Der fremde Pharao
Kunde, doch das hatte Kamose auch nicht anders erwartet. Er fragte sich, ob Teti und sein Sohn wohl Nachrichten aus der Hauptstadt hatten, in denen indirekt auch von Tanis Ergehen die Rede war. Desgleichen fragte er sich in den frühen Morgenstunden, wenn die Nacht schal wurde und er schlaflos auf und ab ging, weil er an die tausend Zufälle dachte, von denen der Erfolg abhing, was er tun sollte, falls er bis nach Chemmenu siegreich vorstieß, und was Ramose tun würde. Teti musste sterben, so viel stand fest, aber gegen Ramose wollte er nicht kämpfen. Doch er machte sich unnütz Sorgen. Das alles gehörte der Zukunft an und musste daher beiseite geschoben werden.
Kamose musste jedoch feststellen, dass sich seine Probleme nicht vernünftig ordnen ließen. Die für morgen notwendigen, eingeschränkten Übungen mit den Bogen, die die Handwerker in aller Eile herstellten, weil man die von den Setius mitgenommenen ersetzen musste, lagen im Streit mit verschwommenen Anweisungen bezüglich einer Belagerung von Auaris, die erst in vielen Wochen drohte, und bei seinen fieberhaften Überlegungen konnte Kamose beides nicht auseinander halten. Vor Sorgen davonzulaufen, die seinen Verstand bedrohten, war so gar nicht seine Art, doch an mehreren Abenden war er berauscht von Palmwein zu Bett gegangen, und mehr als einmal hatte er eine junge Dienerin mit auf sein Lager genommen, ehe er sich mit einem gewissen Ekel von ihr abwandte, weil ihre Haut nicht den matten Schimmer der Frau seiner Träume hatte oder weil ihre Hüfte sich nicht zu den langen, anmutigen Beinen schwang, deren Bewegungen er mittlerweile genauso gut kannte wie seine eigenen.
Sie hat mich völlig verdorben, dachte er bei diesen Gelegenheiten ungerührt, während der nackte Rücken der Dienerin durch die Tür verschwand. Sie ist zur Besessenheit geworden, diese geliebte Fremde, die sich nicht vor den Göttern verneigt und meinen Dolch, meinen Bogen in der Hand hält, als gehörten sie ihr. Mein Leib sehnt sich nur nach ihr, nach ihr.
Amunmose schickte ihm ohne weitere Bemerkungen eine gewisse Menge Lapislazuli aus dem Vorrat des Tempels. Lange stand Kamose da und hielt den dunkelblauen, goldgesprenkelten Stein in den hellen Sonnenstrahl, der zwischen den Pfeilern in sein Arbeitszimmer fiel, ehe er ihn seinem Goldschmied schickte. Er wusste, er hielt den Wert eines Schiffes mit seiner ganzen Besatzung in den bewundernden Händen, doch er bedauerte seine Eitelkeit nicht. Der Lapislazuli war ein Symbol seines Rechts auf Rache und göttliche Rechtfertigung.
Im dritten Monat lud Kamose die ägyptischen Edelleute aus den Städten seiner Nomarchen ein, zu ihm nach Waset zu kommen und höchstpersönlich die Männer zu befehligen, die er bei ihnen eingezogen hatte. In der Regel scharte der König einen Kriegsrat aus seinen Generälen und den beiden Wesiren um sich, doch Seqenenre hatte keine höheren Hauptleute bestallt, und Kamose hätte sich am liebsten nur auf Hor-Aha und Ahmose verlassen. Verantwortung oder Macht übertrug er nur ungern, doch er wusste, dass das Haus gefährlich allein dastand und sich bei jedem Angriff nur auf sich selbst verlassen konnte. Falls der Feldzug an Umfang zunahm, lief er ihm aus der Hand, wenn er keine Befehlshaber hatte, die, wenn nötig, unabhängig handeln konnten.
Kamose wollte die Hauptleute, die er kannte, als persönliche Leibwache behalten, als Getreue des Königs, und die Tapferen des Königs als Angriffstruppe. Er würde den Fürsten gute Kommandos unter Hor-Aha als Oberstem General geben. Militärische Ausbildung gehörte zur Erziehung jedes Edelmanns. Sie würden sich gut schlagen, und im Gegenzug würde er ihnen Stellungen bei Hofe versprechen. Augen und Ohren des Königs, Fächerträger zur Rechten und zur Linken, Wesir des Südens, des Nordens, des Nordens …
Sie kamen ehrerbietig, waren jedoch auf der Hut. Mesehti von Djawati mit den hellen Augen und dem wettergegerbten Gesicht. Intef von Qebt, dem großen, altehrwürdigen Handelszentrum im Süden aus den Tagen der alten Könige, lasen von Badari, Machu von Achmin und der vornehme Anchmahor von Aabtu, dessen Blut fast so blau war wie Kamoses. Gleichzeitig traf Paheri, der Bürgermeister von Necheb, ein und mit ihm die Bootsleute, die Kamose über Uni angefordert hatte, unter ihnen auch jener Abana, der unter Seqenenre als Hüter der Schiffe gedient hatte, zusammen mit seinem Sohn Kay. Kamose schickte sie unverzüglich über den Fluss.
Tetischeri begrüßte die
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