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Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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er darum gebeten hatte, mit diesem Teil der Abmachung bis ein Jahr nach der Hochzeit warten zu dürfen, schob er den Gedanken daran entschieden beiseite. Tani, die stolz Ramoses Pektoral auf der Brust trug, war ganz außer sich und sagte ihm unter Strömen von Freudentränen Lebewohl.
    Kurz nachdem das letzte Kielwasser der Barke ans Ufer geplätschert war, nahm sie ihren Leibwächter und fuhr zu den Nilpferden. Aahotep mit ihren noch vom Schlaf verquollenen Augen zog ihren losen Umhang fester um sich und ging ins Haus zurück, weil sie etwas essen wollte, Kamose und Ahmose saßen auf der Bootstreppe, ihre Bogen neben sich, und warteten auf das kleine Boot, in dem sie wieder einmal über den Fluss gestakt werden sollten, wo Hor-Aha bereits die Soldaten drillte. Uni und Mersu standen ein paar Schritte entfernt unbeweglich und frisch gewaschen, während Tetischeri Seqenenres Arm nahm und ihn sanft zu sich herumzog. Ohne Kohl und ohne Henna auf den Lippen, mit drahtigem grauschwarzem Haar, das ihr zerzaust auf die Schultern fiel, sah sie alt und müde aus, doch ihr Griff war fest. »Hat er einen Verdacht?«, fragte sie brüsk. Seqenenre schüttelte den Kopf.
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht. Jedenfalls können wir nichts daran ändern, falls es so ist. Ich habe ihm erzählt, dass ich Männer zum Schutz der Nomarchen eingezogen habe. Er weiß, dass ich Apophis’ Brief nicht beantwortet habe.«
    »Und woher weiß er das?« Ihre schwarzen, von vielen Fältchen umgebenen Augen blickten auf einmal wachsam. »Hält er engere Verbindung zum Einzig-Einen, als wir argwöhnen, oder sind es nur Vermutungen?« Seqenenre ärgerte sich auf einmal über ihre verschwörerische Wissbegier. Er befreite seinen Arm aus ihren Fingern.
    »Wie in Amuns Namen soll ich das wissen?«, fuhr er sie an. »Bin ich ein Hellseher?« Er hatte das Gefühl, er saß in der Falle ihres Willens, des Königseins, seiner Armut, seines Schicksals. Kamose und Ahmose hörten bei seiner Lautstärke auf zu reden und blickten beide erstaunt zu ihm herüber. Er wollte sich entschuldigen, doch stattdessen wandte er sich ab und strebte dem Haus zu.
    »Wohin gehst du?«, rief sie ungerührt hinter ihm her.
    »In drei Tagen will ich losmarschieren«, warf er zurück, ohne den Schritt zu verlangsamen. »Es gibt noch viel zu tun. Uni!« Sein Haushofmeister folgte ihm. Auf Tetischeris ungeduldige Handbewegung hin kam Mersu zu ihr, doch nach dieser einen Geste stand sie still da und kräuselte die Stirn. Das Boot stieß an die Bootstreppe, und Kamose und Ahmose hoben ihre Waffen auf und kletterten hinein.
    Tetischeri fasste sich, als der Steuermann etwas rief und Ahmose unbeschwert antwortete. Die ersten Strahlen der Sonne warfen bereits Sonnenflecken auf das träge Wasser.
    »Ich gehe wieder zu Bett«, sagte sie. »Mersu, bring mir zu Mittag Bier.«
    Die nächsten beiden Tage verbrachte Seqenenre mit Beratungen mit Hor-Aha und dem Überprüfen jeder Einzelheit seines jämmerlich kleinen Heeres. Von den dreitausenddreihundert Soldaten konnte man nur dreihundert als Angriffstruppe einsetzen, denn die wurde als Erste in die Schlacht geworfen und musste die volle Wucht des Streitwagenangriffs aushalten, und von denen kamen lediglich hundert in den Genuss der neuen Bogen. Ihr Bau war zeitaufwendig, und obwohl die Handwerker fieberhaft gearbeitet hatten, waren nicht mehr fertig geworden.
    Fünfzig Männer, die zur ursprünglichen Leibwache Seqenenres gehörten, waren zu Tapferen des Königs ernannt worden, doch Seqenenre bestand darauf, dass die kostbaren Bogen von der Angriffstruppe benutzt wurden, nicht von seiner Leibwache im Feld. Die würde die kleineren, älteren Waffen bekommen. Man hatte die zehn Streitwagen ausgebessert, doch auch hier war keine Zeit geblieben, weitere zu bauen, und ganz gewiss keine Zeit, Männer im Fahren zu unterweisen. Pferde waren auch knapp. Essen, Getreide, Wasser, Zwiebeln und getrocknetes Gemüse warteten in Säcken und Schläuchen gespeichert darauf, auf Esel verladen zu werden. Keiner der Männer würde Speere mit Bronzespitze, Bronzeäxte oder Bronzekeulen schultern können. Weder Men noch Hor-Aha waren an das neue Material herangekommen. Doch wenigstens hat Men gut gefeilscht, und alle haben neue Schilde und Sandalen, dachte Seqenenre, als er sich vor Unis missbilligender Miene vom Arbeitszimmer zum heißen, fest gestampften Boden des heimlichen Ausbildungsplatzes verzog und danach für ein paar gestohlene Augenblicke auf Aahoteps Lager.

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