber jetzt erkenne ich das gute Aussehen deines Vaters und die Schönheit deiner Mutter in dir. Du bist mit Ramose aus Chemmenu verlobt, nicht wahr?«
»Ja, Majestät«, flüsterte Tani. Apophis ließ sie los, und dann gab es eine kleine Pause.
Kamose winkte, und ein Diener kam mit einer Platte, auf der das Begrüßungsmahl lag. Kamose nahm sie ihm ab, fiel auf die Knie und hob sie hoch. Apophis musterte sie neugierig, dann suchte er sich höflich eine getrocknete Traube aus und steckte sie in den Mund. »Pezedchu!«, rief er, und unverzüglich näherte sich einer der Streitwagenfahrer großen Schrittes und verbeugte sich.
»Majestät?«
Kamose starrte ihn an. Er war dunkelhäutig, hatte eine große Nase und grobe Züge. Aber er war noch sehr jung, mochte auf die Dreißig zugehen. Er muss ein militärisches Genie sein, dachte Kamose bedrückt.
»Pezedchu, schaffe alle einheimischen Soldaten aus dem Haus und vom Anwesen und sperre sie in ihre Kasernen ein, solange ich hier weile. Stelle draußen in der Wüste und auch längs des Flusses Wachen auf. Weise jedem Mitglied dieser Familie eine Leibwache zu.« Er drehte sich um und bedachte den entrüsteten Kamose mit einem ungemein lieblichen Lächeln. »Ich würde es mir nie verzeihen, wenn einem von euch während meines Aufenthalts hier etwas zustieße«, erläuterte er. »Hab keine Angst, meine Wachen sind gut geschult. Sie werden des Nachts deine Türen bewachen und dich untertags beschützen. Yku-didi!« Der Oberste Herold trat näher. »Mache mir den Weg ins Haus frei. Ich wünsche zu speisen und mich dann zur Mittagsruhe zurückzuziehen. Wo ist Itju?« Der Schreiber dicht hinter ihm verbeugte sich.
»Hier, Majestät.«
»Folgende Anweisungen für Nehmen. Der Thron soll im Empfangssaal aufgestellt und Tag und Nacht bewacht werden. Lass mein Reisebett in dem besten verfügbaren Raum hier aufstellen. Der Hüter der königlichen Insignien soll mit dem Kasten im Arm neben dem Thron schlafen. Schicke den Schatzmeister und seine Helfer in die Stadt, er soll Gold unter der Bevölkerung verteilen. Öffne meinen Reiseschrein. Ich möchte zu Sutech beten, ehe ich mich zurückziehe.« Er warf einen Blick auf seinen Hohen Priester, der in eine Unterhaltung mit Amunmose vertieft war. »Nehmen soll die Frauengemächer überprüfen und nachsehen, ob dort Platz für meine Gemahlinnen ist. Falls nicht, stellt für die Frauen da«, er deutete mit lässiger Geste auf Aahotep und die anderen, »im Garten Zelte auf. Für alle, ausgenommen Tetischeri. Sie soll nicht gestört werden. Das ist im Augenblick alles.« Der Schreiber, der wie wild mitgekritzelt hatte, nahm seine Palette und entfernte sich.
Apophis wandte sich an Kamose. »Du hast
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