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Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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Und so Amun will, dienen ihnen unsere altehrwürdigen Waffen vielleicht besser als die ungewohnte Handhabung und das Gewicht von Bronze.
    Kamose sonderte sich während dieser Zeit ab und genoss anscheinend die gefährdete Sicherheit und den letzten Frieden des Anwesens. Ahmose wanderte mit seinem Wurfstock am Ufer entlang, und Si-Amun wich nicht von Aahmes-nofretaris Seite. Die ganze Familie betete, dass ihr Kind geboren würde, ehe die Männer aufbrachen, doch der Abend des zweiten Tages kam, und sie ging noch immer unbeholfen, erhitzt und unwohl in ihren Gemächern umher, und Si-Amun sah ihr dabei verzagt zu.
    Seqenenre wusste, dass sich sein Sohn beflissen darauf vorbereitet hatte, mit Kamose zu marschieren. Sein Haushofmeister hatte seine Sachen gepackt. Sein Oberster Leibwächter hatte seinen Speer geschärft, seinen Bogen neu bespannt und eingeschossen, seinen Schild geputzt, und der Streitwagen, den er fahren würde, stand bereit. Sein Reiseschrein mit Amun wartete mit geschlossenen Türen, daneben ein Kasten mit Weihrauch. Si-Amuns sorgfältige, stumme Vorbereitungen hatten angesichts seiner tief empfundenen Abneigung gegen den Feldzug etwas Anrührendes, und Seqenenre tat das Herz dabei weh. Gern hätte er Si-Amun erlaubt, daheim zu bleiben, die Nomarchen zu regieren und sich in seiner Abwesenheit um das Anwesen zu kümmern, doch er wusste, dass er dem jungen Mann damit nur noch mehr Not machen würde. Es ist gut und schön, für etwas zu sterben, woran man glaubt, dachte Seqenenre, aber gegen alles, was das eigene Ka sagt, in den Tod zu gehen, das ist etwas ganz anderes.
    Er hatte versucht, mit Si-Amun zu reden, doch sein Sohn hatte ihn nur angesehen, die dunklen Augen groß vor Wut und Not, und ihn gebeten, die Soldaten nach Haus zu schicken. Seqenenre hatte den Eindruck, dass Si-Amun noch mehr sagen wollte, doch er hatte nur die Lippen zusammengepresst, auf den Hacken kehrtgemacht und war hochmütig fortgegangen. Wenn ich gleich zu Beginn gewusst hätte, dass es ihm so viel ausmacht, dachte Seqenenre, ich hätte ihn fortgeschickt. Er hätte vielleicht zu Teti gehen können oder sogar an Apophis’ Hof. Sein Mangel an Stolz auf sein Blut schmerzt sehr, aber seine Not ist noch schmerzlicher. Ich bin meinem jungen, gut aussehenden Erben kein guter Vater gewesen.
    Am letzten Abend fand Seqenenre keine Ruhe. Er und Aahotep hatten sich geliebt, hatten Worte gewechselt, die aus Gewohnheit beruhigend wirkten, als sie sich in dem dämmrigen, stickigen Raum liebkosten, doch eine Stunde nachdem Aahotep endlich fest schlief, lag Seqenenre neben ihr, und seine Augen schmerzten vor Müdigkeit, das feuchte Laken, das an seinen Gliedmaßen klebte, ärgerte ihn, und seine rasenden Gedanken quälten ihn. In ein paar Stunden würde das Heer auf dem Westufer antreten. Die Streitwagen würden in der Sonne funkeln. Die Pferde mit den blauen Federbüscheln würden stampfen, auf der Kandare kauen und auf Aufbruch drängen. Amunmose und seine Priester würden mit Weihrauch und einem weißen Widder kommen und das Opfer vollziehen, damit ihnen das Glück hold war.
    Morgen bin ich nicht mehr Fürst Seqenenre Tao, Nomarch von Waset, sagte er sich, während er sich ruhelos an Aahoteps weichem, entspanntem Leib bewegte. Ich werde das Morgengrauen als König Seqenenre Tao, Sohn der Sonne, Starker Stier der Maat, Herr der Zwei Länder und Goldhorus begrüßen. Ich werde kein Horus-im-Nest sein. Wie lange ich diese Titel wohl behalten kann? Wie weit werden wir kommen, ehe Apophis mit dem kleinen Finger schnipst und wir wie Spreu auseinander stieben? Lieber nicht daran denken. Denk an die Edelleute und Nomarchen längs des Nils, die uns vorbeiziehen sehen und in Scharen zu uns strömen werden. Denk daran, wie du im Morgendunst des Deltas vor Auaris eintriffst, wie du die Stadt einschließt, wie du Apophis die Doppelkrone vom Barbarenhaupt reißt und Krummstab und Geißel aus seinen dreckigen Händen …
    Es hatte keinen Zweck. Hinter den Bildern von Erfolg, mit denen er sich in den Schlaf lullen wollte, pochte die Angst wie ein dunkler Puls, wie umwickelte Ruder in den lichtlosen Fluten der Unterwelt. Er setzte sich auf, tastete nach seinen Sandalen und band sich den abgelegten Schurz um die Mitte. Jäh kroch er zu Aahoteps Seite des Lagers, bückte sich und küsste sie auf die Schläfe, dann auf die Wange. Sie seufzte ein wenig und öffnete die Augen. »Seqenenre«, murmelte sie. »Kannst du nicht schlafen? Soll ich in meine eigenen

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