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Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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blähenden Zelte aus grober Leinwand, die im Garten am Teich für sie und ihre Mutter aufgestellt wurden. Aahmes-nofretari hatte auf Einladung ihrer Großmutter ein Lager in deren Gemächern richten lassen, dort schlief sie, den kleinen Ahmose-onch neben sich im Körbchen.
    Auf einmal war es in dem weitläufigen Haus mit den vielen Fluren unangenehm voll. Kamose und sein Bruder wagten sich am Spätnachmittag mit ihren großen, schweigsamen Wachen aus ihrer Zelle und stellten fest, dass jeder Winkel mit Beamten und Höflingen belegt war, die die Zeit, ehe der König sein Schlafgemach verließ, mit zwanglosem Geplauder, Brettspielen und Wetten totschlugen. Ihre Diener traten sich gegenseitig auf die Füße, wenn sie zwischen den Küchen und dem Wald aus Zelten hin-und hergingen, der auf dem Anwesen hinter dem Haus emporgeschossen war, wo die meisten Höflinge einen Platz zugewiesen bekommen hatten. Kamose stieg der Duft von exotischen Duftsalben, heißem Gebäck und kostbaren Ölen aus Rethennu in die Nase. Geschmeide blitzte auf zierlich gestikulierenden, hennabemalten Händen, auf der glatten, gepflegten Haut von Arm und Hals, schaukelte in den Ohren geschminkter Männer und Frauen, die neugierig hinter ihm hersahen, als er vorbeiging. Selbst die Diener hatten goldene Ringe im Ohr und schienen ihn hochmütig-verächtlich anzustarren, wenn sie beiseite traten, damit er und Ahmose vorbeigehen konnten. »Versuch es im Arbeitszimmer«, flüsterte Ahmose, doch selbst das war keine Oase der Ruhe mehr.
    Als die jungen Männer die Tür aufstießen, schlug ihnen eine jähe Stille entgegen, und mehrere Augenpaare richteten sich auf sie. Yku-didi und drei Herolde berieten sich mit dem Schatzmeister, ihre Schreiber saßen mit gekreuzten Beinen inmitten von Tuschetöpfchen und Rollen auf dem Boden. Alle kamen hoch und verbeugten sich vor den Prinzen. Kamose nickte knapp, zog sich zurück und machte die Tür zu. »Der Garten«, schlug er vor, und er und Ahmose bahnten sich den Rückweg durch den Flur. Auf dem Weg wehten verwirrende Gesprächsfetzen hinter ihnen her.
    »… die Steuern auf meinen Dattelhain. Mein Haushofmeister schwört bei Baal-Yam, dass sie nicht stimmen.«
    »… sie hat die beiden nämlich bei den Tamarisken erwischt, wo es hinter der Tempelmauer so schön schattig und abgeschieden ist. Er behauptet, der Schein trügt, aber ich weiß …«
    »… die Verhandlungen haben lange genug gedauert. Was bilden sich die Keftius eigentlich ein? Die ganze Sache bringt uns nichts als einen Haufen Dokumente, aber keine Ergebnisse. Der König …«
    »Das ist ein Zauber, der sagt dir, wo du ihn verlegt hast, aber er ist teuer, zehn Uten, vielleicht solltest du lieber einen gleichen Reif in Auftrag geben, der hoffentlich fertig ist, ehe sie fragt, wo du den anderen gelassen hast …«
    »Ach, ich bin auf dem Feld ›Spukhaus‹ gelandet! Glück und Pech zugleich! Ich brauche eine Fünf, eine Fünf!«
    »Psst, das sind sie! Sind sie nicht schön trotz ihrer zu dunklen Haut! Falls sie der König verbannt, kann er sie schnurstracks in mein Schlafzimmer schicken …«
    Kamose brauchte ein Weilchen, bis ihm aufging, dass die letzte Sprecherin, eine Frau mit lockenden Mandelaugen und goldenen, eingeflochtenen Blättern in ihrer glatten schwarzen Perücke, von Ahmose und ihm sprach. Mit einem spöttischen Lächeln bog er in den Empfangssaal ab, und Ahmose folgte ihm.
    Hier herrschte ehrfürchtige Stille. Nur wenige Höflinge scharten sich still zu Grüppchen, tranken Wein und unterhielten sich mit leiser Stimme. Rechts von Kamose stand der Horusthron unter einem hohen Baldachin aus Goldstoff. Wie ein Mann traten die beiden näher. Er war aus Gold, die Armlehnen endeten in Löwenmäulern mit gefletschten Zähnen, die Seiten waren wunderschön geschwungene Flügel aus Türkis und Lapislazuli; Isis und Neith, Osiris’ Schwestern, breiteten ihre Arme aus und beschützten und umfingen den Gott, der darauf saß. Die Rückenlehne war kunstvoll gearbeitet, das Gold mit Jaspis und Karneol eingelegt und mit vielen Anchs, den Symbolen des Lebens, geschmückt, die am Stab der Ewigkeit und dem Schemel des Wohlstands hingen. An den Seiten wechselten kleine Täfelchen aus Elfenbein und Ebenholz ab, stellten einen ausschreitenden König dar, der Krummstab und Geißel ausgestreckt hielt, hinter sich Hapi, den Nilgott, und vor sich Re. Ganz hinten auf dem Thron schimmerte ein großes Horusauge. Kamose trat näher, denn Stolz und Besitzerinstinkt

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