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Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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Fürsten mit der ganzen Pracht, die nur sie aufbrachte, und Aahotep sorgte für ihre Unterbringung. Kamose bewirtete sie so großartig, wie es ihm möglich war, denn er wusste, dass sie in ihrem Stolz ebenso empfindlich waren wie er. Sie fanden höfliche Worte für ihn, rümpften die Nase über Hor-Aha und sahen sich die Boote und das im Entstehen begriffene Heer ohne weitere Bemerkungen an.
    Am vierten Tag rief Kamose sie in seinem Arbeitszimmer zusammen, bot ihnen Platz um Seqenenres Schreibtisch herum an, hatte Hor-Aha zu seiner Rechten und legte ihnen seine Pläne dar, während seine Blicke geflissentlich von einem zum anderen wanderten. Als er geendet hatte, herrschte lange Schweigen, alle überlegten emsig. Mesehtis helle Augen fixierten die Blätter, durch die ein heftiger Windstoß jenseits der Pfeiler wirbelte, seine Miene war ausdruckslos. Intef pochte mit dem beringten Finger auf den Tisch. Fürst Anchmahor musterte Kamose unverhohlen mit bedenklichen Blick über den Rand seines Weinbechers. Ahmose, der auch zugegen war, lehnte sich in seinem Stuhl zurück, hatte einen Arm um die Lehne geschlungen und wirkte scheinbar unbeteiligt, doch Kamose spürte seine Anspannung.
    Schließlich stellte Anchmahor seinen Becher hin und fuhr sich bedächtig mit der Zunge über die Lippen. »Die hier Versammelten sind allesamt Edelleute«, sagte er. »Ich selbst bin, wie jedermann weiß, Erbfürst und Erpa-ha von Ägypten. Kamose, keiner von uns leugnet deine Oberhoheit als Nomarch der Waset-Provinzen oder deinen Anspruch auf Göttlichkeit durch Osiris Mentuhotep-ne-ha-pet-Re, der wahr an Stimme ist. Dennoch hört deine Herrschaft über die Nomarchen im nächsten Monat auf, und du gehst im eigenen Land in Verbannung.« Er faltete die sorgfältig gepflegten Hände um den Becher und beugte sich vor. »Du hast nur noch ein paar Wochen das Recht, unsere Bauern einzuziehen und von uns alle Vorräte anzufordern, die du haben willst, und dafür kann uns Apophis nicht schelten. Du bist der Nomarch. Aber du willst viel mehr von uns. Viel mehr.« Sein kalter Blick schweifte über die Runde um den Schreibtisch und wurde von den anderen mit einem Nicken beantwortet. »Du forderst aktive Beteiligung an deinem Aufstand. Du willst, dass wir neue Divisionen aufstellen, während wir auf dem Weg nach Norden weitere Männer sammeln. Mit anderen Worten, du willst, dass wir zwischen dir und dem König wählen und uns beteiligen. Ist das nicht zu viel verlangt, Fürst?« Kamose lächelte dem glatten, erlesen geschminkten Mann mitten ins Gesicht. Du hast dich völlig im Griff, dachte er. Mit großer Wahrscheinlichkeit weißt du, wo du stehst, und das wird auf der Seite von Geblüt und Geschichte sein, aber mit der anmutigen Rede eines Höflings zweifelst du nicht nur an meinem Aufstand, sondern auch daran, ob ich würdig bin, nach so vielen Jahren familiären Niedergangs Krummstab und Geißel zu ergreifen. Anchmahor hat nicht vergessen, dass meine Vorfahren schwach waren und die Embleme der Göttlichkeit einer fremdländischen Macht überlassen haben, aus welchen Gründen auch immer. Es tut gut, von jemandem verstanden zu werden, der ist wie ich! »Meiner Meinung nach hat mein Vater euch alle beleidigt, weil er euch nicht in seine Pläne einbezogen hat«, erwiderte er genauso gelassen. »Ich möchte mich für seine Gedankenlosigkeit entschuldigen. Ja, ich verlange viel von euch. Ich bitte darum als euer Gott. Ich bitte darum als euer Freund. Aber vor allem bitte ich, glaube ich, darum als Ägypter zu Ägyptern.«
    »Du hast Recht«, warf Mesehti mit Nachdruck ein. »Seqenenre hat sich verhalten, als ob er im Süden der einzige ägyptische Fürst wäre. Die Kränkung hat in seinem Mangel an Vertrauen gelegen, Kamose. Er hat uns nicht eingeweiht und uns nicht zugetraut, dass er bei uns gut aufgehoben ist.« Er hob schwungvoll die Hände. »Bei uns, die stets für unser Land und unsere Götter gearbeitet haben.«
    »Ich kann nur wiederholen, dass es mir Leid tut«, gab Kamose ruhig zurück. »Der Aufstand meines Vaters war nach langer Zeit die erste Andeutung von Unbehagen. Ich entschuldige sein Schweigen nicht. Er hat es nicht geschafft, jemandem zu vertrauen, wie ja auch der grausame Überfall auf ihn bewiesen hat.«
    »Er hätte sich fragen sollen, warum wir hier im Süden bleiben, fern von guten Aussichten bei Hofe, obwohl wir als Edelleute unseren Einfluss geltend machen und unser Vermögen in Auaris vermehren könnten!«, blaffte Intef.

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